Anlage 2 zum Protokoll der 18. Sitzung des Ausschusses 4
eingebracht
im Ausschuss 4 des Österreich-Konvents für die Sitzung am 3. Mai 2004
Bundesverfassung
der Republik Österreich
Artikel 32. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf ein Dasein in Würde.
(2) Wer in Not und
nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Unterstützung und
Betreuung, auf Nahrung, Kleidung, Obdach, medizinische Grundversorgung und auf
sonstige Mittel, die die Existenz sichern.
(3) Der Staat hat
die Pflicht, Armut zu bekämpfen.
[Variante: (2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen zur
Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung.
(3) Wer nicht in
der Lage ist, für sich und die ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten zu sorgen,
hat Anspruch auf persönliche Hilfe sowie die zur sozialen Mindestsicherung
erforderlichen Leistungen für Nahrung, Kleidung, Unterkunft, notwendige
medizinische Versorgung und soziale Teilhabe.]
Artikel 33. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Sicherheit.
(2) Der Staat gewährleistet dieses
Recht durch Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung, die
auf Einkommens- und Risikosolidarität beruht und die im Fall von Krankheit,
Mutterschaft, Unfall, geminderter Arbeitsfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Alter
eine angemessene Versorgung sicherstellt.
(3) Der Staat
gewährleistet dieses Recht weiters durch angemessene Versorgung im Fall von
Pflegebedürftigkeit.
(4) Waisen haben
Anspruch auf ein angemessenes Einkommen.
(5) Der Staat
gewährleistet, dass die Pensionen gesichert sind und in angemessenem Ausmaß steigen.
Artikel 34. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz der Gesundheit.
(2) Der Staat gewährleistet dieses
Recht durch Einrichtung eines allgemein zugänglichen öffentlichen
Gesundheitswesens, durch den Schutz vor Gesundheitsbeeinträchtigungen und die
Förderung der Gesundheitsvorsorge in allen Bereichen.
Artikel 35. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung.
(2) Der Staat
gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen, die zu einer ausreichenden Zahl an
Wohnungen zu angemessenen Preisen und Bedingungen führen, durch Mieterschutz
und sozialen Wohnbau.
Artikel 36. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit zu menschenwürdigen,
sicheren, gesunden und gerechten Bedingungen.
(2) Der Staat
gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:
1. ein
angemessenes Entgelt und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit;
2. angemessene
Beschränkungen der Arbeitszeit, einschließlich Erholungszeiten;
3. angemessene
Arbeitsruhe, insbesondere auch an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen;
4.Jahresurlaub in einer Dauer, die der
gesellschaftlichen Entwicklung angemessen ist;
5.berufliche Aus- und Weiterbildung;
6. besonderer Schutz
von Jugendlichen und von Schwangeren und Müttern am Arbeitsplatz, soweit
erforderlich auch durch
Beschäftigungsverbote, sowie durch einen wirksamen Schutz vor Beendigung
des Arbeitsverhältnisses während eines angemessenen Zeitraums vor und nach der
Geburt;
7. Fortzahlung des
Arbeitsentgelts für angemessene Zeit bei Verhinderung an der Arbeitsleistung
aus wichtigen Gründen;
8. Schutz vor
ungerechtfertigter Beendigung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses;
9. Schutz vor herabwürdigender Behandlung, Diskriminierung und Belästigung
am Arbeitsplatz;
10.
Schutz des Entgelts bei Insolvenz der
ArbeitgeberIn .
(3) Jeder Mensch
hat Anspruch auf unentgeltliche Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und auf Maßnahmen
zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.
(4)
ArbeitnehmerInnen haben das Recht auf Vertretung ihrer Interessen gegenüber der
ArbeitgeberIn. Eine angemessene Mitbestimmung in personellen, wirtschaftlichen
und sozialen Angelegenheiten ist gewährleistet. Gewählte VertreterInnen sind
vor Benachteiligungen wegen Ausübung dieses Rechts wirksam zu schützen.
Artikel 37. (1) ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen haben das Recht, sich
freiwillig zur Vertretung ihrer Interessen zusammenzuschließen und
Vereinigungen zu bilden.
(2) Sie können
kollektive Maßnahmen zur Durchsetzung der Interessen ihrer Mitglieder
ergreifen.
(3) Solche
Vereinigungen und gesetzliche Interessensvertretungen haben das Recht, im
Rahmen der Gesetze alle Angelegenheiten der Arbeitswelt durch Kollektivvertrag
verbindlich zu regeln.
Artikel 38. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und
Familie.
(2) Der Staat
gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:
1.
eine den familiären Bedürfnissen
entsprechende Gestaltung der Arbeitsbedingungen;
2.
einen Anspruch auf angemessene
Elternkarenz, Pflegeurlaub und Sterbekarenz einschließlich eines wirksamen
Schutzes vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
3.
ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an
Kinderbetreuung und Alten- und Krankenpflege;
4.
einen angemessenen Ausgleich für ein
wegen der Betreuung entfallendes Erwerbseinkommen und eine Unterstützung bei
der Tragung der Familienlasten.
Artikel 39. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.
(2) Der Staat
gewährleistet dieses Recht durch Einrichtung öffentlicher Kindergärten,
Schulen, Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten sowie durch
Unterstützung von privaten Bildungseinrichtungen, beruflicher Aus- und
Weiterbildung und lebenslangem Lernen.
(3) Der Staat gewährleistet
dieses Recht weiters durch individuelle Förderung und Integration sowie durch
eine angemessene Mitbestimmung an öffentlichen Bildungseinrichtungen.
(4) Der Staat hat
den Zugang zur Bildung unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten. Der Besuch öffentlicher
Bildungseinrichtungen ist grundsätzlich unentgeltlich.
Artikel 39a. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf kulturelle Teilhabe.
(2) Der Staat
gewährleistet dieses Recht durch Unterstützung von kulturellen Betätigungen
sowie von Einrichtungen, die die Mitwirkung am kulturellen Schaffen und die
Auseinandersetzung mit kulturellen Gütern ermöglichen.
Artikel 40. (1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Zugang zu Infrastruktur und
sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse.
(2) Der Staat gewährleistet
dieses Recht, indem er die Leistungen selbst erbringt oder die Erbringung durch
Private zu gleichen und fairen Bedingungen, in angemessener Qualität und zu
erschwinglichen Preisen sicherstellt.
Artikel 40a. (1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Schutz als KonsumentIn.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Information, die Sicherheit, die Gesundheit und die legitimen wirtschaftlichen Interessen der Konsumenten durch wirksame Maßnahmen schützt.