Position
der WKO zum Ausschuss 10 "Finanzverfassung" des Österreich-Konvents
1.
Finanzverfassung
Das geltende F-VG ist strukturell neu zu
fassen. Dabei sind die folgenden Punkte zu verwirklichen:
·
Die
Finanzierung hat der Organisation zu folgen. Die Finanzverfassung hat daher
auf die Verteilung der Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenzen Bedacht zu
nehmen.
·
Die
Finanzverfassung ist der europäischen Ordnung gemäß zu gestalten und an die
Vorgaben des Primärrechts der EU anzupassen. Das bedeutet insbesondere die
Aufnahme von Bestimmungen betreffend die multilaterale Überwachung
(Stabilitätsprogramm) und von Regelungen zur Vermeidung übermäßiger
öffentlicher Defizite.
·
Alle
zur Finanzverfassung gehörenden Normen sind in das F-VG zu integrieren. Das
gilt auch für die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden
über eine Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer
Stabilitätspakt 2001).
·
Aufzunehmen
ist auch die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über
einen Konsultationsmechanismus. Dabei sollen alle im Hinblick auf die Maastricht-Kriterien
relevanten Rechtsträger wie etwa auch die Kammern und die
Sozialversicherungsanstalten mit einem Begutachtungsrecht ausgestattet werden.
·
Darüber hinaus sind in der Finanzverfassung Mechanismen für
eine gemeinsame Willensbildung der für die öffentlichen Haushalte
Verantwortlichen, unter Einschluss aller unter dem Blickwinkel der
Maastrichtkriterien relevanten Körperschaften unabhängig von Konsultationen zu
schaffen.
·
Im horizontalen Finanzausgleich ist insbesondere auf die
Situation der kleinen Gemeinden Bedacht zu nehmen, die im Hinblick auf das
Verhältnis von Fläche pro Einwohner im Vergleich zu größeren Gemeinden aus
strukturellen Gründen bei Infrastrukturaufwendungen im Nachteil sind.
·
In
das F-VG sind auch Regeln betreffend die Stärkung des strategischen Managements
aufzunehmen. Die bundesstaatliche Organisation Österreichs ist ursächlich für
die Vielzahl an finanzverfassungsrechtlichen Akteuren, die starke gerade auch
rechtliche Verflechtung derselben und die daraus resultierende große
Unübersichtlichkeit in einzelnen Bereichen. Gerade diese Verhältnisse aber
machen eine gesamthafte Planung, Steuerung, Koordinierung und ein gesamthaftes
Controlling, dies nicht zuletzt auch im Hinblick auf die geplante
Dezentralisierung bei Aufgaben- und Ausgabenentscheidungen notwendig.
·
Eine
Mittelfristige Finanz- und Budgetplanung (fünf Jahre) mit jährlichem
Revolvieren ist zu implementieren.
·
Auch Regelungen über Gemeindeverbände sollten in die Finanzverfassung
aufgenommen werden. Diese sollten mit Alleinerledigungsaufgaben gekoppelt mit
einer klaren rechtlichen Basis und Kompetenzgrundlage für deren Finanzierung
ausgestattet werden (z.B. Aufwertung von Gemeindeverbänden zu regionalen
Förderstellen).
2.
Finanzausgleich
·
Stärkere
Aufgaben- und Ausgabenverantwortung: In Hinkunft sollen die Gebietskörperschaften verstärkt den
Aufwand, der sich aus der Erfüllung ihrer Aufgaben ergibt, selbst zu
verantworten und zu tragen haben (Stärkung des Prinzips der fiskalischen
Äquivalenz). Um zu einer besseren Deckung von Aufgabenerfüllung und
Finanzierung im Finanzausgleich zu gelangen, sollten – dies unter
Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips - die Transfers zwischen den
Gebietskörperschaften reduziert und die Verteilung der Ertragsanteile an den
gemeinschaftlichen Bundesabgaben neu geregelt werden. Für eine solche Regelung
wären folgende Schritte notwendig:
1)
Aufgabendefinition
und -abgrenzung sowie deren Festschreibung in der Finanzverfassung. Gemeinden
sollen insbesondere jene Aufgaben erfüllen, deren Nutzen (Wohlfahrtsgewinn)
abgrenzbar und individuell zuordenbar ist (Kindergärten, Musikschulen,
Freizeiteinrichtungen, Wasser/Abwasser, Müllabfuhr, Sozialdienste, soziale
Leistungen, Seniorenheime). Daraus ist ebenfalls eine Abgrenzung der Aufgaben,
die eine einzelne Gemeinde zu übernehmen hat bzw. die durch
Gemeindeverbände zu übernehmen sind, festzulegen. Eine Zuteilung von genuinen
Aufgaben an die Gemeindeverbände hat u.a. den Zweck, einen entsprechenden
Regionenbegriff für die Regionenförderung zu schaffen.
2)
Bestimmung
des Angebots durch die (mit)erfüllende Gebietskörperschaft
3)
Messung
der Ausgaben pro Leistungseinheit z.B. Ausgaben pro Schüler, Kindergartenplatz,
Straßenkilometer, etc. und deren Verknüpfung mit den Ertragsanteilen.
4)
Wenn
gesamtstaatliche Ziele erfüllt werden sollen, ist eine Zuständigkeit des Bundes
anzustreben. Für regionale Schwerpunkte sollten die Länder zuständig sein.
·
Reduktion
der Mischfinanzierung:
Aufteilung in strategische und operative Gesichtspunkte bzw. Bündelung auf
zentraler Ebene i. S. einer Zusammenführung der Aufgabenerfüllung mit der
Aufgabenverantwortung. Die Gebietskörperschaft, der die Formulierung der
strategischen Ziele obliegt, würde in diesem Fall die Finanzierung der Basis-
bzw. Normkosten übernehmen (z.B. Beteiligung der nachgeordneten
Gebietskörperschaften an den operativen Kosten, wenn der Nutzen öffentlicher
Leistungen sinnvoll abgrenzbar ist).
·
Eine
Verstärkung des Aufkommensprinzips ist anzustreben. Örtliches bzw.
länderweises Steueraufkommen spiegelt teilweise die geographische Lage wider.
Sie ist auch teilweise Ausdruck einer aktiven Wirtschaftspolitik und
entsprechender Lasten in Form von Ansiedelungs-, Erschließungs-, Infrastruktur-,
Ballungs- und Umweltkosten.
·
Eine allenfalls stärkere Betonung der Abgabenautonomie soll
keine höheren administrativen Kosten für die Wirtschaft verursachen.
·
Die
von Ausschuss 6 geforderte erhöhte Transparenz erleichtert zusammen mit
mehr Information über die Funktionsweise des Finanzausgleichs eine effizientere
und effektivere Zielerreichung. Es ist nämlich davon auszugehen, dass
Transparenz eine erhöhte Anreizwirkung zu Minimierung der Verwaltungskosten mit
sich bringen wird. Erreicht werden soll das durch die
-
Reduktion
der finanziellen Verflechtungen
-
Rücknahme
"landesinterner" Finanzausgleiche
-
Rücknahme
von Sonderregelungen und Zweckbindungen, wenn dies zweckmäßig und sinnvoll
erscheint
-
Einführung
einheitlicher Strukturen und Standards der öffentlichen Haushalte
(Gewährleistung der Vergleichbarkeit)
-
Vornahme
von Mittelzuweisungen aufgrund gemeinsamer Kennzahlen und Standards.
3.
Zu
berücksichtigende Ergebnisse der anderen Ausschüsse
·
Art
13 Abs 2 B-VG betreffend die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts, zu dessen Neuformulierung der Ausschuss 1 zwei Textvorschläge
vorgelegt hat, soll in das F-VG einbezogen werden.
·
Sollte
es, wie in Ausschuss 5 diskutiert, zur Schaffung einer sog. dritten Säule in
Gestalt zwischen Bund und Ländern geteilter Gesetzgebungskompetenzen kommen, so
müsste dies adäquat berücksichtigt werden.
·
Sollte
es, Überlegungen des Ausschusses 5 zur Einrichtung eines
Vermittlungsausschusses im Zusammenhang mit der Ausübung gemeinschaftlicher
Kompetenzen folgend, tatsächlich zur Schaffung eines solchen Gremiums kommen,
so müsste eine Parallelschaltung desselben zum Ausschuss nach § 9 F-VG
erfolgen, um auch im Zusammenhang mit den Kompetenzen stehende
Finanzierungsfragen klären zu können.
·
Sollte,
worauf der Stand der Beratungen im Ausschuss 6 hindeutet, die mittelbare
Bundesverwaltung erhalten bleiben, dann muss an die Stelle der derzeitigen,
unter dem Gesichtspunkt der Kostentransparenz unbefriedigenden
Kostentragungsregelung – den Personal- und Amtssachaufwand tragen die Länder –
eine aufgabenbezogene Finanzierung treten.
·
Wenn,
wie von Ausschuss 6 vorgeschlagen, gemeinsame Einrichtungen zwischen Gebietskörperschaften
zur gemeinsamen Aufgabenbesorgung ermöglicht werden, dann muss im Rahmen des
Ausschusses 10 die Finanzierung solcher Einheiten geklärt werden.
·
Zu
berücksichtigen ist auch, dass den Vorschlägen des Ausschusses 6 zufolge in
Hinkunft Globalbudgets möglich sein sollen.