Österreich-Konvent
Positionspapier
des Bundesministeriums für Finanzen für den Ausschuss 10 ‑
Finanzverfassung
A) Allgemeines
Wenngleich sich die Finanzverfassung aufgrund
ihrer weit gehenden Beschränkung auf die Grundzüge bisher als taugliche Basis
für die Regelung der Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften erwiesen
hat, kann sie auf die neuen Herausforderungen, die sich durch die Einbindung
Österreichs in ein europäisches System von Stabilitäts- und Berichtspflichten
ergeben, keine ausreichenden Antworten geben. Gerade im Zusammenhang mit dem
Bestreben, den Konnexitätsgrundsatz und die Einnahmenverantwortung der Länder
zu stärken, bedarf es zur Unterstützung der finanzpolitischen Stabilität
Österreichs geeigneter Instrumente und Vorgaben für eine Koordinierung der
Haushaltspolitik, einschließlich eines adäquaten Informationsaustausches und
Möglichkeiten für Schuldenbremsen der Gebietskörperschaften. Diesen neuen
Herausforderungen wurde zwar teilweise durch den Österreichischen
Stabilitätspakt Rechnung getragen, allgemeine und unbefristete
verfassungsrechtliche Grundlagen fehlen aber weiterhin.
1. Grundsätzliches zum Inhalt, zum Aufbau
und zur Gesetzestechnik der Finanzverfassung
Die Verfassung eines Staates hat die
grundsätzlichen "Spielregeln" vorzugeben. Auch jener Teil davon, der
die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften betrifft, soll
sich daher auf generelle und abstrakte Regelungen beschränken, die es dem
Finanzausgleichsgesetzgeber ermöglichen, flexibel auf Veränderungen, etwa auf
geänderte Aufgabenverteilungen, zu reagieren. Die Finanzverfassung hat daher
die Grundsätze im Bereich der Kostentragung sowie der Einnahmenbeschaffung und
–verteilung festzulegen. Die Ausführung sollte aber – wie bisher – dem
einfachen Bundesgesetzgeber und dem einfachen Landesgesetzgeber (bzw. auf
Gemeindeebene auch dem Verordnungsgeber) überlassen werden.
So hat sich zum Beispiel das System, die
Abgabentypen im F-VG festzulegen und die Kompetenzkompetenz für die Verteilung
der Ertragshoheit dem einfachen Bundesgesetzgeber und dem einfachen
Landesgesetzgeber zu überlassen, bewährt. Wo einzelne Details jetzt im F-VG
geregelt werden, weil Ausnahmen von der grundsätzlichen Kompetenzverteilung für
notwendig erachtet wurden (z.B. Kompetenzverteilung bei der Kommunalsteuer),
sollte angestrebt werden, diese unsystematischen Detailbestimmungen durch
allgemein gültige Regelungen zu ersetzen.
Das Ziel, widersprüchliche bzw. verstreute
Finanzverfassungsbestimmungen legistisch zu bereinigen, wird begrüßt. Da die
bisherige Judikatur des VfGH schon zahlreiche Klarstellungen über die
eigentliche Bedeutung der einzelnen Bestimmungen im F-VG getroffen hat, kann
sich die legistische Bereinigung des Finanzverfassungsgesetzes weitgehend auf
ein Nachvollziehen der VfGH-Judikatur beschränken. Die sonder-finanzverfassungsrechtlichen
Bestimmungen in einzelnen Finanzausgleichsgesetzen (z.B. zur Landesumlage)
sollten jedenfalls in die Finanzverfassung übernommen werden. Eine Neuordnung
der Finanzverfassung sollte auch dafür genutzt werden, eindeutige Aussagen zu
treffen, ob bzw. welche Bestimmungen der Finanzverfassung auch auf die Gemeindeverbände
anzuwenden sind.
Auch im Bereich der Kostentragung und des
Haushaltsrechts wurden in den letzten Jahren spezielle Regelungen herausgebildet,
die die allgemeinen Regeln der Finanzverfassung ergänzen: Die Vereinbarung über
einen Konsultationsmechanismus und der Österreichische Stabilitätspakt
enthalten Bestimmungen, die – teilweise in der Vereinbarung, teilweise durch
die Ermächtigung im Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des
Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes
("Ermächtigungs-BVG") – Ausnahmen vom F-VG enthalten. Diese
Vereinbarungen haben sich grundsätzlich bewährt, den Informationsfluss zwischen
den Gebietskörperschaften intensiviert und das Verständnis für eine
gesamtstaatliche Verantwortung aller Gebietskörperschaften verstärkt.
Die Frage nach der juristischen Vorgangsweise
bei derartigen Bestimmungen im Verfassungsrang wird vom Ausschuss 2 zu
beantworten sein. Davon unabhängig sollten die grundsätzlichen Ziele des
"Ermächtigungs-BVG" sowie der beiden Vereinbarungen
(Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt) in die Finanzverfassung selbst
integriert werden.
2. Grundsätzliches
zu den Zielsetzungen einer Finanzverfassung
Das F-VG enthält in seinem § 4 allgemeine
inhaltliche Anforderungen an die Finanzausgleichsgesetzgeber, die dem
Gesetzgeber einerseits ausreichend Spielraum geben, andererseits – insbesondere
in Zusammenhang mit der Judikatur des VfGH zu dieser Bestimmung – einen
hinreichenden Bezug zwischen den Finanzausgleichsgesetzen und den Aufgaben der
einzelnen Gebietskörperschaften gewährleisten. Eine Änderung des in § 4
enthaltenen Bezugs auf einen lastenadäquaten Finanzausgleich sowie die
Verpflichtung, auf die Leistungsfähigkeit der einzelnen Gebietskörperschaften
bedacht zu nehmen, erscheint somit nicht notwendig.
Hingegen erscheint eine Ergänzung dieser
Zielsetzung dahingehend, dass die Finanzausgleichsgesetzgeber sich (auch) am
Prinzip gleichwertiger Lebensverhältnisse zu orientieren haben, ebenso
diskussionswürdig wie die Aufnahme eines Ziels der Zusammenführung von
Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Die mangelnden Kompetenzen der
Länder für die Finanzierung ihrer eigenen Aufgaben und Ausgaben sind als
Defizite des österreichischen Finanzausgleichssystems anzusehen, die nicht nur
aus finanzpolitischer, sondern auch aus demokratie- und
föderalismuspolitischer Sicht problematisch sind.
Vorschläge für neue Zielbestimmungen oder
Vorgaben für den Bereich der Mittelverteilung sollen allerdings nicht dazu
führen, dass finanzausgleichsrechtliche Vorstellungen, die in
Finanzausgleichsverhandlungen bisher nicht konsensfähig wären, über den Umweg
einer Verfassungsänderung durchgesetzt werden. Die bereits dargestellte
Rollenverteilung zwischen Finanzverfassung und Finanzausgleichsgesetzgeber ist
ebenso einzuhalten wie Abgrenzung zwischen Finanzverfassung und Haushaltsrecht.
Letzteres führt zur Erkenntnis, dass Zielsetzungen des Haushaltsrechts und
Regelungen über ein Globalbudget nicht Thema der Finanzverfassung sind.
3. Grundsätzliches
zum Gesetzgebungsverfahren
Wenngleich Finanzausgleichsgesetze keinen
besonderen formalen Rechtserzeugungsnormen unterliegen, kommt ihnen insofern
eine Sonderstellung zu, als nach der Judikatur des VfGH zu § 4 F-VG ein
sachgerechtes System des Finanzausgleiches schon im Vorfeld der Gesetzgebung
eine Kooperation in Form von Beratungen zwischen den Gebietskörperschaften
voraussetzt.
Diese Rechtslage bietet einerseits Garantien
für einen sachgerechten Finanzausgleich, andererseits lässt es dem Gesetzgeber
den notwendigen Gestaltungsspielraum. Diese Konstellation kann als bewährt
angesehen werden, besondere formale Rechtserzeugungsregeln für
Finanzausgleichsgesetze sind daher nicht erforderlich.
Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen
Bundes- und Landesgesetzgeber zur Regelung der finanziellen Beziehungen zu den
Gemeinden ist unsystematisch und besteht aus einem Nebeneinander von Elementen
des zweigliedrigen und des dreigliedrigen Finanzausgleich, zum Teil auch aus
parallelen Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes und der Länder. In der
Finanzausgleichspraxis führt dies zu einer Überlagerung von bundes- und
landesgesetzlichen Bestimmungen, bei der Maßnahmen des einen Gesetzgebers
durch Maßnahmen des anderen konterkariert werden können. Die Beschränkung des
Bundesgesetzgebers auf die Regelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und
Land inkl. der Gemeinden dieses Landes einerseits und eine umfassende Kompetenz
des Landesgesetzgebers für die Regelung der Finanzbeziehung zwischen Land und
den Gemeinden andererseits würde zu eindeutigen Verantwortlichkeiten beitragen
und zugleich zu einer Reduzierung der Komplexität des Finanzausgleiches führen.
Die in § 9 F-VG vorgesehenen besonderen
Mitwirkungsrechte des Bundes an der Abgabengesetzgebung der Länder haben sich
in der Praxis bewährt. Abgesehen von wenigen Einsprüchen, die ausschließlich
mit Eingriffen in Kompetenzen des Bundes begründet wurden, hat die
Bundesregierung ihr Einspruchsrecht nur dort angewendet und wurde der
gemeinsame Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates – in den letzten
Jahrzehnten nur ein einziges Mal – nur dort befasst, wo landesgesetzlich
versucht wurde, durch spezielle steuerrechtliche Konstruktionen entweder direkt
oder indirekt den Bund oder die Bürger anderer Bundesländer zu belasten.
Die bisherige Regelung erscheint daher
weiterhin sinnvoll und unverzichtbar.
B) Kostentragung
Der in § 2 F-VG enthaltene Grundsatz der
eigenen Kostentragung (Konnexitätsgrundsatz) ist beizubehalten und zu stärken.
§ 2 F-VG verweist zusätzlich zur Regelung
abweichender Kostentragungsbestimmungen auf den zuständigen Gesetzgeber. Zwei
Aspekte sind dabei zu beachten:
1. Der Gesetzgeber ist
ermächtigt, im Einzelfall Ausnahmen vom Grundsatz der eigenen Kostentragung
vorzusehen.
Solche
Ausnahmeregelungen konterkarieren die Vorzüge, die der Konnexitätsgrundsatz
bietet. Zum einen wurde in den letzten Jahren die Möglichkeit der zuständigen
Gesetzgebung, Kosten auf andere Gebietskörperschaften abzuwälzen, bereits
durch die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus abgeschwächt. Zum
anderen ermöglichen auch Zweckzuschüsse und Finanzzuweisungen, bei Bedarf eine
Gebietskörperschaft bei der finanziellen Bewältigung einer Aufgabe zu
unterstützen. Lediglich dort, wo es um Aufgaben geht, die sinnvollerweise nur
gemeinsam erfüllt werden können bzw. im Interesse nicht nur einer
Gebietskörperschaft stehen, ist die Möglichkeit einer vom Konnexitätsgrundsatz
abweichenden Vereinbarung über die Kostentragung zu bejahen.
Es sollten daher
abweichende Kostentragungsregelungen weitgehend vermieden und klare Vorgaben
dafür vorgesehen werden, wann ein Gesetzgeber abweichende Kostentragungen
normieren kann.
2. § 2 F-VG verbietet
der Vollziehung, ohne gesetzliche Regelung mit privatrechtlichen Vereinbarungen
vom Konnexitätsgrundsatz abzuweichen.
Dieser zweite
Aspekt ergibt sich aus einer jüngeren Judikatur des OGH, in der Verträge
zwischen Gebietskörperschaften über abweichende Kostentragungsregelungen als
nichtig im Sinne des § 879 ABGB betrachtet wurden. Da es dazu allerdings
nur vereinzelte Erkenntnisse gibt, ist der genaue Anwendungsbereich dieses
Verbotes in einigen Bereichen unklar. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit
sollte eine klare Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes- und des
Landesgesetzgebers und der Vollziehung in die Finanzverfassung aufgenommen
werden.
C) Abgabenwesen
Das F-VG enthält derzeit keine Definition des
Begriffes "Abgabe", allerdings sind darunter gemäß der ständigen
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nur Geldleistungen zu verstehen, die
der Bund, die Länder oder Gemeinden kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres
Finanzbedarfes erheben.
Diese von der Judikatur herausgearbeitete
Begriffsdefinition könnte unverändert in das F-VG übernommen werden, eine
Einschränkung oder Ausweitung des Abgabenbegriffes und damit des
Regelungsgegenstands der Finanzverfassung ist nicht erforderlich. Ebenso kann
die von der Finanzwissenschaft vorgenommene Unterscheidung in Steuern, Beiträge
und Gebühren für die Finanzverfassung als entbehrlich angesehen werden, d.h.,
dass diese unterschiedlichen Arten von Abgaben verfassungsrechtlich – das
heißt vor allem kompetenzrechtlich – weiterhin gleich behandelt werden sollten.
Auch die grundsätzliche Konzeption des F-VG
bei der Verteilung der Ertragshoheit, Abgabenhoheit und Verwaltungshoheit hat
sich im Wesentlichen bewährt und sollte daher beibehalten werden:
Die Kompetenz zur Regelung der Ertragshoheit,
also die Kompetenzkompetenz, ist zwischen dem Bundesgesetzgeber und dem
Landesgesetzgeber geteilt.
Die in § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 F‑VG
enthaltenen Grundsätze sind allerdings durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen durchbrochen
(§ 7 Abs. 3 und 4 F‑VG). Bei allen wichtigen Landes- und Gemeindeabgaben
besteht die Möglichkeit für den Bundesgesetzgeber, sich die Regelung und
Verwaltung vorzubehalten. Diese Ausnahmen sowie der Umstand, dass der
Finanzausgleichsgesetzgeber im Einvernehmen mit den Ländern und Gemeinden davon
regelmäßig Gebrauch macht, zeigen ein breites Bedürfnis, die kompetenzrechtliche
Möglichkeit für den Bundesgesetzgeber vorzusehen, auch bei Landes- und
Gemeindeabgaben einheitliche Bestimmungen oder Grundsätze vorzusehen.
Diese völlig unsystematischen, teils bei
bestimmten Anlassfällen entstandenen und aufgrund ihres Umfangs schon als
Normalfall zu bezeichnenden Ausnahmebestimmungen sollten in ein systematisches,
allgemein gültiges Konzept eingebunden werden, mit dem geregelt wird, unter
welchen materiellen und – allenfalls auch nur – formalen Voraussetzungen dem
Bundesgesetzgeber hinsichtlich der Landes- und Gemeindeabgaben (Grundsatz‑)Bestimmungen
erlassen kann.
Das Steuererfindungsrecht der Länder kann vom
Landesgesetzgeber nur in geringem Umfang genützt werden, weil die wesentlichen
Besteuerungstatbestände bereits finanzausgleichsrechtlich zugeordnet sind.
Auch dort, wo das Steuererfindungsrecht zu Tragen kommt, ist die
kompetenzrechtliche Frage, ob gleichartige Bundesabgaben von demselben
Besteuerungsgegenstand bereits bestehen, nur unsicher zu beantworten und
bedarf regelmäßig erst einer Klärung durch den VfGH, was aus Gründen der
Rechtssicherheit unbefriedigend ist, weshalb Alternativen zum derzeitigen
System diskutiert werden sollten.
Neue Abgaben werden in der Praxis unabhängig
von diesen, wie gesagt beschränkten, kompetenzrechtlichen Möglichkeiten von den
Ländern nicht ohne Abstimmung mit dem Bund eingeführt. Die einzigen relevanten
Beispiele für derartigen Abgaben der Länder, für die keine
finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung vorliegt, bilden die Abgaben auf das
Parken von Kraftfahrzeugen. Das Steuererfindungsrecht der Länder kann daher als
quasi totes Recht bezeichnet werden und könnte im Interesse der
Rechtssicherheit somit auch ersatzlos entfallen.
Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zu
betonen, dass die Frage einer im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage
systematischeren Kompetenz des Bundes zur Regelung von materiellem Abgabenrecht
für Landes- und Gemeindeabgaben sowie einer Neuregelung oder Abschaffung des
Steuererfindungsrechts völlig getrennt zu sehen ist von der Frage der Einnahmenverantwortung
der Länder und Gemeinden. Einnahmenverantwortung bedeutet nicht (nur), neue
Abgaben zu erfinden, sondern heißt vor allem, dass Landtag und Gemeinderat
selbst über die Höhe der in ihrem Land bzw. ihrer Gemeinde einzuhebenden
Abgaben zu entscheiden haben und damit die Höhe der Steuerbelastung, soweit sie
aus den Ausgaben dieser Gebietskörperschaft resultieren, gegenüber den Bürgern
selbst zu verantworten haben.
Die Finanzausgleichsgesetze haben bisher den
Großteil der Einnahmenverantwortung dem Bund und den Gemeinden übertragen,
während derartige Kompetenzen der Länder fast zur Gänze fehlen. Die Gründe für
dieses Defizit sind allerdings nicht in der Finanzverfassung zu suchen, sondern
darin, dass der (einfache) Finanzausgleichsgesetzgeber von den
verfassungsrechtlich eingeräumten Möglichkeiten zuwenig Gebrauch macht.
Aufgabe der Finanzverfassung ist es vielmehr,
dem Finanzausgleichsgesetzgeber weiterhin die erforderlichen Instrumente in
größtmöglichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Eine Kompetenz des Bundes zur
Normierung einheitlicher (grundsatzgesetzlicher) materiellrechtlicher Regelungen
bei Landes- und Gemeindeabgaben kann eine Unterstützung dieser Instrumente
sein, weil sie ermöglicht, solche Abgaben der Abgabenhoheit der Länder zu
überlassen, wo – etwa im Interesse eines einheitlichen Wirtschaftsstandortes –
einheitliche Grundsätze gewünscht oder erforderlich sind.
D) Transfers
Zu diskutieren ist, inwieweit die diffizile
Abgrenzung des F-VG zwischen Zuschüssen, Finanzzuweisungen,
Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen notwendig ist. § 13 F‑VG enthält
zwar einige Möglichkeiten für Bundes- und Landesgesetzgeber, die Leistung von
Transfers an Bedingungen zu knüpfen, allerdings beschränkt auf
Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüsse und auch hier nur in einem unmittelbaren
logischen Zusammenhang mit dem Zweck der Transferleistung. Bund und Länder
sollten darüber hinaus die Gewährung von Transfers – insbesondere bei nicht
zweckgebundenen – mit allgemeinen Zielen oder Bedingungen verbinden können.
Das F-VG enthält keine ausdrücklichen
Bestimmungen über die Möglichkeit eines horizontalen Finanzausgleiches zwischen
den Ländern oder Gemeinden untereinander. Ein Ausgleich zwischen
Gebietskörperschaften einer Ebene kann daher nur über den Umweg der
übergeordneten Gebietskörperschaften hergestellt werden (vertikaler
Finanzausgleich). Wünschenswert wäre es, auch finanzausgleichsrechtliche
Zahlungsströme zwischen den Gebietskörperschaften auf gleicher Ebene
vorzusehen. Derartige Instrumente können nicht nur zum Ausgleich zwischen
finanzstarken und finanzschwachen Gebietskörperschaften, sondern etwa auch für
eine verstärkte Zusammenarbeit von Gemeinden untereinander bei der Bewältigung
gemeinsamer Aufgaben (z.B. Betriebsansiedlungen oder von Infrastrukturvorhaben)
eingesetzt werden.
E) Haushaltsrecht
Gemäß Art. 13 Abs. 2 B-VG haben Bund, Länder
und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes anzustreben. Die sich daraus ergebende
Notwendigkeit zur Haushaltskoordinierung wurde durch den Stabilitäts- und
Wachstumspakt der Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiter verstärkt und
wird derzeit im Österreichischen Stabilitätspakt normiert. Die grundsätzlichen
Bestimmungen des Österreichischen Stabilitätspakts sollten in eine neue
Finanzverfassung integriert werden, während die Detailregelungen dem einfachen
Bundesgesetzgeber vorbehalten bleiben sollten. Der diesbezügliche Vorschlag des
Vorsitzenden des Ausschusses 1 wird daher unterstützt. Dieser Vorschlag
lautet:
"Bund, Länder und Gemeinden haben
einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt (Gesamtstaat) über einen
Konjunkturzyklus sicher zu stellen und ihre Haushaltsführung im Hinblick auf
diese Zielsetzung zu koordinieren. Dabei haben Bund, Länder und Gemeinden zu
gewährleisten, dass die für die Haushaltskoordinierung erforderlichen Daten
rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Bundesgesetzgebung regelt die näheren
Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur Erreichung dieser Ziele. Dabei
können insbesondere Verpflichtungen in Bezug auf Haushaltsergebnisse und
Informationspflichten sowie Sanktionen für den Fall der Verletzung dieser
Verpflichtungen vorgesehen werden."
Eine unprofessionelle Verwaltung sowohl von
Schulden als auch von Vermögen kann zu überhöhten Kosten und Verlusten führen.
Größeren Einheiten stehen die für eine sichere und ertragsreiche Verwaltung
notwendigen Ressourcen eher zur Verfügung. Bei einer Häufung bestimmter
Entwicklungen kann ein unkoordiniertes Vermögensmanagement der Gebietskörperschaften
auch volkswirtschaftlich bedenklich werden, wie es etwa bei der Aufnahme von –
nicht professionell verwalteten – Fremdwährungskrediten durch Gemeinden oder
bei überhöhten Zinsen auf der Gemeindeebene der Fall ist.
Eine Koordinierung der Haushalte der
Gebietskörperschaften, die tatsächlich Auswirkungen haben soll, muss letztendlich
Schulden- und Defizitgrenzen vorgeben. Dieser Weg wurde bereits im Österr.
Stabilitätspakt eingeschlagen und ist aufgrund der Verpflichtungen gegenüber
der EU, aber auch aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gründen (Stabilität
und Bonität Österreichs) erforderlich. Zu überlegen ist daher,
finanzverfassungsrechtlich die Möglichkeiten für den Bundes- und
Landesgesetzgeber auszubauen, stärker in die Schulden- und Vermögensverwaltung
eingebunden zu werden, wobei primär Aufsichtsrechte unter dem Blickwinkel der
Unterstützung der nachgeordneten Gebietskörperschaften in Betracht kommen.
Der Bundesminister für Finanzen ist
berechtigt, sich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der
Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanzwirtschaft
einzuholen. Diesem Recht steht allerdings keine unter Sanktionen stehende
Verpflichtung der betroffenen Gebietskörperschaften gegenüber. Diese Bestimmung
bedarf daher einer Ergänzung, die es ermöglicht, dass Konsequenzen für
allfällige Verstöße gegen diese Bestimmung vorgesehen werden.
Bundesministerium
für Finanzen
im Februar 2004