Sehr geehrter Herr Dr. Kostelka !
Aufgrund der Kurzfristigkeit der Einladung und
der Knappheit der mir derzeit außerdienstlich zur Verfügung stehenden Zeit
fallen meine Ausführungen zum Themenbereich „Unvereinbarkeit“ im Moment nur
kursorisch und unausgegoren aus. Ich ersuche Sie deswegen um Verständnis,
möchte Ihnen aber gleichzeitig versichern, dass ich an einer weiteren,
intensiveren Mitarbeit äußerst interessiert bin.
Zur Neugestaltung der wirtschaftlichen
Unvereinbarkeit iSd § 4 UnvG:
- Die Unvereinbarkeitsregeln iSd § 4 UnvG sollten auf eine bestimmte
Zeit (etwa 1-2 Jahre) vor Antritt eines öffentlichen Amtes iSd § 1 Z 1 und
2 UnvG ausgedehnt werden, um zu verhindern, dass Personen, die über
wirtschaftliche und/oder mediale (siehe dazu unten) Macht verfügen, diese
dazu missbrauchen, um in ein öffentliches Amt iSd Art 19 B-VG zu gelangen.
- Die Unvereinbarkeitsregeln iSd § 4 UnvG sollten auch auf Personen
Anwendung finden, die mehrheitlich Eigentümer der in § 4 genannten
juristischen Personen sind oder diese finanziell, wirtschaftlich,
organisatorisch oder de facto beherrschen.
- Die Unvereinbarkeitsregeln iSd § 4 UnvG sollten explizit auch für
Personen gelten, die leitende Stellungen in öffentlich-rechtlichen und
privaten Medienunternehmen innehaben oder deren Mehrheitseigentümer sind
oder diese finanziell, wirtschaftlich, organisatorisch oder de facto
beherrschen.
- Die Unvereinbarkeitsregeln iSd § 4 iVm § 1 UnvG sollten explizit
auch für Vorsitzende der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien
gelten.
Zur Bagatellgrenze iSd § 3 UnvG:
- Auch geringfügige Anteile können Hinweise auf maßgebende Einflüsse
oder de facto-Beherrschungen geben, daher sollte keine Bagatellgrenze
eingeführt werden.
Zur Inkorporierung der
Unvereinbarkeitstatbestände in das B-VG und zur Kompetenzfrage:
- Um die Unvereinbarkeitsregeln sichtbarer zu machen, wäre eine
Verankerung im B-VG zu begrüßen. Eine kompetenzrechtliche „Verländerung“
lehne ich aus Gründen einer wünschenswerten Gleichförmigkeit der Anwendung
der Tatbestände ab.
Zur Regelung der Tätigkeit von
Interessensvertretern:
- Zu überlegen wäre, die Ausübung eines öffentlichen Amtes iSd § 1
UnvG für Personen zu untersagen, die maßgebende Funktionen bei den
Sozialpartnern ausüben.
Mit besten Grüßen,
Hannes Tretter
Wien, 14.12.2003