Werner Wutscher                                                                                            26. Jänner 2004

 

 

Reformaspekte

in der Sicherheitsverwaltung

sowie zur Transparenz im Verwaltungshandeln

 Inklusive Vorschlag von Präs. Jabloner zur Weisungsfrage

 

Diskussionsgrundlage

für die 7. Ausschusssitzung des Ausschusses 6

am 30. Jänner 2004

 

 

 

 

 

 

 I. Reformaspekte in der Sicherheitsverwaltung .................................................... 2

        1. Ausgangslage

        2. Reformbedarf

        3. Neuordnung der obersten sicherheitsbehördlichen Struktur (BMI)

        4. Sicherheitsbehördliche Neustrukturierung auf Landes- und Bezirksebene

Landespolizeidirektionen – Bestellung des Polizeidirektors in den Ländern – Bundespolizei-

behörden außerhalb der Landeshauptstädte – Funktionelle Zuständigkeitsaspekte

 

        5. Ergebnis der neuen Strukturen

        6. Konservierung der sicherheitsbehördlichen Struktur ?

        7. Verfassungsrechtliche Aspekte samt Textvorschlägen

        8. Grafische Darstellung

II. Neuregelung von Amtsgeheimnis und Auskunftspflicht ................................... 8

1. Ausgangslage

2. Datenschutz- und Meinungsäußerungsfreiheits-Aspekte

3. Reformbedarf

     Organbegriff – „Körperschaft öffentlichen Rechts“ – „Berufliche Vertretungen“ – Kompetenz-

     verteilung – Amtsverschwiegenheit gegenüber Vertretungskörpern

 

4. Lösungsansatz

5. Textvorschlag

Weitere Ausschusstermine .................................................................................... 11

 

 

Anlage: Vorschlag von Präsident Jabloner zur Weisungsfrage

               (als eigenes Dokument versandt)


 

I. Reformaspekte im Sicherheitsbereich

Eine zukunftsweisende Struktur der Sicherheitsverwaltung verwirklicht folgende Ziele:

·        Einheitliche und übersichtliche Behördenstruktur der Sicherheitsverwaltung.

·        Klare und transparente Kompetenzen, die für die BürgerInnen durchschaubar sind.

·        Anpassung des österreichischen Systems an internationale Standards.

 

1. Ausgangslage

Die Organisation der Sicherheitsverwaltung (Behörden und Wachkörper) wie auch deren materielle Zuständigkeiten sind nicht nur in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (Art. 10 Abs. 1 Z 3, 7 und 14 B-VG), sondern können auch in unmit­telbarer Bundesverwaltung vollzogen werden (Art. 102 Abs. 2 B-VG). Die sicherheits­behördliche Tätigkeit wird derzeit gemäß den Art. 78a – 78d B-VG

·        in oberster Ebene vom BM für Inneres (BMI) wahrgenommen;

Im BMI ist die Generaldirekton für die öffentliche Sicherheit eingerichtet und – dieser eingeordnet – das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

 

·        auf der mittleren Ebene bestehen 9 Sicherheitsdirektionen (als Bundesbehörden);

So auch in Wien, wo allerdings die Sicherheitsdirektion und die Bundespolizeidirektion organisato­risch zusammengefasst sind.

 

·        auf der unteren Ebene der Bezirksverwaltungsbehörden sind einerseits in den größeren Städten 14 Bundespolizeidirektionen (BPolDion) als Bundesbehörden eingerichtet bzw. wird die Sicherheitsverwaltung von den 84 Bezirkshauptmann­schaften (als Landesbehörden) sowie 2 Stadtmagistraten (Krems und Waidho­fen/Ybbs) wahrgenommen.

 

Die den Behörden beigegebenen bzw. unterstellten uniformierten Wachkörper (Bun­desgendarmerie und Bundessicherheitswache [ugs. „Polizei“]) hingegen sind aus­schließlich ein organisatorischer Teil der Bundesverwaltung.

        Im funktionellen Sinn ist die Sicherheitsverwaltung für die „allgemeine Sicher­heitspolizei“ und einige Angelegenheiten der Verwaltungspolizei zuständig.

        Wird unter der „allgemeinen Sicherheitspolizei“ die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ord­nung und Sicherheit verstanden, so umfassen die verwaltungspolizeilichen Angelegenheiten Pass-, Mel­de- und Fremdenwesen, Presse-, Vereins- und Versammlungsangelegenheiten, Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen (§ 2 Abs. 2 SPG). Im Gegensatz zur „allgemeinen Sicherheitspolizei“ wird die „örtliche Sicherheitspolizei“ von den Gemeinden wahrgenommen. Ebenfalls in den Gemeinden – nicht aber bei den Ländern – können eigene Wachkörper eingerichtet werden (Gemeindewachkörper, „Stadt- bzw. Gemeindepolizei“).

 

2. Reformbedarf

Der auf der Hand liegende Reformbedarf hinsichtlich der Doppelgleisigkeit in Gestalt der beiden Wachkörper wird seit langem gesehen und hat bereits im Vorjahr zu einem groß angelegten Zusammenlegungsprojekt geführt („Team 04“), dessen erste Dis­kussionsvorschläge bereits vorliegen.

        Man denke in diesem Zusammenhang auch an die unterschiedliche Organisationsstruktur der beiden Wachkörper, die beispielsweise in den mit etwa 40.000 Einwohnern gleich großen Städten Steyr (mit BPolDion) und Dornbirn (ohne BPolDion) dazu führt, dass der entsprechende Personalstand des Wachkörpers in Steyr mit über 100 Bediensteten um ein Drittel höher ist, als in – vermutlich auf ähnli­chem Sicherheitsniveau stehenden – Dornbirn mit bloß 74 Gendarmen und Gemeindepolizisten für den selben Aufgabenkreis.

 

        Die Behördenstruktur der Sicherheitsverwaltung zeichnet sich nicht nur durch eine besondere Unübersichtlichkeit aus, sondern weist auch eine flächendeckende Dreistufigkeit auf, ohne dass dies zwingend erforderlich erscheint. Weiters wäre ge­nau zu prüfen, welche der Verwaltungsagenden außerhalb der allgemeinen Sicher­heitspolizei von den Bundespolizeibehörden als spezialisierte Sicherheitsbehörden wahrgenommen werden müssen.

        Bei Reformüberlegungen ist auch die angedachte und im Konvent behandelte Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu berücksichtigen. Verwaltungsinterne Instanzenzüge wird es dann vermutlich nicht mehr geben, da nach einer Administra­tiventscheidung unmittelbar die Beschwerde bei einem Verwaltungsgericht erster Instanz erhoben werden könnte und nicht mehr bei einer Sicherheitsbehörde zweiter Instanz.

 

3. Neuordnung der obersten sicherheitsbehördlichen Struktur (BMI)

Im Rahmen der Organisationsstruktur des BMI ist die Generaldirektion für die öffent­liche Sicherheit als Sektion II eingerichtet. Derzeit weist diese Sektion eine für öster­reichische Ministerialverhältnisse unübliche Größe von über 1.000 Bediensteten auf. Das liegt daran, dass zwei große Ämter – das Bundeskriminalamt und das Bundes­amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung – Teile der Generaldirektion sind. Eine solche Organisationsstruktur wird durch die derzeitige Verfassungsrechts­lage erzwungen, da gemäß Art. 78a Abs. 1 B-VG alle obersten sicherheitsbehördli­chen Agenden im BMI wahrzunehmen sind.

        International wäre es völlig unüblich, die operative Sicherheitsverwaltung auf mi­nisterieller Ebene wahrzunehmen. Weiters erfordern abgeschlossene operative Tätig­keiten eine gewisse organisatorische Selbständigkeit und Flexibilität, die in einer Ministerialstruktur zumeist nicht besteht. Vorzuschlagen wäre daher die Ansiedelung sowohl des Bundeskriminalamtes als auch des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung unmittelbar unterhalb des Bundesministeriums.

        Die oberste sicherheitsbehördliche Leitung sollte aber weiterhin im BMI verblei­ben. Eine Umbenennung der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit in „Bun­despolizeipräsidium“ mit einem „Polizeipräsidenten“ an der Spitze könnte erwogen werden.

 

4. Sicherheitsbehördl. Neustrukturierung auf Landes- und Bezirksebene

Der derzeit vorgesehene Organisationsgrundsatz in der Sicherheitsverwaltung, dass spezialisierte Sicherheitsbehörden in den Ballungsräumen eingerichtet sind und au­ßerhalb dieses Bereiches die Sicherheitsverwaltung von den allgemeinen Verwal­tungsbehörden – den Bezirkshauptmannschaften und den Stadtmagistraten – wahr­genommen wird, hat sich grundsätzlich bewährt. Es wäre allerdings zu prüfen, ob im Zuständigkeitsbereich der derzeit eingerichteten 14 Bundespolizeidirektionen auch überall im selben Ausmaß diese „urbanen Spezialbedürfnisse“ herrschen.

 

·        Landespolizeidirektionen

Die Einrichtung der Sicherheitsdirektionen in den Ländern als monokratisch von ei­nem Verwaltungsbediensteten als Sicherheitsdirektor geführte Behörden erscheint ebenfalls als zweckmäßig. Die Wahrnehmung der Behördenleitung unmittelbar durch einen politischen Repräsentanten des jeweiligen Landes ist nicht zwingend als Struk­turverbesserung zu sehen.

        In sieben Landeshauptstädten bestehen freilich derzeit neben den Sicherheits­direktionen auch noch Bundespolizeidirektionen für die Landeshauptstadt als Sicher­heitsbehörde 1. Instanz. Mit der organisatorischen Zusammenfassung dieser beiden Bundeseinrichtungen wäre ein gewisses Synergiepotenzial zu realisieren, das insbe­sondere in einer gemeinsamen Führung und in schnelleren Abläufen bestünde. Es wird daher vorgeschlagen, die in den Landeshauptstädten befindlichen Sicherheits­direktionen mit den für diese Städte eingerichteten Bundespolizeidirektionen zusam­menzulegen und als „Landespolizeidirektionen“ zu bezeichnen. Die monokratische Leitung läge in den Händen eines „Polizeidirektors“.

        In Wien und Bregenz bestehen Besonderheiten: In Wien sind – gewissermaßen als Vorbild – die Sicherheitsdirektion und die Bundespolizeidirektion organisatorisch bereits heute zusammengefasst (Art. 78b Abs. 1 B-VG). In Bregenz gibt es derzeit keine Bundespolizeidirektion, die fusioniert werden könnte.

        Weiters ist festzuhalten, dass in den Landeshauptstädten auch der jeweilige Umland-Bezirk seinen Verwaltungssitz hat (in Linz sogar zwei Umland-Bezirke) und damit in einer Landeshauptstadt bis zu vier Sicherheitsbehörden tätig sind. Auch hinsichtlich dieser – außerhalb ihres Verwaltungsbezirks angesie­delten – Behörden wäre zu prüfen, inwieweit deren Sicherheitsagenden mit der neuen Landespolizei­direktion abgestimmt werden könnte.

 


·      Bestellung des Polizeidirektors in den Ländern

Die Funktion des derzeitigen Sicherheitsdirektors berührt unmittelbar die Landesver­waltung, da er sicherheitsbehördlich auch den Bezirkshauptmannschaften übergeord­net ist. Folgerichtig ist das jeweilige Land daher in das Bestellungsverfahren eines Si­cherheitsdirektors eingebunden (Art. 78b Abs. 2 B-VG). Ein solches Mitwirkungsrecht sollte auch bei der Bestellung eines Polizeidirektors eines Landes weiter bestehen.

 

·      Bundespolizeibehörden außerhalb der Landeshauptstädte

Außerhalb der Landeshauptstädte scheint kein zwingender Bedarf für die Einrichtung einer Bundespolizeibehörde als spezialisierte Sicherheitsbehörde zu bestehen. Es wäre daher zu überlegen, in den Statutarstädten Steyr, Villach, Wels und Wr. Neu­stadt die Funktion der Sicherheitsbehörde erster Instanz von den Stadtmagistraten wahrnehmen zu lassen, wie dies bereits derzeit in Krems und Waidhofen/Ybbs der Fall ist. In Leoben und in Schwechat – beide keine Statutarstädte aber Sitz einer Bun­despolizeidirektion – würde bei Auflassung derselben die Sicherheitsverwaltung auf die jeweiligen Bezirkshauptmannschaften übergehen. Sollte dennoch außerhalb der Landeshauptstädte eine spezialisierte Sicherheitsbehörde aufgrund der konkreten Umstände erforderlich sein, dann muss das Organisationsrecht so flexibel sein, die­sen Anforderungen zu genügen und beispielsweise auch Außenstellen von Landes­polizeidirektionen ermöglichen.

 

·      Funktionelle Zuständigkeitsaspekte

Unter dem Aspekt, dass sich die spezialisierten Polizeibehörden auf die Sicherheits­agenden konzentrieren, scheint die Wahrnehmung der Vereins- und der Presseange­legenheiten nicht in den sicherheitsbehördlichen Kernbereich zu fallen. Diese Berei­che könnten – wie 2003 das Melde- und Fundwesen sowie die Ausstellung von Reise­pässen – von den BPolDion auf die Stadtmagistrate übertragen werden.

        Im Bereich Fremdenrecht könnte eine Aufspaltung auf unterschiedliche sicher­heitsbehördliche Ebenen erwogen werden. Die Gewährung aufenthaltsbegründender Maßnahmen (z.B. Niederlassungsbewilligungen) verbleibt auf der Ebene der Bezirks­verwaltungsbehörden. Die Erteilung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen – wie Schubhaft oder Aufenthaltsverbote - erfolgt auf Ebene der Landespolizeidirektionen.

        Nur hinzuweisen ist auf die Bedeutung eines professionellen Personalmanagements im personell starken Sicherheitsbereich. Allein beim Bund sind über 32.000 Bedienstete in diesem Bereich tätig. Die bereits im Gange befindliche Zusammenlegung der beiden Wachkörper erfolgt insbesondere unter die­sem Aspekt. Von großer Bedeutung wird sein, inwieweit nach einer Neustrukturierung auch die moder­nen und flexiblen Instrumente der Personalbewirtschaftung eingesetzt werden.


5. Ergebnis der neuen Strukturen

Bei der Ausschöpfung aller vorgeschlagenen Möglichkeiten der Zusammenlegung könnten 13 Bundespolizeidirektionen aufgehoben werden.

        Die Aufgaben von 7 Landeshauptstadt-BPolDionen würden von den neu eingerichteten Landespo­lizeidirektionen wahrgenommen werden, 4 BPolDionen (Steyr, Villach, Wels und Wr. Neustadt) würden in die jeweiligen Stadtmagistrate übergeführt werden und 2 BPolDionen (Leoben und Schwechat) wür­den von den örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaften abgelöst werden.

        Bei Einbeziehung der Landeshauptstadt-Umlandbezirke in die Reformüberlegungen könnten in bis zu 9 Bezirkshauptmannschaften weitere Synergien lukriert werden.

 

6. Konservierung der sicherheitsbehördlichen Struktur ?

Die Organisationsstruktur des Sicherheitsbereiches ist derzeit in einem hohen Maße verfassungsrechtlich determiniert. Das hat zum Teil politisch-historische Gründe und führt dazu, dass Änderungen in der Verwaltungsorganisation, wie die in diesem Pa­pier vorgeschlagenen, sehr bald an verfassungsrechtliche Grenzen stoßen. Im Schrift­tum wird die Detailliertheit und Doppelnormiertheit mancher Regelungen kritisiert.

        Aus heutiger Sicht erscheint diese „Strukturkonservierung“ nicht mehr erforderlich und zeitgemäß. Es könnte daher daran gedacht werden, die Art. 78a – 78d B-VG auf­zuheben und die entsprechenden Regelungen etwa im Sicherheitspolizeigesetz oder in einem „Polizeiorganisationsgesetz“ zusammenzufassen.

 

7. Verfassungsrechtliche Aspekte (samt Textvorschlägen)

Mit einem gänzlichen Entfall der Art. 78a – 78d B-VG reduzieren sich naturgemäß auch die meisten „verfassungsrechtlichen Probleme“. Auf Basis der vorgelegten Vor­schläge müssten die Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung weiterhin in unmittel­barer Bundesverwaltung geführt werden können (Art. 102 Abs. 2 B-VG). Die Befas­sung der Bezirkshauptmannschaften und der Stadtmagistrate mit der Sicherheitsver­waltung dürfte eine verfassungsrechtliche Verankerung erfordern. Eine Ergänzung des Art. 102 Abs. 3 B-VG in diese Richtung wäre denkbar:

Textvorschlag in Art. 102 B-VG:

 

(3) Dem Bund bleibt es vorbehalten, auch in den im Absatz 2 aufgezählten Angelegenheiten den Landeshauptmann oder die Bezirksverwaltungsbehörde mit der Vollziehung des Bundes zu betrauen.

 

 

        Das Mitspracherecht der Länder bei der Bestellung der Polizeidirektoren könnte im Art. 102 Abs. 2 B-VG seinen Niederschlag finden. Im Zusammenhang mit den Sicherheitsverwaltungsagenden, die sich inmitten der Fülle an potentiell unmittelbaren Bundesverwaltungsagenden befinden – die allenfalls übersichtlicher zu gliedern wären – könnte folgender Satz aufgenommen werden:

Textvorschlag in Art. 102 Abs. 2 B-VG:

 

... . Ein für die Sicherheitsverwaltung eines Landes gesamtverantwortliches Bundesorgan wird vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann bestellt.

 

 

        Die Einrichtung von Bundespolizeibehörden könnte bei Wegfall der entsprechen­den verfassungsrechtlichen Ermächtigung nicht mehr durch eine verfassungsunmittel­bare Verordnung erfolgen (vgl. Art. 78c Abs. 2 B-VG). Allerdings erscheint eine ge­setzliche Statuierung der Organisation der Sicherheitsverwaltung sowohl unter rechts­staatlichen als auch unter Flexibilitätsgesichtspunkten einer solchen Regierungsver­ordnung mindestens gleichwertig zu sein. Die verfassungsrechtliche Regelung einer Informationspflicht des Landeshauptmannes durch den BMI (Art. 78b Abs. 3 B-VG) erscheint nicht erforderlich und könnte daher entfallen.

 

8. Grafische Darstellung

Derzeitige Organisationsstruktur der Sicherheitsbehörden:

Bundesminister für Inneres

Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit

Bundeskriminalamt

Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung

 

9 Sicherheitsdirektionen für die Länder

inkl. Wien (= BPolDion)

 

 

84 Bezirks-hauptmannschaften

13 Bundespolizeidirektionen (Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Leoben, Salzburg, St. Pölten, Schwechat, Steyr, Villach, Wels und Wr. Neustadt)

 

2 Stadtmagistrate

(Krems und Waidhofen/Ybbs)

 

Vorgeschlagene Organisationsstruktur:

Bundesminister für Inneres

Bundespolizeipräsidium (Polizeipräsident)

 

Bundeskriminalamt

Bundesamt für Verfassungsschutz

und Terrorismusbekämpfung

 

9 Landespolizeidirektionen (Polizeidirektoren)

auch zuständig für die jeweilige Landeshauptstadt

 

84 Bezirks-hauptmannschaften

(+ Synergiepotenzial in 9 Landes-hauptstadt-Umlandbezirken)

 

 

(keine 3. Ebene in den Landeshauptstädten)

 

6 Stadtmagistrate

(Krems, Steyr, Villach, Waidhofen/Ybbs, Wels, Wr. Neustadt)


 

II. Neuregelung von Amtsverschwiegenheit und Auskunftspflicht

Ein moderner Verwaltungsstaat ist kein „Geheimnis“staat. Das Amtsgeheimnis als zentrales Phänomen des Arkanprinzips gemahnt an vordemokratische Zeiten und sollte in einem liberalen Rechtsstaat nur auf die tatsächlich erforderlichen Bereiche eingeschränkt bleiben. Die derzeitige Verfassungsrechtslage ist nicht nur kompliziert formuliert sondern weist auch eine Reihe von Interpretationsproblemen und Unklar­heiten auf, die im Zuge einer Neuregelung beseitigt werden könnten.

 

1. Ausgangslage

Die Amtsverschwiegenheit ist seit 1925 im B-VG geregelt (heute Art. 20 Abs. 3 B-VG) und erfuhr 1987 mit der Einführung der Auskunftspflicht (Art. 20 Abs. 4 B-VG) eine völlig neue Ausrichtung. Diese beiden Verfassungsbestimmungen normieren in der Zusammenschau schon jetzt einen grundsätzlichen Vorrang der Auskunftspflicht der Verwaltung, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegen­steht (Wieser). Dieser Vorrang findet freilich im legistischen Aufbau der Bestimmun­gen keine Entsprechung, sodass sehr leicht der Eindruck entstehen kann, diese bei­den Prinzipien bestünden nebeneinander.

 

2. Datenschutz- und Meinungsäußerungsfreiheits-Aspekte

Das (Grund)Recht auf Datenschutz (§ 1 DSG) besteht unabhängig neben der Amts­verschwiegenheit. Damit unterliegen personenbezogene Daten einer grundrechtlich geschützten Verschwiegenheit der Verwaltung und können nur dann von der Aus­kunftspflicht erfasst sein, wenn dies datenschutzrechtlich (§ 1 Abs. 2 DSG) erlaubt ist.

Schon heute ist die Amtsverschwiegenheit auf bestimmte Tatbestände be­schränkt. Es besteht ein Gesetzesvorbehalt, der nach der Judikatur des VfGH und dem Schrifttum wegen der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 MRK) bloß zu einer Einschränkung der verfassungsgesetzlichen Amtsverschwiegenheit führen darf, nicht aber zu einer Ausweitung (Perthold-Stoitzner).

 

3. Reformbedarf

Ein Reformbedarf der derzeitigen Regelungen besteht weniger in der materiellen Aus­richtung von Auskunftspflicht und Amtsverschwiegenheit, sondern vor allem in einigen Begriffen und in der auskunftspflichtgesetzlichen Kompetenzverteilung.

·        Organbegriff

Wenn in Art. 20 Abs. 3 und 4 jeweils von „mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organen“ die Rede ist, dann liegt dem an sich ein funktionaler Organbegriff zugrunde. Damit fallen auch Aufgaben, die – beispielsweise nach Ausgliederungsmaßnahmen – außerhalb der jeweiligen Gebietskörperschaft wahrgenommen werden darunter; zumindest dann, wenn es sich um hoheitliche Auf­gaben handelt. Inwieweit auch privatrechtlich wahrzunehmende Aufgaben von ausge­gliederten Rechtsträgern unter die Auskunftspflicht fallen, ist allerdings zweifelhaft, da es sich hiebei nach hL nicht mehr um Verwaltungsaufgaben handelt; selbst wenn sie im öffentlichen Interesse erbracht werden, also als „öffentliche Aufgaben“ bezeichnet werden können.

 

·        „Körperschaft öffentlichen Rechts“

Mit diesem – erst 1987 eingeführten – Begriff gehen große Interpretationsschwierig­keiten einher, da die „Organe anderer Körperschaften öffentlichen Rechts“ ohne Zwei­fel organisatorisch definiert sind und damit zwei verschiedene Kriterien bei der Defini­tion des Normadressatenkreis bestehen; (einmal davon abgesehen, dass der Begriff der Körperschaft öffentlichen Rechts sowohl in der Rechtsordnung als auch in der Lehre und im Schrifttum höchst unterschiedlich gesehen wird). Damit ist höchst un­klar, inwieweit der „staatsnahe“ Bereich von der Auskunftspflicht erfasst ist.

 

·        „Berufliche Vertretungen“

Die möglicherweise gemeinten „Organe gesetzlicher beruflicher Vertretungen“ sollen gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG nur eingeschränkt der Auskunftspflicht unterliegen. Es ist aber keineswegs genau geklärt, welche Auskunftsbegehren in diesem Bereich gestellt werden können.

 

·        Auskunftspflichtgesetzliche Kompetenzverteilung

Neben der Verfassungsnorm des Art. 20 Abs. 4 B-VG besteht derzeit aufgrund einer hypertroph anmutenden Kompetenzverteilung im Auskunftspflichtrecht

- ein Bundes-Auskunftspflichtgesetz,

- ein Auskunftpflicht-Grundsatzgesetz

- sowie neun Landes-Auskunftspflichtgesetze.

Es könnte freilich mit einem einheitlichen Auskunftspflichtgesetz des Bundes das Aus­langen gefunden werden.

 


·        Amtsverschwiegenheit gegenüber allgemeinen Vertretungskörpern

Die seit 1925 bestehende Regelung in Art. 20 Abs. 3 letzter Satz B-VG betreffend die Amtsverschwiegenheit gegenüber den allgemeinen Vertretungskörpern ist umstritten. In ihr wird den von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Organen die Amtsverschwiegenheit gegenüber diesem Vertretungskörper aufgehoben. Das be­deutet, dass die Landesregierung gegenüber dem – sie wählenden – Landtag oder ein Bürgermeister gegenüber dem – ihn wählenden – Gemeinderat sich nicht auf die Amtsverschwiegenheit berufen kann. Die Bundesregierung hingegen wird seit 1929 nicht mehr vom Nationalrat bestellt. Daher ist nach der hL die Amtsverschwiegenheit der Regierungsmitglieder gegenüber dem Nationalrat nicht aufgehoben. Inwieweit die­se Disparität zu einer Neuregelung Anlass gibt, wäre insbesondere im Ausschuss 8 (Demokratische Kontrollen) zu behandeln.

 

4. Lösungsansatz

Eine neu formulierte Verfassungsbestimmung sollte die Auskunftspflicht und die Amtsverschwiegenheit zusammenfassend regeln und vom Grundsatz der Auskunfts­pflicht ausgehen. Dabei sollten möglichst jene Begriffe und Wortfolgen verwendet werden, die bisher keine besonderen Auslegungsprobleme verursacht haben. Damit könnte auch in Zukunft bisherige Judikatur der Höchstgerichte weiterhin nutzbar sein. Im Hinblick auf die „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ und die „beruflichen Vertre­tungen“ erscheint eine Adaptierung des Textes erforderlich.

        In Anknüpfung an den funktionellen Organbegriff könnten hoheitliche Verwal­tungsaufgaben auch außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation von der Aus­kunftspflicht erfasst sein, da die entsprechenden Organe funktionell für die jeweilige Gebietskörperschaft tätig werden. Der nichthoheitliche Aufgabenkreis fällt außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation nicht unter den Verwaltungsbegriff und ist von einer verfassungsrechtlichen Auskunftspflicht nicht erfasst. Freilich könnte eine solche einfachgesetzlich statuiert werden.

        Hinsichtlich der gesetzlichen beruflichen Vertretungen besteht im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches kein spezieller Regelungsbedarf, da dieser Aufga­benkreis funktionell der jeweiligen Gebietskörperschaft zugerechnet wird. Eine Ein­schränkung auf die eigenen Mitglieder erscheint in diesem Bereich nicht zweckmäßig. Die Regelung der Auskunftspflicht im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches bedarf keiner verfassungsrechtlichen Grundlegung und könnte im Organisationsgesetz der beruflichen Vertretung festgelegt werden.

5. Textvorschlag

Der folgende Textvorschlag könnte im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen zur allgemeinen Verwaltungsorganisation im Bereich der derzeitigen Art. 19 – 23 angesiedelt sein.

 

Textvorschlag:

 

   (x) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Ver­schwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht (Auskunftspflicht). Eine Pflicht zur Verschwiegen­heit kann für Tatsachen bestehen, deren Geheim­haltung im Interesse

1. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe,
    Ordnung und Sicherheit,

2. der umfassenden Landesverteidigung,

3. der auswärtigen Beziehungen,

sowie zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Näheres regeln die Gesetze. [+ Amtsverschwiegenheit gegenüber all­gemeinen Vertretungskörpern]

 

[derzeitiger Art. 20 B-VG]

   (3) [Amtsverschwiegenheit] Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Kör­perschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Ver­schwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehun­gen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körper­schaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Inte­resse der Parteien geboten ist (Amtsverschwie­genheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

   (4) [Auskunftspflicht] Alle mit Aufgaben der Bun­des-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegen­heiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegen­heitspflicht dem nicht entgegensteht; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen je­weils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies in­soweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfül­lung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Die näheren Regelungen sind hinsichtlich der Organe des Bundes sowie der durch die Bun­desgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, hinsichtlich der Organe der Länder und Gemein­den sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in der Grundsatzge­setzgebung Bundessache, in der Ausführungsge­setzgebung und in der Vollziehung Landessache.

 

 

 

Weitere Ausschusstermine

Dienstag, 24. Februar 2004, 9.00 – 12.00 Uhr

Freitag, 27. Februar 2004, 9.00 – 12.00 Uhr

Dienstag, 9. März 2004, 9.00 – 12.00 Uhr