Anlage 3 zum Protokoll über die 18.
Sitzung des Ausschusses 4
Bericht über die Positionen des Ausschusses
4 zum „Recht auf Leben“
aufgrund der Beratungen am 27. April
2004
von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter und
Dr. Schnizer
Wir schlagen vor, in den Bericht betreffend das
Recht auf Leben folgende Passagen aufzunehmen:
Ausgehend davon, dass Einverständnis darüber
besteht, das Recht auf Leben und das Recht auf körperliche und geistige
Unversehrtheit jeweils getrennt mit eigenen Gesetzesvorbehalten zu regeln,
kommt der Ausschuss zunächst zu dem Konsens, dass der Grundtatbestand als
solcher mit folgender Formulierung verankert werden sollte:
„Das Recht jedes Menschen auf Leben wird
gesetzlich geschützt“.
Einigkeit besteht im Ausschuss darüber, dass
diese Formulierung lediglich die Rechtslage nach dem bestehenden Art. 2 EMRK
wiedergibt. Dies bedeutet insbesondere, dass sowohl mit dieser Formulierung als
auch mit den sonstigen Formulierungen in diesem Kontext die bestehende
verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fristenregelung unberührt bleibt. Der
vorgeschlagene Artikel über den Schutz des Lebens bezieht sich – wie schon Art.
2 EMRK – nur auf das geborene Leben.
Das Verbot der Todesstrafe soll folgendermaßen
lauten:
„Niemand darf zum Tode verurteilt oder
hingerichtet werden.“
Ob die Formulierung des Art. 85 B-VG zusätzlich
beibehalten werden soll, wäre im Zuge der Debatte über die Bestimmungen zur
ordentlichen Gerichtsbarkeit zu klären.
Konsens besteht weiters darüber, dass der
Gesetzesvorbehalt zum Recht auf Leben so wie im Entwurf Grabenwarter exklusive
der lit c (Niederschlagung eines Aufruhrs oder Aufstandes) formuliert werden
soll.
Eine Verankerung des Verbots aktiver Sterbehilfe findet überwiegend
Zustimmung.
Diesbezüglich enthält der Entwurf Grabenwarter eine ausdrückliche
Regelung. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 dieses Entwurfs lautet:
„Tötung auf Verlangen ist gesetzlich zu verbieten.“ Damit soll ein Verbot
„aktiver Sterbehilfe“ erreicht werden. In diesem Zusammenhang wird auf den
Entschließungsantrag des Gesundheitsausschusses des Nationalrates betreffend
Beibehaltung der ablehnenden Haltung gegenüber der „aktiven Sterbehilfe“,
Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sowie Verwirklichung der Karenz zur
Sterbebebleitung, der am 13. Dezember 2001 mit den Stimmen aller vier im
Parlament vertretenen Parteien angenommen wurde (XXI. GP, 115/E), verwiesen.
Nach überwiegender Auffassung im Ausschuss muss neben einem
verfassungsrechtlichen Verbot der Tötung auf Verlangen auch das Recht auf Sicherstellung der
Voraussetzungen für einen würdevollen Tod verankert werden. Dazu gehören ein flächendeckender Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung, die einen
leichten und leistbaren Zugang gewährt, bestmögliche Schmerzbehandlung, die
Sicherstellung von mobiler und stationärer Hospizversorgung, Palliativpflege
und –betreuung, die Ermöglichung der Betreuung durch Angehörige, wobei diese
Rechte unabhängig vom Einkommen gewährleistet sein müssen (zB etwa durch
finanzielle Absicherung Angehöriger während einer Karenz zur Sterbebegleitung).
Dies könnte durch einen ergänzenden Satz im
Verfassungstext (unter Hinweis insbesondere auf Hospizversorgung, palliative
care) sowie entsprechende Erläuterungen geschehen.
Folgender Text wird
als Diskussionsgrundlage vorgeschlagen:
„Jeder Mensch hat das
Recht, in Würde zu sterben. Tötung auf
Verlangen ist unter Strafe zu stellen. […]“
Ein weiteren Satz zur
Konkretisierung staatlicher Leistungspflichten im Zusammenhang mit dem Recht,
in Würde zu sterben ist erforderlich und soll in Abstimmung mit Garantien für
den Gesundheitsschutz angefügt werden. Zur Diskussion wird folgender Text
vorgeschlagen: „Dies schließt das Recht auf bestmögliche Schmerzbehandlung ein.
Die Betreuung durch Angehörige ist unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten.“
Vereinzelt wird ein
verfassungsrechtliches Verbot der Sterbehilfe prinzipiell abgelehnt. Zwar
werden die Kommerzialisierungstendenzen in diesem Bereich strikt abgelehnt,
doch ein solches Verbot führe zu einer Diskriminierung zwischen Personen, die
aus Eigenem ihrem Leben ein Ende setzen könnten und jenen, die dazu nicht mehr
in der Lage seien und hiefür auf fremde Hilfe angewiesen seien.