Die Welt wächst zusammen: Wirtschaftsverflechtungen, Umwelt- und Sicherheitsfragen enden nicht mehr an der Staatsgrenze. „Eigenbrötelei“ ist kein wirksames, politisches Rezept mehr. Vielmehr bedarf es einer kritischen Größe, um globale Entwicklungen mitbeeinflussen zu können. Auch deshalb ist der europäische Einigungsprozess von höchster Bedeutung für Österreich. Für unseren Staat stellt sich die Frage, wie er die Herausforderungen der Zukunft bestmöglich meistern wird können.
Österreich hat eine Verfassung, die sich am „Obrigkeitsstaat“ der vergangenen Jahrhunderte orientiert. Wir brauchen daher eine zeitgemäße und flexible Struktur. Diese muss dem Ziel der nachhaltigen Wohlsstandentwicklung gerecht werden. Hauptkriterium für ihren Aufbau muss das Prinzip der Effizienz sein. Dieses besteht aus einer Output- und einer Input-Betrachtung. In Bezug auf den Output müssen die Kriterien der Bürgernähe und der Qualität erfüllt werden. Dem steht auf der Inputseite das Ziel möglichst geringer Kosten gegenüber.
Oberstes Ziel ist also eine effizientere Verfassung, wie dies auch in den Grundsätzen für den Österreichkonvent festgehalten ist. Um dies zu erreichen, sollten folgende Ziele angestrebt werden:
Österreich muss eine klare Europavision und eine daraus abgeleitete Verfassungslage entwickeln. Denn den Herausforderungen in einer zusammenwachsenden Welt (wirtschaftliche Verflechtungen, militärische Bedrohungen, Terror und soziale wie ökologische Probleme) können realistisch nur im Rahmen eines europäischen Verbundes begegnet werden. Österreich hat sich daher eindeutig als Teil der EU und zu ihren Zielen und Prinzipien zu bekennen. In diesem Sinne wird sich Österreich langfristig als Gliedstaat verstehen und seine – so betrachtet „regionalen“ - Anliegen in diesem Rahmen verfolgen müssen.
Um Frieden, Wohlstand, eine intakte Ökologie, Sicherheit und Recht für diese und zukünftige Generationen gemäß den Grundsätzen des Entwurfs für eine Verfassung der europäischen Union nachhaltig zu erreichen, bedarf es weiters der Orientierung an folgenden Kriterien:
In Anbetracht der Verschiebung von rund 70 % der Gesetzgebungs-Kompetenzen an die Europäische Union ist eine Neuorganisation staatlichen Institutionen notwendig:
Bei der Gesetzgebung, muss die Qualität und nicht die Quantität der Normen im Vordergrund stehen. In diesem Sinne ist ein „demokratischer Regelkreis“ einzuführen. „Österreich, der Staat mit der modernsten und effektivsten Gesetzgebung“ sollte dabei die Vision sein. Deshalb sollten Gesetzesvorschläge vom Rechnungshof einer Folgenabschätzung unterzogen werden, um eine wirkliche Kosten/Nutzen-Betrachtung zu ermöglichen. Ergänzend ist eine Balanced-Scorecard für wichtige Gesetze vorzusehen. Die Ziele des Gesetzes sind mit Kennzahlen zu verknüpfen. Nach Ablauf einer Frist kann so die Effektivität geprüft und das Gesetz angepasst werden. Überhaupt ist die Einführung von befristeten Gesetzen („Sunset-Legislation“) zu überlegen. Damit wird eine flexiblere Form der Gesetzgebung geschaffen und die Fiktion überwunden, dass Recht auf unbestimmte Zeit sinnvoll und adäquat ist.
Der Bundesrat muss reformiert werden. Entweder er wird abgeschafft oder im Rahmen des „demokratischen Regelkreises“ als Element des Föderalismus aufgewertet. Allerdings zeigt das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, dass eine zu mächtige Länderkammer zu Ineffizienzen führt (z.B. politische Pattstellungen, Tauschgeschäfte, Bürokratismus etc.).
Die Landtage sollten verstärkt die Kontrolle der Verwaltung übernehmen. In den Landesregierungen hingegen sollte es zu keiner Konzentrationsregierung mehr kommen können, um demokratiepolitisch unerlässliche Oppositionspolitik zu erlauben.
Primäres Ziel muss die Überwindung der unübersichtlichen und komplizierten Kompetenzlage sein. Folgende Kriterien können helfen, eine sinnvolle Neuverteilung zwischen den Gemeinden, den Ländern und dem Bund zu erreichen:
· Orientierung an den EU-Regeln und Sicherstellung einer effizienten Umsetzung von EU-Normen
· Schaffung weniger, großer, inhaltlich zusammenhängender Aufgabenbereiche, die möglichst klar voneinander abgegrenzt sind
· Folgende Kriterien sollen helfen eine sinnvolle Aufteilung der Kompetenzen auf die Gemeinden, die Länder und den Bund zu erleichtern:
o Effizienzprinzip (Bürgernähe, Qualität und geringe Kosten) – ergänzend muss die betreffende Ebene eine ausreichende Objektivität zur Materie besitzen
o Standort- und Transferfaktoren
Transferfaktoren betreffen den wirtschaftlichen Austausch innerhalb Österreichs; darunter sind vor allem die EU-Grundfreiheiten zu verstehen (Arbeitnehmer-, Güter-, Kapital- und Dienstleistungsfreizügigkeit) und sollten von der obersten Ebene wahrgenommen werden, um volkswirtschaftlich negative Effekte zu vermeiden.
Standortfaktoren betreffen regionale Voraussetzungen (z.B. Förderungen, Raumordnung) und sind gemäß dem Effizienz- und dem Subsidiaritätsprinzip von der niedersten, geeigneten Ebene wahrzunehmen.
o Sicherstellung der Kongruenz zwischen Aufgabe und Kompetenz – eventuell Schaffung von „implied powers“, um eine flexible Aufgabenerfüllung sicherzustellen.
o Berücksichtigung klarer Budgetkreise
· Eine klare und flexible Regelung, wie Kompetenz-Probleme gelöst werden bzw. Kompetenz-Veränderungen erfolgen können – auch unter Ermöglichung kooperativer Lösungen
· Ausbau der Möglichkeiten zwischen Bund und Ländern bzw. zwischen Ländern kooperative Lösungen (z.B. bei der Rechtsetzung oder Behörden) zu vereinbaren
· Klärung des Status der Selbstverwaltungskörpern
Diese Kriterien sind aber in Abhängigkeit der Ergebnisse der Arbeitskreise 1, 3 und 6 zu sehen.
Die Verwaltungsreform sollte vom Gedanken getragen werden: „Wer macht was am effizientesten?“. Dabei sollten folgende Eckpunkte beachtet werden:
In diesem Sinne sind Maßnahmen wie die Konzentration der Vollziehung bei den Ländern im Rahmen einer „Landes-Ministerialverwaltung“ (Verantwortung der Landes-Regierungs-Mitglieder je nach Materie gegenüber dem Nationalrat bzw. Landtag) denkbar. Diese könnten von neuen Instrumenten zur Sicherung der Einheitlichkeit begleitet werden. Dafür kommen z.B. „qualifizierte Verordnungen“ durch den zuständigen Bundesminister oder „interpretative Erklärungen“ durch den jeweiligen Ausschuss des Nationalrats in Frage.
Auch die Ermöglichung der Schaffung gemeinsamer Behörden von Bund und Ländern ist sinnvoll.
Auch die Ebene der Verwaltungsprozesse selbst muss verbessert werden. Ziel sollte die Schaffung eines „Verwaltungs-Managements“ sein. Dafür sind mehr Entscheidungs- und Budgetverantwortung („Budgeting statt Kameralistik“) sowie eine deutlich höhere Flexibilität im Bereich des Personals (Reduktion der Pragmatisierung auf manche Kernbereiche) notwendig. Weitere Säulen des Systems sind die Nutzung von Globalbudgets und die Umstellung von einer Input- zu einer Outputsteuerung (z.B. durch Kontraktmanagement).
Entscheidend aber ist, dass nicht nur eine Verbesserung des Ist-Zustandes erreicht wird, sondern ein dynamischer Reformprozess ermöglicht wird. Die Verwaltung soll sich ständig weiterentwickeln und anpassen können. Instrumente wie Controlling (auf der Basis einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung) sowie klare vergleichbare Strukturen für Benchmarking, hohe Transparenz („Bilanz und Rechenschaftsberichte“) sind dafür erforderlich. Ziel sollte ein „institutioneller Lernprozess“ sein.
6.10.2003