Österreich-Konvent Wien,
04.
Juni 2004
Ausschuss 8 Demokratische Mag.
Schebach-Huemer
Kontrolle - Klappe:
899 94
Kontrollrechte der Gemeinden Zahl: 000/1822/03
Herrn
Volksanwalt
Dr. Peter Kostelka
Volksanwaltschaft
Singerstraße 17
1015 Wien
Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Ich beziehe mich
auf dein Schreiben vom 19. November 2003 und übermittle dir gerne, auf
Grundlage deiner Fragestellung, eine Punktation der Vorstellungen und
Forderungen des Österreichischen Städtebundes über die
bundesverfassungsgesetzlich zu regelnde Kontrolle in den Gemeinden:
1.
Bundeseinheitliches Kontrollniveau für die Gemeinden
- Die Gebarungskontrolle der
Gemeinden unter 20.000 Einwohnern soll, um Doppelprüfungen zu vermeiden,
auch in Zukunft nicht dem Rechnungshof unterliegen, sondern weiterhin
durch die Gemeindeaufsichtsbehörden wahrgenommen werden.
- Für Städte und Gemeinden, die
gemäß Art 127a B-VG der Rechnungshofkontrolle unterliegen, sollte aber die
Gebarungskontrolle durch die Gemeindeaufsichtsbehörden entfallen (Änderung
Art 119a Abs. 2 B-VG erforderlich).
2.
Neugestaltung der Kontrollrechte auf Bundesverfassungsebene
- Gemäß Art 118 Abs. 5 B-VG sind der
Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes, des Stadtrates, des
Stadtsenates und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde bei der
Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen
Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich. Welche Kontrollrechte bzw.
Sanktionen dabei Anwendung finden wird durch Landesgesetze
(Gemeindeordnungen, Stadtstatute) genauer geregelt. Vor dem Hintergrund,
dass es Ziel des Verfassungskonvents ist, eine schlanke Bundesverfassung
zu erarbeiten, erachtet es der Österreichische Städtebund für nicht
erforderlich, in der Bundesverfassung die Kontrollrechte im Detail, wie
dies etwa für die Bundesregierung in Art 52 geregelt ist, neu zu
gestalten.
- Sollten die Beratungen im
Ausschuss 8 aber zu dem Ergebnis kommen, dass eine Homogenisierung der
Bestimmungen über die Kontrollrechte erstrebenswert ist, dann könnte nach
Meinung des Österreichischen Städtebundes der Anwendungsbereich des Art 52
B-VG sowohl auf Länder als auch auf Gemeinden ausgedehnt werden.
3. Umfang der
Kontrolle der Gemeinden durch die Aufsichtsbehörden
- Aufgrund der Tatsache, dass im
Rahmen der Verfassungsreform Landesverwaltungsgerichtshöfe eingerichtet
werden erscheint es aus Sicht des Österreichischen Städtebundes
erstrebenswert, wenn in Zukunft die Kontrolle von Bescheiden bzw.
Verordnungen nicht mehr durch die Gemeindeaufsichtsbehörde erfolgt,
sondern ebenfalls durch die Landesverwaltungsgerichtshöfe (Entfall der
Vorstellung gem. Art 119a B-VG).
- Damit verbunden müsste aber den
Gemeinden das Recht eingeräumt werden, gegen die Entscheidung der
Landesverwaltungsgerichtshöfe Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen
Rechts erheben zu können, ferner müsste, bei Entfall der zweiten
innergemeindlichen Instanz, das Recht zur Berufungsvorentscheidung nach
AVG so ausgestaltet werden, wie dies derzeit schon im Abgabenverfahren
gegeben ist.
- Gemäß dem Ziel des
Verfassungskonvents, wesentliche Grundlagen für eine moderne Verwaltung zu
schaffen, sollte in Art 119a Abs. 6 B-VG normiert werden, dass durch
Landesgesetze Ausnahmen von der Mitteilungspflicht von im eigenen
Wirkungsbereich erlassenen Verordnungen zulässig sind. Hintergrund dieser
Forderung ist es, dass derzeit Gemeinden alle im eigenen Wirkungsbereich
erlassenen Verordnungen, zB auch jede Verordnung nach § 43 Abs. 2 StVO "Hupen
verboten" oder "Halten verboten", der
Gemeindeaufsichtbehörde mitteilen müssen, was einen enormen
Verwaltungsaufwand darstellt.
- Die darüber hinaus bestehenden
gemeindeaufsichtsbehördlichen Kontrollrechte, wie allgemeine
Rechtmäßigkeitskontrolle (Stichwort amtswegige Aufhebung und
Nichtigerklärung von Bescheiden), Auskunfts- und Inspektionsrechte,
Gebarungskontrolle für Gemeinden unter 20.000 Einwohnern, Auflösung des
Gemeinderates, Ersatzvornahmen und Genehmigungsvorbehalte sollen Aufrecht
bleiben, jedoch die derzeit demonstrative Aufzählung im B-VG in eine
taxative umgestaltet werden.
Mit der Bitte um
entsprechende Berücksichtigung verbleibe ich
mit vorzüglicher Hochachtung
Bürgermeister
Dr.
Michael Häupl e.h.
Präsident