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An den |
Die
Vorsitzende |
VA 3110/1-V/1/03 - MM Wien,
am 26.November 2003
Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 21.11. d.J.
übermittelt die Volksanwaltschaft dem Ausschuss nachstehende Überlegungen für
eine Weiterentwicklung unserer Kontrolleinrichtung. Diese wurden dem
Nationalrat und dem Bundesrat auch mit dem einstimmig beschlossenem 25. Bericht
der Volksanwaltschaft (2001) vorgelegt:
Zusammenarbeit mit dem Nationalrat/
Sonderberichte
Die Volksanwälte sprechen
sich auch für eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Nationalrat und dem Bundesrat
aus. Die VA begrüßt daher den bereits vorliegenden Antrag 630/A-NR/2002 und
regt darüber hinaus an, Berichte der VA auch in den Fachausschüssen zu beraten.
Jedenfalls scheint es auch geboten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
Sonderberichte der VA der parlamentarischen Behandlung zugeführt werden können.
In diesem Zusammenhang
verweist die VA auch auf ihre Bemühungen den in ihren Berichten 2001 und 2002
enthaltenen „Grundrechtsteil“ zu einem Menschenrechtsbericht auszubauen.
Prüfung ausgegliederter
Rechtsträger
Der
derzeitige Kollegium schließt sich der Meinung der früheren Volksanwälte an und
hält fest, dass es aus heutiger Sicht mehr denn je geboten ist, eine
Gleichstellung der Prüfzuständigkeit der VA mit der des Rechnungshofes herbeizuführen.
Durch die großen Ausgliederungen der vergangenen Jahrzehnte wurde die
Prüfzuständigkeit der VA in jenem Ausmaß eingeschränkt, als Staatsausgaben an
ausgegliederte Rechtsträger übertragen wurden.
Amtsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes
Die VA spricht sich dafür aus, dass ihr die
Möglichkeit einer Amtsbeschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts
eingeräumt wird. Dazu hält die VA fest, dass in Mehrparteienverfahren nicht in
die Rechtskraft von Bescheiden eingegriffen werden soll. Ein solches Verfahren
sollte aber mit der Feststellung enden können, dass ein bestimmter Bescheid
rechtswidrig ist, damit der Beschwerdeführer damit im Amtshaftungsverfahren
seine Schadensersatzansprüche geltend machen kann.
Normenprüfungsverfahren
Die VA erachtet es
für geboten, dass auch ihr die Ermächtigung eingeräumt wird, sowohl Bundes- als
auch Landesgesetze wegen Verfassungswidrigkeit anzufechten. Dabei erschiene es
hinsichtlich der von der VA anzufechtenden Normen geboten, der VA die
Ermächtigung zu erteilen, solche Anträge auch zu nicht mehr in Geltung stehenden
Gesetzen und Verordnungen einzubringen. Diesfalls wäre jedoch nicht nur
Art. 148e B-VG entsprechend zu ergänzen, sondern es müssten auch
entsprechende Ergänzungen in Art. 139 Abs. 4 und Art. 140
Abs. 4 B-VG hinzutreten.
Hemmung von Verjährungsfristen
Die VA erachtet es für geboten, insbesondere in
Verfahren, bei denen Beschwerdeführer Rechtsansprüche geltend machen können,
eine Hemmung von Verjährungsfristen zu normieren. Auf diese Weise könnten
Beschwerdeführer das Ergebnis des Prüfungsverfahrens der VA abwarten, ohne dass
damit der Verlust des Rechtsanspruches wegen Verjährung eintritt. Damit würde
ein Rechtszustand hergestellt, der allgemein auch für Personen gilt, die Ansprüche
im Schiedsverfahren vor den Ärztekammern geltend machen.
Fristsetzung zur Abgabe von Stellungnahmen
bzw. Übermittlung von Akten
Die VA geht davon aus, dass eine Frist
von fünf Wochen zur Abgabe von Stellungnahmen bzw. zur Übermittlung von Akten
durch die geprüften Stellen ausreichend sein müsste. Im Einzelfall wäre es
sicherlich möglich, diese Frist über begründetes Ansuchen der geprüften
Institution zu verlängern, doch sollte diese Frist gesetzlich verankert werden,
um die geprüften Behörden auf ihre Rechtspflicht gegenüber der VA besonders
hinzuweisen.
Fristsetzungsanträge nach § 91
Gerichtsorganisationsgesetz bzw. Anregung von Disziplinarverfahren
Die VA spricht sich zu dem im Antrag
98/A, 21. GP (Demokratiepaket) formulierten Vorschlag zur Einräumung des
Rechtes zur Stellung eines Fristsetzungsantrages bzw. zur Anregung von
Disziplinarverfahren ausdrücklich positiv aus. In Ergänzung ihrer Vorschläge
kamen die Volksanwälte in ihrer Kollegialsitzung am 29.8.2003 überein, dem
Konvent nachstehende Anregungen zu übermitteln:
Billigkeitsprüfung und
Empfehlungsbefugnis
Die VA spricht sich dafür
aus, dass eine Befugnis zu einer Billigkeitsprüfung des Verwaltungshandelns
ausdrücklich gesetzlich verankert wird. Wenngleich diese dem verfassungsgesetzlichen
Missstandsbegriff immanent ist, soll dennoch, insbesondere im Lichte einer
möglichen Lockerung des Legalitätsprinzips, eine zusätzliche Ermächtigung die
Verwaltungsbehörden dazu verhalten, ihnen eingeräumtes freies Ermessen im Sinne
der Anregungen und Empfehlungen der Volksanwaltschaft zu üben. Überlegenswert
schiene in diesem Zusammenhang auch, den Empfehlungen der Volksanwaltschaft
grundsätzlich einen rechtlich zwingenderen Charakter zu verleihen.
Beibehaltung des
Kollegialorgans
Nach Ansicht der
Volksanwaltschaft hat sich das Kollegialsystem mehrfach bewährt. Zum einen wird
dadurch die Möglichkeit des direkten Zuganges für die Bürgerinnen und Bürger zu
einem der Volksanwälte gewährleistet, zum anderen ist durch die
Geschäftsverteilung eine inhaltlich vertiefte Kontrolle für den jeweils
sachzuständigen Volksanwalt möglich. Der internationale Vergleich zeigt, dass
die vergleichbaren Einrichtungen im europäischen Raum entweder ein
Kollegialsystem haben (etwa: Schweden, Ungarn), oder sonst mehrere Stellvertreter
des Ombudsmannes vorsehen.
Parlamentarischer
Prüfungsauftrag
Derzeit obliegt der VA gemäß
Art. 148a Abs 3 B-VG die Mitwirkung an der Erledigung der an den Nationalrat gerichteten
Petitionen und Bürgerinitiativen. Die VA würde es begrüßen, wenn diese
Bestimmung durch die Möglichkeit einer parlamentarischen Beauftragung analog zu
den Bestimmungen für den Rechnungshof ergänzt würde. Damit könnte der
Nationalrat die VA als zweites Hilfsorgan in jenen Fällen heranziehen, in denen
eine Zuständigkeit des Rechnungshofes nicht gegeben ist.
Konzentration der
Missstandskontrolle
Zusätzlich regt die Volksanwaltschaft auch Beratungen dahingehend an,
in wie weit nicht eine Konzentration der Missstandkontrolle bei der
Volksanwaltschaft sinnvoll scheint, um bestehende Doppelgleisigkeiten
abzubauen. Ausdrücklich wurde dies von Präs.NR Univ. Prof. Dr. Andreas Khol
betreffend die Bundesheer-Beschwerdekommission in die Diskussion eingebracht (Khol/Peer
in: Ingrid Korosec [Hg], Die Arbeit der Volksanwaltschaft, Holzhausen 2001,
83). Zu denken ist darüber hinaus aber ebenso an derzeit bei der Regierung
angesiedelten Kommissionen und Beiräten in dem Bereich des
Menschenrechtsschutzes. Dieses Aufgabengebiet wird von der Volksanwaltschaft
nunmehr bewusst in ihre Berichtstätigkeit aufgenommen, und wurde zuletzt im
Rahmen der parlamentarischen Behandlung der Berichte 2001 und 2002 von den
Abgeordneten begrüßt.
Mit freundlichen Grüßen
Volksanwältin Rosemarie Bauer e.h.