Textentwurf – anstelle Amtsverschwiegenheit
persönlicher Vorschlag von Dr. Karl Staudinger

Artikel 20 des Bundes-Verfassungsgesetzes wird geändert wie folgt:

1. Absatz 3 lautet.

„(3) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen. Das Recht auf Auskunft kann gesetzlichen Einschränkungen unterworfen werden, wenn und insoweit dies zum Schutz zwingender Interessen im Sinne des Art. 10 Abs.2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, erforderlich ist. Die politische Verantwortung gegenüber parlamentarischen Vertretungskörpern umfasst in jedem Fall die Pflicht, im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts und in Untersuchungsausschüssen jede geforderte Auskunft zu erteilen. Die Auskunftserteilung kann in diesen Fällen in vertraulicher Form erfolgen, wenn die Auskunft geheimzuhaltende Tatsachen enthält und die vertrauliche Auskunftserteilung in der Geschäftsordnung des betreffenden Vertretungskörpers geregelt ist.“

2. Absatz 4 entfällt. [Regelungsgegenstand des bisherigen Abs.4 in geänderter Form in Abs.3 neu (siehe oben!)]

Textvergleich geltende Fassung:

(3) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von  einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

EGMR-Judikatur

Der Europäische Gerichtshof hält Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit nach Artikel 10 Europäische Menschenrechtskonvention dann für zulässig, wenn sie einem "zwingenden sozialen Bedürfnis in einer demokratischen Gesellschaft" entspringen ("Sunday Times", EuGRZ 1979, S.386, "Handyside", EuGRZ 1977, S.38 und "Barthold", EuGRZ 1985, S.170).