Länderpositionen zum Österreich-Konvent
Die Landeshauptleutekonferenz anerkennt die bisher
geleisteten Arbeiten des Österreich-Konvents und seine Bedeutung für die
Weiterentwicklung des österreichischen Bundesstaates. Sie bekräftigt ihre
Bereitschaft, auf der Basis des Auftrags an den Konvent weiterhin engagiert
mitzuwirken.
Die Landeshauptleutekonferenz erachtet es als geboten, die
österreichische Bundesstaatlichkeit zu einem modernen Föderalismus
weiterzuentwickeln. Die neue Staatsorganisation muss der mittlerweile
wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnis entsprechen, dass bürgernah
organisierte Einheiten effizienter arbeiten als zentralisierte Apparate.
Aufgabenübertragungen müssen aber jedenfalls finanziell abgesichert werden.
Die Landeshauptleutekonferenz bekennt sich zu einer modernen
Finanzverfassung und zur europäischen Verantwortung der Länder bei der
Umsetzung und dem Vollzug des Rechts der Europäischen Union.
Die Landeshauptleutekonferenz erachtet folgende Punkte als
besonders wichtig:
·
Verfassungsautonomie
und Reform der Kompetenzverteilung
Die derzeit im Art. 99 B-VG geregelte relative
Verfassungsautonomie der Länder soll gestärkt werden. Es soll dem
Landesverfassungsgesetzgeber nur verboten sein, dass seine Regelungen der
Bundesverfassung widersprechen.
Zur Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder sind der
Abbau von einschränkenden Bestimmungen der Bundesverfassung und die
Einräumung eines ausreichenden Spielraums für eigenständige Regelungen zur
Kreation der Organe des Landes nötig.
So soll den Ländern jedenfalls mehr Spielraum bei
landesgesetzlichen Wahlrechtsregelungen, wie zB Briefwahl sowie künftig auch
e-Voting bei Wahlen der Länder und Gemeinden, eingeräumt werden.
Die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für die
Organisation der Verwaltung in den Ländern sollen reduziert werden; im Sinne
der Erfordernisse des Rechtsstaatsprinzips sind die wesentlichsten Bestimmungen
des BVG über die Ämter der Landesregierungen sowie des § 8 Abs. 5 ÜG
1920 in das B-VG zu übernehmen.
Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern
Die Kompetenzverteilung muss sich an den Bedürfnissen der
Bürgerinnen und Bürger orientieren und unter Beachtung des
Subsidiaritätsprinzips abgerundete Kompetenz- und Verantwortlichkeitsbereiche
nicht nur des Bundes sondern auch der Länder schaffen.
Der Gedanke, durch Schaffung einer so genannten „Dritten
Säule“ die Möglichkeit zu eröffnen, in bestimmten Materien im unbedingt
erforderlichen Ausmaß bundesweite Homogenität sicherzustellen und gleichzeitig
den Ländern Raum für regionale Gestaltung zu geben, wird grundsätzlich
unterstützt. Rechtsetzungsinstrumente, die es dem Bund ermöglichen, einseitig
und ohne wirksame Mitwirkung durch die beteiligten Länder selbst, diese
Kompetenzen an sich zu ziehen, werden abgelehnt. Vielmehr muss ein Verfahren
entwickelt werden, das es den Ländern ermöglicht, an der Bundesgesetzgebung in
der „Dritten Säule“ so mitzuwirken, dass
Die Umsetzung von EU-Recht muss weiterhin der
innerstaatlichen Zuständigkeit zur Erlassung der jeweiligen Rechtsvorschriften
folgen.
Reform des Bundesrates
Bei einer Reform des Bundesrates ist auf einen ausreichenden
Einfluss der Länder Bedacht zu nehmen. Insbesondere muss ein effektives
Mitwirkungsrecht (entweder Zustimmungsrecht oder absolutes Veto) bei solchen
Akten der Bundesgesetzgebung bestehen, die sich auf die Zuständigkeiten der
Länder oder ihre Vollziehung auswirken oder die wesentliche finanzielle Folgen
für die Länder nach sich ziehen (wie zB das Finanzausgleichsgesetz oder
Steuerreformen). Mitwirkungsrechte, die letztlich vom Nationalrat übergangen
werden können, werden in diesen Fällen nicht als ausreichend betrachtet. Es
muss gesichert sein, dass die Abgeordneten auch tatsächlich die Interessen der
von ihnen vertretenen Länder wahrnehmen (zB gebundenes Mandat in wichtigen
Angelegenheiten). Die Wahlfreiheit der Landtage bei der Entsendung der Bundesräte
darf nicht eingeschränkt werden.
Mitwirkung der
Bundesregierung an der Landesgesetzgebung
Das Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen
Gesetzesbeschlüsse der Länder (Art. 98 B-VG) und das Zustimmungsrecht der
Bundesregierung zu bestimmten Gesetzesbeschlüssen der Länder gemäß
Art. 97 Abs. 2 B-VG sollen aufgehoben werden.
Staatsrechtliche Vereinbarungen
gemäß Art. 15a B-VG
Art. 15a-Vereinbarungen sollen – bei Bindung der
Landesgesetzgebung mit Genehmigung des Landtages – unmittelbar anwendbar sein
können.
Europäische Union
Im Hinblick auf die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips
in der Europäischen Verfassung werden ausreichende Mitwirkungsrechte der
Länder auch an der Kontrolle seiner Einhaltung gefordert.
Den Ländern ist die Möglichkeit zu wahren, die Erbringung
der demokratisch legitimierten öffentlichen Leistungen (Daseinsvorsorge)
sicherzustellen. Die Länder erwarten, dass Österreich dieses Prinzip auch auf
europäischer Ebene verteidigt.
·
Reform
der Verwaltung
Die mittelbare Bundesverwaltung hat sich als wesentliches
Strukturmerkmal der österreichischen Verwaltungsorganisation im Grundsatz
bewährt. Sie soll daher erhalten bleiben und um weitere, bisher in der
unmittelbaren Bundesvollziehung verankerte Angelegenheiten ergänzt werden. Der
dezentrale Vollzug ist durch Rücknahme überzogener Aufsichtsmaßnahmen und
Abbau ministerieller Zuständigkeiten zu stärken. Es soll grundsätzlich möglichst
wenige Sonderbehörden geben; jedoch ist auch hier die Verfassungsautonomie der
Länder zu wahren, um beispielsweise auch die besondere Situation Wiens
berücksichtigten zu können.
Die Einheitlichkeit der Ämter der Landesregierungen ist zu
wahren.
Insbesondere sind die Aufgaben der Schulverwaltung von
Behörden der Länder wahrzunehmen. Dafür kommen in Frage die Behörden der
allgemeinen staatlichen Verwaltung oder von den Ländern einzurichtende
Sonderbehörden. Auf diese Weise kann sowohl der Einfluss des Bundes auf die
Vollziehung gesichert als auch der Vorteil dezentraler Vollziehung genützt
werden. Außerdem können Synergien gewonnen werden. Ein Weiterbestand der
bestehenden Schulbehördenstruktur unter einer anderen Bezeichnung oder die
Schaffung gemeinsamer Behörden von Bund und Ländern wird abgelehnt.
Die Sicherheitsdirektionen sollen als Sicherheitsbehörden
zweiter Instanz weiter bestehen und auch die Zuständigkeit für
Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung behalten. Die Struktur des Wachkörpers
Bundespolizei ist mit jener der Sicherheitsbehörden abzustimmen. Der
Wachkörper Bundespolizei ist den Sicherheitsdirektionen beizugeben, dh diesen
ist die Ressourcenverwaltung zu übertragen. Jeder Bezirksverwaltungsbehörde
ist ein Bezirkspolizeikommando zu unterstellen. Auch die Bestellung des
Polizeidirektors, des Landespolizeikommandanten und der Leiter des
Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, des
Landeskriminalamtes und der Verkehrsabteilung des Landespolizeikommandos ist an
das Einvernehmen mit dem Landeshauptmann zu binden.
Die Beseitigung des Homogenitätsgebotes im Jahre 1999 hat
den Ländern die Möglichkeit zu einer Modernisierung des öffentlichen
Dienstrechtes, das eine wesentliche Voraussetzung für eine wirksame Verwaltungsreform
bildet, eröffnet. Diese Chance darf nicht wieder verbaut werden.
Katastrophenschutz
Im Katastrophenfall
muss eine einheitliche Führung durch den Landeshauptmann sichergestellt sein.
Ausgliederungen
Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Länder bei
Ausgliederungen, besonders zur Normierung von Sondergesellschaftsrecht, sollen
jenen des Bundes angeglichen werden.
Gemeinsame
Einrichtungen der Länder
Den Ländern soll
die Möglichkeit eröffnet werden, gemeinsame Einrichtungen für einzelne
Verwaltungsbereiche zu schaffen. Die Schaffung solcher Einrichtungen ist der
Bundesregierung anzuzeigen.
Weder die derzeitige Kompetenzlage noch das Ausmaß der
Gesetzesbindung im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung sollen geändert
werden.
Rechnungs- und
Gebarungskontrolle der Verwaltung
Die rechtlichen
Rahmenbedingungen für die Kontrolleinrichtungen der Länder sollten die gleichen
sein wie die des Rechnungshofes des Bundes. Die Organisation der Rechnungs-
und Gebarungskontrolle der Landesverwaltung soll den jeweiligen Landesverfassungsgesetzgebern
autonom zukommen.
Länder, die über
Einrichtungen mit dem Rechnungshof des Bundes vergleichbaren Befugnissen
verfügen, sollten entscheiden können, ob in Angelegenheiten der Landesverwaltung
der Rechnungshof des Bundes zuständig sein soll.
Landesverwaltungsgerichte
Die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten wird begrüßt,
so die finanziellen Rahmenbedingungen gesichert sind.
Für die Organisation und das Dienstrecht ist der
Landesgesetzgeber zuständig; die Bestellung der Mitglieder obliegt der
Landesregierung als zuständigem oberstem Organ.
Reform der Gerichtsorganisation
In jedem Land muss – analog zu den Landesverwaltungsgerichten
– ein organisatorisch unabhängiges Rechtsmittelgericht erhalten bleiben.
·
Reform
der Finanzverfassung
Die Landeshauptleutekonferenz weist darauf hin, dass die
Übernahme von Aufgaben auch eine zur Erledigung dieser Aufgaben angemessene
Finanzausstattung voraussetzt.
Es kann nicht akzeptiert werden, dass der Bund seine
Finanzierung für Aufgabenbereiche, die zumindest teilweise in Bundeskompetenz
liegen, wie zB im Gesundheitswesen, deckelt.
Die Landeshauptleutekonferenz bekräftigt die Gemeinsame
Länderstellungnahme zum Ausschuss 10 des Österreich-Konvents, die ein
Bestandteil der Länderpositionen zum Österreich-Konvent ist (Anhang).
ANHANG
Verbindungsstelle der Bundesländer
beim Amt der NÖ
Landesregierung
1010 Wien, Schenkenstraße 4
TELEFON:
01/535 37 61
TELEFAX: 01/535 60 79 E-mail:
post@vst.gv.at
Bei Antwort bitte Kennzeichen angeben Bearbeiter Durchwahl Datum
VST-4607/58 Dr. Smutny 16 13. Februar 2004
Betrifft
Österreich-Konvent;
Ausschuss 10 „Finanzverfassung“;
Gemeinsame Länderstellungnahme
E-MAIL
Herrn
Bundesminister für Inneres
Dr. Ernst STRASSER
Vorsitzender des Ausschusses 10 „Finanzverfassung“
Österreich-Konvent
Sehr geehrter Herr Vorsitzender !
Mit Schreiben vom 28. Jänner 2004 haben Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, als Vorsitzender des Ausschusses 10 „Finanzverfassung“ des Österreich-Konvents den derzeit Vorsitzenden der Landeshauptmännerkonferenz, Herrn Landeshauptmann Dr. Herbert SAUSGRUBER, ersucht, die grundlegenden Positionen der Länder zum Mandat des Ausschusses als Diskussionsgrundlage für die konstituierende Sitzung des Ausschusses 10 bekannt zu geben.
Die Verbindungsstelle der Bundesländer gestattet sich hiezu im Auftrag der Länder folgende
gemeinsame Länderstellungnahme
vorzutragen:
Eingangs darf festgehalten werden, dass es sich bei der Finanzverfassung und beim Finanzausgleich aus finanzpolitischer Sicht um grundlegende Fragen der Länder handelt.
Die im Mandat des Ausschusses enthaltenen Themen sind weiters von einer besonderen Komplexität und Konsequenz, sodass eine notwendige eingehende Befassung damit eines bestimmten Zeitaufwandes bedarf, der jedoch auf Grund der Kurzfristigkeit nicht gegeben ist.
Grundsätzlich ist zum Mandat des Ausschusses 10 „Finanzverfassung“ des Österreich-Konvent festzuhalten, dass sich die Rahmenbedingungen für die öffentlichen Haushalte in den letzten Jahren grundlegend geändert haben. Dies einerseits aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben, andererseits aber auch aufgrund der einen Anpassungsbedarf erfordernden Entwicklungen in besonders kostendynamischen Bereichen, wie beispielsweise der Krankenanstaltenfinanzierung, der Alten- und Behindertenbetreuung sowie der Sicherung des öffentlichen Nahverkehrs und sonstiger Infrastruktureinrichtungen.
Sollte daher – wie im Mandat des Ausschusses eingangs ausgeführt wird - unter Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung die langfristige Absicherung des Anteils der Länder an der zur Verfügung stehenden Finanzmasse, etwa durch Zuweisung fixer Ertragsanteile aus dem Steueraufkommen, verstanden werden, wird diese Maßnahme begrüßt.
Die eingangs aufgezeigte Entwicklung der Rahmenbedingungen muss dazu führen, dass die Finanzverfassung und der Finanzausgleich aufgabenorientiert und auf der Grundlage gleichberechtigter Partner zu regeln sind. Den Ländern ist dabei ein größerer Gestaltungsspielraum zu eröffnen. In jedem Fall sind Mehraufgaben für die Länder und damit verbundene Mehrausgaben zu berücksichtigen. Das bedeutet, es sind die Länder finanziell so auszustatten, dass ihre Finanzkraft adäquat zu ihren Aufgaben ist.
Grundsätzlich sollte bei der Neukonzeption der Finanzverfassung das bundesstaatliche Prinzip verstärkt Berücksichtigung finden, d.h. prinzipiell ist von einer Parität und Autonomie von Bund und Ländern (sowie Gemeinden) auszugehen. Das würde auch die ausdrückliche Normierung des Verhandlungsgebotes im Bereich des Finanzausgleichs in der Finanzverfassung bedeuten.
Vorzusehen sind auch Regelungen in der Finanzverfassung für den Fall, dass nicht rechtzeitig ein neues Finanzausgleichsgesetz in Kraft tritt. Dies könnte in der Form erfolgen, dass die Geltung des gesamten Finanzausgleichsgesetzes automatisch verlängert wird, bis ein neues Finanzausgleichsgesetz in Kraft tritt.
Die Länder gehen von der Erwartung aus, dass wegen der großen Bedeutung der Finanzverfassung und des auf deren Grundlage normierten Finanzausgleichs vor einer Umsetzung der im Ausschuss 10 bzw. in der Folge im Konvent hiefür vorgeschlagenen Regelungen zwischen den Finanzausgleichspartnern noch eingehende Verhandlungen geführt werden.
Zu den im Mandat des Ausschusses festgelegten Bereichen im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
A) Allgemeines:
Das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 überträgt die Kompetenz-Kompetenz in Abgabenangelegenheiten an den einfachen Bundesgesetzgeber. Durch einfaches Bundesgesetz wird die Zuständigkeit der Bundesgesetzgebung und deren Grenzen gegenüber der Landesgesetzgebung bei der Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge bestimmt, ohne den anderen Finanzausgleichspartnern ein entsprechendes Gegengewicht, z. B. in Form erhöhter Mitspracherechte, zu verschaffen. Die Gesetzgebungshoheit in Abgabesachen ist dadurch weitgehend beim Bund konzentriert und die Landesgesetzgebung ist selbst dort, wo sie autonom tätig werden kann bzw. könnte mit einer Reihe von Einschränkungen und Barrieren konfrontiert. Dies ist aus föderalistischer Sicht abzulehnen. Gleiches gilt auch für das besondere unbeschränkte Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen Landesabgabengesetze.
In die Finanzverfassung aufgenommen werden sollte die Verpflichtung des Bundes, die Abgeltung von Einnahmenschmälerungen oder Mehrbelastungen von Ländern und Gemeinden, die während der Finanzausgleichsperiode durch Maßnahmen des Bundes eintreten, mit den Finanzausgleichspartnern einvernehmlich zu regeln. Diesbezüglich wäre die Schutzklausel im § 7 Finanzausgleichsgesetz 2001 zu verbessern und als Verfassungsbestimmung zu übernehmen bzw. die Konsultationsmechanismus-Vereinbarung effizienter und präziser zu gestalten und in die Finanzverfassung bzw. Bundesverfassung aufzunehmen.
Der Inkorporierung der Finanzverfassung in ein umfassendes Verfassungsgesetz kann grundsätzlich näher getreten werden. Damit einhergehen sollte natürlich auch die legistische Bereinigung von widersprüchlichen bzw. verstreuten Finanzverfassungsbestimmungen.
Eine Erweiterung des speziellen Gleichheitsgebotes des § 4 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 für die Mitteldotierung dürfte nicht so formuliert werden, dass sich daraus für die Mittelverwendung der Landesautonomie und dem Föderalismus zuwider laufende Forderungen nach Herstellung gleichwertiger Standards in einzelnen Lebensbereichen (z.B. Soziales, Wohnbauförderung, Kinderbetreuung uvam.) ableiten lassen.
B) Kostentragung:
Gegen den Konnexitätsgrundsatz als allgemeine Kostentragungsregel besteht insbesondere wegen der Ausgabenverantwortung bei der jeweiligen Gebietskörperschaft kein Einwand.
Die Umlagekompetenz der Länder gegenüber den Gemeinden ist im Zusammenhang mit der sonstigen Finanzausstattung der Länder (höhere Ertragsanteile der Länder an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben, Ausgestaltung der Besteuerungsrechte der Länder) zu sehen.
Eine diesbezüglich adäquate Ausstattung der Länder kann den Entfall derartiger Umlagen zur Folge haben.
C) Abgabenwesen:
Der Kompetenz zur Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge kommt zentrale Bedeutung zu. Die uneingeschränkte Zuständigkeit des einfachen Bundesgesetzgebers zur Verteilung der Ertragshoheit ist als dem bundesstaatlichen Prinzip widersprechend anzusehen. Für diese Verteilung sollte daher finanzverfassungsrechtlich festgelegt werden, dass diese im Finanzausgleichspaktum vereinbart werden muss und während der Finanzausgleichsperiode nur im Einvernehmen mit den am Ertrag beteiligten Gebietskörperschaften geändert werden darf. Dies gilt auch für die Neueinführung von Abgaben als ausschließliche Bundesabgaben. Darüber hinaus sollten zumindest bestimmte Steuern (in erster Linie die Umsatzsteuer) als gemeinschaftliche Bundesabgaben bzw. zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilte Abgaben in der Finanzverfassung ausdrücklich genannt werden, verbunden mit den Grundsätzen für die Verteilung. Gegen die verfassungsgesetzliche Festlegung von Steuerfindungsrechten und selbstständigen Abgabenerhebungsrechten für Länder und Gemeinden besteht kein Einwand.
D) Transfers:
Grundsätzlich wird zur Reduktion der Komplexität des Finanzausgleichs im weiteren Sinne der Ersatz der vielen Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse durch Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben angestrebt. Als ergänzendes Instrumentarium sind jedoch die erwähnten Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse außer Streit zu stellen. Transferzahlungen zwischen den Gebietskörperschaften sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Feinabstimmung der finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften. Diese sind auch Bestandteil des horizontalen Finanzausgleichs.
E) Haushaltsrecht:
Die bereits bestehenden finanzverfassungsrechtlichen Regelungen in diesem Bereich sind jedenfalls ausreichend. Eher sollte eine weitergehende Deregulierung erfolgen.
Auch Regelungen bezüglich Haushaltskoordinierung (Artikel 13 Abs. 2 B-VG, Österreichischer Stabilitätspakt 2001) sind mehr als ausreichend. Dies gilt auch für die damit verbundene Stabilisierung der öffentlichen Haushalte durch Schulden- und Defizitgrenzen.
Die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse sind mit den Bestimmungen in § 16 Abs. 1 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 und der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 1997 mehr als ausreichend geregelt. Einer Weiterentwicklung in ein doppisches System steht jedoch nichts entgegen.
Für eine verfassungsrechtliche Regelung einer Kosten- und Leistungsrechnung besteht kein Bedarf.
F) Transparenz und Finanzstatistik:
Über die Bestimmungen der im Österreichischen Stabilitätspakt 2001 und die Gebarungsstatistik-Verordnung hinausgehende Verpflichtungen werden abgelehnt. Die darin enthaltenen Auskunftsrechte bzw. -pflichten und Konsequenzen bei Nichterfüllung sind ohnehin schon schwer genug ohne zusätzliche Personalaufstockung zur Gänze zu erfüllen.
Zusammenfassend ist zur Reform der Finanzverfassung festzuhalten, dass im Zuge der Neuordnung der Kompetenzverteilung eine Stärkung der Flexibilität der Länder gewährleistet werden muss. Sowohl bei den Reformen hinsichtlich der Rechtssetzung und der Behördenorganisation insbesondere aber bei der Reform der Finanzverfassung ist darauf zu achten, dass die Länder (sowie auch die Gemeinden) nicht zusätzlich Aufgaben des Bundes ohne Abgeltung übernehmen können. Ein fairer Ausgleich muss stattfinden, in dem sich Bund, Länder und Gemeinden als gleichberechtigte Partner gegenüberstehen.
Die durch die Bundesverfassung zu gewährleistende Unabhängigkeit in der Haushaltsführung setzt voraus, dass die einzelnen Gebietskörperschaften über ihre Einnahmen weitgehend autonom verfügen können, sie also mit dem Recht zur freien Entscheidung zur Verwendung von Abgabenerträgen im Rahmen der Ertragshoheit ausgestattet sind.
Die Verbindungsstelle der Bundesländer trägt dies Ihnen, sehr geehrter Herr Vorsitzender, als gemeinsame grundsätzliche Länderposition zum Mandat des Ausschusses 10 des Österreich-Konvent vor.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. BRAND
Leiter der Verbindungsstelle