Klaus Poier

Fragenkatalog zur direkten Demokratie

 

I. Bundesebene

 

a. Volksbegehren

 

derzeitige Regelung:

 

Art 41 Abs 2 B-VG:
 
Jeder von 100 000 Stimmberechtigten oder von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder gestellte Antrag (Volksbegehren) ist von der Bundeswahlbehörde dem Nationalrat zur Behandlung vorzulegen. Stimmberechtigt bei Volksbegehren ist, wer am letzten Tag des Eintragungszeitraums das Wahlrecht zum Nationalrat besitzt und in einer Gemeinde des Bundesgebietes den Hauptwohnsitz hat. Das Volksbegehren muss eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen und kann in Form eines Gesetzesantrages gestellt werden.

 

Frage A 1:

Sollen sich Volksbegehren auch in Zukunft auf gesetzlich zu regelnde Angelegenheiten beschränken müssen oder soll es auch eine „Verwaltungsinitiative“ geben?

Frage A 2:

Soll das Stimmalter gesenkt werden? (zum Beispiel 16 Jahre)

Frage A 3:

Sollen auch die Einleitungsbedingungen in der Verfassung verankert werden? Wenn ja, welche? (Derzeit sieht das Volksbegehrengesetz die Unterstützung durch 1 Promille der Wohnbevölkerung vor.).

Frage A 4:

Sollen die nötigen Quoren zur Behandlung des Volksbegehrens verändert werden? (derzeit: 100.000 Unterstützungen oder je ein Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder)

Frage A 5:

Sollen Volksbegehren, die eine gewisse Schwelle überschreiten, bei Nichtumsetzung automatisch in eine Volksabstimmung münden?

Frage A 6:

Sollen Volksbegehren, sofern sie nicht rechtzeitig abschließend behandelt werden, auch nach Ende einer Legislaturperiode weiter Geltung haben?

Frage A 7:

Sollen Briefwahl und/oder E-Voting bei Volksbegehren möglich gemacht werden?

 

b. Volksbefragung

 

derzeitige Regelung:

 

Art 49b B-VG:
 
(1) Eine Volksbefragung über eine Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung, zu deren Regelung der Bundesgesetzgeber zuständig ist, hat stattzufinden, sofern der Nationalrat dies auf Grund eines Antrages seiner Mitglieder oder der Bundesregierung nach Vorberatung im Hauptausschuss beschließt. Wahlen sowie Angelegenheiten, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat, können nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein.
 
(2) Ein Antrag gemäß Abs. 1 hat einen Vorschlag für die der Volksbefragung zugrunde zu legende Fragestellung zu enthalten. Diese hat entweder aus einer mit ,,ja“ oder ,,nein“ zu beantwortenden Frage oder aus zwei alternativen Lösungsvorschlägen zu bestehen.
 
(3) Volksbefragungen sind unter sinngemäßer Anwendung von Art. 45 und 46 durchzuführen. Stimmberechtigt bei Volksbefragungen ist, wer am Befragungstag das Wahlrecht zum Nationalrat besitzt und in einer Gemeinde des Bundesgebietes den Hauptwohnsitz hat. Die Bundeswahlbehörde hat das Ergebnis einer Volksbefragung dem Nationalrat sowie der Bundesregierung vorzulegen.

 

Frage B 1:   Sollen sich Volksbefragungen auch in Zukunft auf gesetzlich zu regelnde Angele-genheiten, die von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung sind, beschränken müssen? Oder soll es etwa auch eine Volksbefragung in Verwaltungsangelegenheiten geben? Oder bei Angelegenheiten von bloß regionaler Bedeutung?

Frage B 2:   Soll das Stimmalter gesenkt werden? (zum Beispiel 16 Jahre)

Frage B 3:   Sollen Volksbefragungen nur vom Nationalrat eingeleitet werden können oder soll dies auch bei einer gewissen Anzahl an Bürgerunterstützungen möglich sein?

Frage B 4:   Soll der Bundesrat Volksbefragungen einleiten können?

Frage B 5:   Sollen Volksbefragungen ein parlamentarisches Minderheitsrecht werden?

Frage B 6:   Sollen Briefwahl und/oder E-Voting bei Volksbefragungen möglich gemacht werden?

 

 

 

 

 

c. Volksabstimmung

 

derzeitige Regelung:

 

Art 43 B-VG:
 
Einer Volksabstimmung ist jeder Gesetzesbeschluss des Nationalrates nach Beendigung des Verfahrens gemäß Art. 42, jedoch vor seiner Beurkundung durch den Bundespräsidenten, zu unterziehen, wenn der Nationalrat es beschließt oder die Mehrheit der Mitglieder des Nationalrates es verlangt.

 

Art 44 Abs 3 B-VG:
 
Jede Gesamtänderung der Bundesverfassung, eine Teiländerung aber nur, wenn dies von einem Drittel der Mitglieder des Nationalrates oder des Bundesrates verlangt wird, ist nach Beendigung des Verfahrens gemäß Art. 42, jedoch vor der Beurkundung durch den Bundespräsidenten, einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen.

 

Art 45 B-VG:
 
(1) In der Volksabstimmung entscheidet die unbedingte Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen.

 

(2) Das Ergebnis der Volksabstimmung ist amtlich zu verlautbaren.

 

Art 46 Abs 1 B-VG: 
 
Das Verfahren für das Volksbegehren und die Volksabstimmung wird durch Bundesgesetz geregelt.

 

Frage C 1:   Soll die obligatorische Volksabstimmung bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung bestehen bleiben?

Frage C 2:   Soll auch in anderen Fällen als bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung eine obligatorische Volksabstimmung vorgesehen werden? Zum Beispiel bei: Ratifizierung (bestimmter Kategorien) völkerrechtlicher Verträge, bei (bestimmten Kategorien von) Verwaltungsakten, bei allen teiländernden Verfassungsänderungen, bei Vorhaben, die hohe Kosten verursachen (Finanzreferendum)?
Frage C 3:   Sollen (Verfassungs-)Gesetze, an denen das Volk mit Volksabstimmung mitgewirkt hat, erhöhte Bestandskraft genießen? Etwa wiederum nur durch Volksabstimmung geändert oder aufgehoben werden können?

Frage C 4:   Soll der Verfassungsgerichtshof ein Vorabprüfungsrecht bekommen, ob eine Gesamtänderung vorliegt? (Derzeit obliegt dies dem Bundespräsidenten, der Verfassungsgerichtshof entscheidet aber faktisch tatsächlich im Nachhinein.)

 

Frage C 5:   Sollen die nötigen Quoren zur Durchführung einer Volksabstimmung verändert werden? Sollen weniger als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates eine Volksabstimmung bei Verfassungsänderungen verlangen können? Sollen weniger als die Hälfte der Mitglieder des Nationalrates eine Volksabstimmung bei einfachen Gesetzen verlangen können?

Frage C 6:   Soll der Bundesrat bei einfachen Gesetzen die Durchführung einer Volksabstimmung verlangen können?

Frage C 7:   Soll eine gewisse Anzahl an Ländern eine Volksabstimmung verlangen können?

Frage C 8:   Soll eine Volksabstimmung notwendig sein, wenn diese eine gewisse Anzahl an Bürgern verlangt (Vetoreferendum)?

Frage C 9:   Soll das Stimmalter gesenkt werden? (zum Beispiel 16 Jahre)

Frage C 10: Sollen Briefwahl und/oder E-Voting bei Volksabstimmungen möglich gemacht werden?

 

 

d. Petition und Bürgerinitiativen

 

derzeitige Regelung:

 

Art. 11 StGG

 

(1) Das Petitionsrecht steht Jedermann zu.

 

(2) Petitionen unter einem Gesamtnamen dürfen nur von gesetzlich anerkannten Körperschaften oder Vereinen ausgehen.

 

 

Art 148a Abs 3 B-VG

 

Der Volksanwaltschaft obliegt ferner die Mitwirkung an der Erledigung der an den Nationalrat gerichteten Petitionen und Bürgerinitiativen. Näheres bestimmt das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

 

 

 

 

 

 

§ 100 GOG-NR:

(1) Dem Nationalrat unterbreitete Anliegen sind nur zu verhandeln, wenn sie schriftlich vorgelegt werden, sich auf eine Angelegenheit beziehen, die in Gesetzgebung oder Vollziehung Bundessache ist, und
  1. als Petitionen von einem Mitglied des Nationalrates überreicht
     oder
  2. als Bürgerinitiativen von mindestens 500 österreichischen Staatsbürgern, die im Zeitpunkt der Unterstützung das 19. Lebensjahr vollendet haben, unterstützt worden sind.

(…)

 

§ 25 GO-BR

 

(1) Eingaben (Petitionen) an den Bundesrat können nur dann einen Gegenstand der Verhandlung bilden, wenn sie von einem Bundesrat überreicht werden. Sie werden in der Regel weder verlesen noch in Druck gelegt, doch sind sie in der Parlamentsdirektion zur Einsicht für alle Bundesräte aufzulegen.

 

(2) Der Präsident weist Eingaben, die von einem Bundesrat überreicht wurden, je nach ihrem Inhalt den Ausschüssen zu, die zur Vorberatung verwandter Gegenstände eingesetzt sind.

 

(3) Eingaben, über die die Ausschüsse innerhalb von sechs Monaten nach Zuweisung keinen Bericht erstatten, sind vom Präsidenten an das jeweils zuständige Mitglied der Bundesregierung zur geeignet erscheinenden Veranlassung weiterzuleiten.

 

Frage D 1:   Sollen Bürgerinitiativen auch in der Bundesverfassung verankert werden? Wenn ja, soll die Regelung gleich gestaltet sein? Soll etwa das Stimmalter bei Bürgerinitiativen gesenkt werden?

Frage D 2:   Sollen andere Ausformungen des Petitionsrechts in die Verfassung Eingang finden? Insbesondere hinsichtlich von Petitionen an Organe der Vollziehung?

Frage D 3:   Sollen Briefwahl und/oder E-Voting bei Bürgerinitiativen möglich gemacht werden?

 

e. Sonstige Instrumente

 

Frage E 1:   Soll das Recht auf Begutachtung von Gesetzesvorschlägen durch Bürger in der Verfassung verankert werden?

 

 

Frage E 2:   Soll die Möglichkeit eines „Recall“ bei direkt gewählten (also insbesondere beim Bundespräsidenten) oder gar auch bei anderen Amtsträgern in der Verfassung vorgesehen werden?

Frage E 3:   Sollen die Bürger das Recht haben, bei einer bestimmten Anzahl an Unterstützungen die Auflösung des Nationalrats verlangen zu können (zum Beispiel: Einleitung mit Unterschriften, dann Volksabstimmung)?

 

II. Landes- und Gemeindeebene

 

derzeitige Regelung:

 
Art 117 Abs 8:
 
In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann der Landesgesetzgeber die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorsehen.

 

 

 

Für die Landesebene gilt grundsätzlich die Landesverfassungsautonomie. Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 16.241/2001 ausgesprochen, dass das repräsentativ-demokratische Grundprinzip der Bundesverfassung keine landesverfassungsgesetzlichen Regelungen zulässt, die über die im B-VG für die Bundesebene vorhergesehenen direkt-demokratischen Einrichtungen prinzipiell hinausgehen. Insbesondere hat er ein Volksbegehren mit anschließend zwingender bindender Volksabstimmung (Vorarlberg) als verfassungswidrig angesehen.

 

 

Frage F 1:   Soll die Landesverfassungsautonomie ausgedehnt werden, sodass auch weitergehende Instrumente der direkten Demokratie zulässig sind?

Frage F 2:   Soll ein Mindeststandard an direkter Demokratie in den Ländern und Gemeinden in der Bundesverfassung verankert werden?

 

(Unterlagen mit einem Rechtsvergleich im Bereich direkter Demokratie liegen im Rohentwurf vor. Sie werden in der kommenden Woche nachgereicht.)