IMMUNITÄT VON STAATSOBERHÄUPTERN
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Art. 46 Abs. 2 bis 4 und 61 des Grundgesetzes
der Bundesrepublik Deutschland)
In der BRD genießt der Bundespräsident
grundsätzlich die Immunität von Abgeordneten, die unserer
"außerberuflichen Immunität" entspricht. Er besitzt jedoch nicht die
unserer beruflichen Immunität entsprechende "Indemnität" (Art. 46
Abs. 1). Demzufolge darf er wegen einer strafgesetzlich relevanten Handlung nur
zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, wenn der Bundestag dies
genehmigt (ausgenommen bei Ergreifung auf frischer Tat oder am Tage danach).
Der Genehmigung des Bundestages bedürfen auch alle sonstigen Freiheitsentzüge
sowie die Einleitung von Verfahren, in denen der Missbrauch von Grundrechten
(zB Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse) "zum Kampfe gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung" behauptet wird (Art. 18).
Darüber hinaus können sowohl der Bundestag
wie auch der Bundesrat den Bundespräsidenten wegen "vorsätzlicher
Verletzung des Grundgesetzes" oder eines anderen Bundesgesetzes vor dem
Bundesverfassungsgericht als Staatsgerichtshof anklagen. Antragsberechtigt sind
jeweils ein Viertel der Mitglieder des Bundestages oder des Bundesrates. Zur
Beschlussfassung ist im jeweiligen Vertretungskörper eine Zwei-Drittel-Mehrheit
erforderlich. Im Falle eines Schuldspruches kann das Bundesverfassungsgericht
lediglich auf Amtsverlust erkennen.
Der deutsche Bundespräsident genießt demnach die (außerberufliche)
Immunität von Abgeordneten, nicht aber die berufliche. Er besitzt somit einen
Schutz vor Verhaftung; auch ein Strafverfahren gegen ihn bedarf der vorherigen
Zustimmung des Bundestages. Zivilgerichtliche und verwaltungsbehördliche
Verfahren sind von der Immunität jedoch nicht berührt. Darüber hinaus kann eine
der beiden Kammern auch die Initiative zur Anklage des Bundespräsidenten vor
dem Bundesverfassungsgericht als "Staatsgerichtshof" ergreifen.
FINNLAND (§ 113 des Finnischen Grundgesetzes)
Sowohl der Justizkanzler wie auch der
Justiz-Ombudsmann oder die Staatsregierung können dem Reichstag mitteilen, dass
sich der Präsident des Landes-, des Hochverrates- oder der Verletzung der
Menschenrechte schuldig gemacht hat. Beschließt der Reichstag daraufhin mit
Vier-Fünftel-Mehrheit, dass eine Anklage erhoben wird, so ist diese vom Reichsstaatsanwalt
vor dem Reichsgerichtshof zu vertreten. Das Amt des Präsidenten ruht bis zum
Urteil des Reichsgerichtshofes. In allen anderen Fällen darf keine
(strafrechtliche) Anklage gegen den Präsidenten wegen einer Amtshandlung
erhoben werden.
Die finnische Verfassung reduziert demnach die "strafrechtliche
Verantwortung des Präsidenten" im Zusammenhang mit Amtshandlungen auf die
genannten Delikte. Sonstige gerichtliche oder behördliche Verfahren gegen den
Präsidenten erfahren jedoch durch die Verfassung keine Einschränkung.
FRANKREICH (Art. 68
der Verfassung der Republik Frankreich)
Für "in Ausübung seines Amtes
vorgenommene Handlungen" ist der Präsident der Republik "nur im Falle
des Hochverrates verantwortlich". Die Anklage bedarf eines
übereinstimmenden Beschlusses beider Kammern (Nationalversammlung und Senat),
die in öffentlicher Sitzung jeweils mit absoluter Mehrheit gefasst werden
müssen. Die Entscheidung obliegt dem "hohen Gerichtshof", der aus
gleich viel Mitgliedern der beiden Vertretungskörper besteht; sie werden von
den Vertretungskörpern für die Dauer der Legislaturperiode gewählt.
Für den französischen Präsidenten besteht demnach für die in Ausübung
seines Amtes vorgenommenen Handlungen eine absolute Immunität, die lediglich im
Falle der beschriebenen Anklage wegen Hochverrates durchbrochen werden kann;
sonstige Immunitäten gegenüber gerichtlichen und behördlichen Verfahren, die
sich auf Handlungen außerhalb seiner Amtstätigkeit beziehen, bestehen jedoch
nicht.
GRIECHENLAND (Art. 49 der Verfassung der Republik Griechenland)
Der Präsident der Republik genießt grundsätzlich für alle "während
der Ausübung seines Amtes vorgenommenen Handlungen" – mit Ausnahme
des Hochverrates – grundsätzlich Immunität. Für die in Ausübung seines
Amtes gesetzten Handlungen bleibt diese auch nach Amtsniederlegung aufrecht.
Für Handlungen, "die nicht in Ausübung seines Amtes" erfolgt sind,
endet die Immunität jedoch mit Beendigung der Amtszeit. Die Anklage wegen
Hochverrates muss von einem Drittel der Parlamentsmitglieder beantragt werden
und bedarf eines Beschlusses mit Zwei-Drittel-Mehrheit. Ab diesem Beschluss
"enthält sich der Präsident ... der Ausübung seines Amtes". Er wird
bis zum Urteil vom Parlamentspräsidenten vertreten. Das Urteil obliegt einem im
jeweiligen Einzelfall einzusetzenden Sondergerichtshof, der aus 12 Mitgliedern
besteht. Sie werden durch Los aus dem Kreise der Mitglieder des Obersten
Gerichtshofes (Areopag) und der Präsidenten der Berufungsgerichte bestimmt.
Der griechische Präsident besitzt somit hinsichtlich der in Ausübung
seines Amtes gesetzten Handlungen eine absolute Immunität; hinsichtlich jener
Handlungen, die er während der Amtsausübung darüber hinaus setzt, eine bis zum
Ende der Amtsausübung.
ITALIEN (Art. 90 der Verfassung der Republik Italien)
Der Präsident der Republik Italien ist mit Ausnahme des Hochverrats
oder eines Angriffes auf die Verfassung "für die in Ausübung seiner
Amtsaufgaben vollzogenen Handlungen nicht verantwortlich". In den genannten
beiden Fällen bedarf eine Anklage des Präsidenten eines Beschlusses der
Abgeordnetenkammer und des Senates in gemeinsamer Sitzung, der mit absoluter
Mehrheit zu fassen ist.
Dem italienischen Präsidenten kommt – mit Ausnahme des
"Hochverrates oder eines Angriffes auf die Verfassung" – für
alle "in Ausübung seiner Amtsaufgaben vollzogenen Handlungen"
absolute Immunität zu; diese Immunität endet auch nicht mit Amtsniederlegung.
Darüber hinausreichende Immunitätsrechte, insbesondere hinsichtlich Gerichts-
und Verwaltungsverfahren wegen "privater Handlungen" bestehen
hingegen nicht.
IRLAND (Art. 12 der Verfassung der Republik Irland)
Der Präsident in Irland kann "wegen festgestellter
Pflichtwidrigkeit unter Anklage gestellt werden". Diese Anklage bedarf
vorerst eines Beschlusses einer der beiden Kammern (Abgeordnetenhaus und
Senat), der von mindestens 30 Mitgliedern gestellt werden muss. Zur
Beschlussfassung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Kommt diese in
einer der beiden Kammern zu Stande, so hat das andere Haus "die Klage
(neuerlich) zu untersuchen" und kann dem Gerichtsverfahren zuzustimmen.
Wird die Klage von dem als erste tätig gewordene Kammer mit der Begründung
versehen, dass die den Gegenstand der Klage bildende Pflichtwidrigkeit die
sofortige Unfähigkeit zur weiteren Ausübung des Amtes bedingt, so bewirkt von
beiden Häusern beschlossene Anklage "die Amtsenthebung des
Präsidenten".
Die Möglichkeit zur Anklage bezieht sich lediglich auf
"Pflichtwidrigkeiten". Sie ist somit auf Handlungen in Ausübung der
Funktion beschränkt, umfasst aber sowohl straf- wie auch zivilrechtliche- und
Verwaltungsverfahren. Darüber hinausreichende Immunitätsrechte, insbesondere
hinsichtlich "privater Handlungen" bestehen nicht.
PORTUGAL (Art. 130 der Fassung der Republik Portugal)
Der Präsident der Republik kann für die
"in Wahrnehmung seiner Aufgaben begangenen Straftaten ... vom Obersten
Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen" werden. Die Initiative hiezu obliegt
dem Parlament (Ein-Kammern-System), indem ein entsprechender Antrag eines
Fünftels der Abgeordneten bedarf. Der Beschluss auf Erhebung einer Anklage ist
mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu fassen. Die Verurteilung führt zum "Verlust
des Amtes und der Wiederwählbarkeit". Für nicht mit der Wahrnehmung seiner
Aufgaben im Zusammenhang stehenden Straftaten wird er nach Ablauf seiner
Amtszeit von den ordentlichen Gerichten zur Rechenschaft gezogen. Die
Immunitätsrechte beziehen sich somit ausschließlich auf das Strafrecht.
"Amtsdelikte" bedürfen einer entsprechenden Parlamentsbeschlussfassung.
Strafbare Handlungen, die nicht im
Zusammenhang mit der Amtsführung stehen, dürfen für die Dauer der Amtsführung
jedoch nicht verfolgt werden. Nach Amtsniederlegung sind zur Verfolgung jedoch
die ordentlichen Gerichte zuständig (ausdrückliche Regelung in Art. 130 Abs.
4).
Der portugiesische Präsident besitzt demnach eine sich ausschließlich
auf das Strafrecht beziehende Teilimmunität. Die Anklage wegen Delikten im
Zusammenhang mit seiner Amtsführung können lediglich vom Parlament beantragt
werden und dies auch während seiner Amtszeit. Strafverfahren wegen
"privater Handlungen" werden hingegen für die Dauer der Amtszeit
gehemmt, danach jedoch von den ordentlichen Gerichten verfolgt. Immunitäten in
zivilrechtlichen- oder Verwaltungsverfahren bestehen nicht.
KÖNIGREICH BELGIEN (Art. 88 der "Koordinierten Verfassung
Belgiens")
"Die Person des Königs ist unverletzlich; seine Minister sind
verantwortlich" (Art. 88).
DÄNEMARK (§ 13 der Verfassung des Königreiches Dänemark)
"Der König kann nicht zur Verantwortung gezogen werden; seine
Person ist unantastbar". Die Minister sind jedoch für die Führung der
Regierung verantwortlich.
LUXEMBURG (§ 4 der Verfassung des Großherzogtums Luxemburg)
"Die Person des Großherzogs ist unverletzlich".
NIEDERLANDE (Art. 42 Abs. 2 der Verfassung des Königreiches der
Niederlande)
"Der König ist unverletzlich; die Minister sind
verantwortlich".
SCHWEDEN (Kapitel 5 § 7 der Verfassung des Königreiches
Schweden)
"Der König kann wegen seiner Handlungen
nicht belangt werden".
SPANIEN (Art. 56 Abs. 3 der Verfassung des Königreiches
Spanien)
"Die Person des Königs ist unverletzlich und kann nicht zur Verantwortung gezogen werden".