Dr. Peter Kostelka Beilage I
Gespräch mit dem
Präsidenten des Rechnungshofes
Dr. Franz Fiedler
Bericht des Vorsitzenden
Das Gespräch hat am Montag, den 12. Jänner 2004 im Büro von Präsident
Dr. Fiedler stattgefunden. Am Beginn des Gespräches übergab Präsident Fiedler
dem Vorsitzenden die beiliegende Unterlage (Beilage 1). Darüber hinaus wurden
die in der 2. Ausschusssitzung erarbeiteten Fragen vom Präsidenten des
Rechnungshofes wie folgt beantwortet:
Wiedereinführung eines Vizepräsidenten –
parlamentarische Vertretung
Der Vizepräsident wurde 1994 abgeschafft. Seitdem obliegt dem
Präsidenten alleine die Vertretung des RH vor dem Nationalrat und den
Landtagen. Dem ihn vertretenden "rangältesteten Beamten" des RH kommt
dieses Recht nicht zu. Dennoch trifft diesen beamteten Vertreter aber die
staatsgerichtliche Verantwortung gemäß Art 123 B-VG, ohne dass dies in irgend
einer Weise finanziell abgegolten wird. Zudem haben alle vergleichbaren
Einrichtungen Vizepräsidenten (VfGH, VwGH, OGH und OLG's). Zudem werden die
Sektionschefs des RH vor allem im Hinblick auf ihre administrativen
Verantwortungen ausgesucht. Die Fähigkeit zur Vertretung des Präsidenten ist
hingegen in der Regel kein Kriterium für die Bestellung zum Sektionschef. Im
Falle der Wiedereinführung eines Vizepräsidenten hätte Präsident Fiedler auch
keine Probleme damit, diesem einen eigenen Aufgabenbereich zuzuweisen. Sollte
es jedoch hiezu nicht kommen, so wäre zumindest sicherzustellen, dass der RH
seine "parlamentarischen Rechte" wahrnimmt, was langfristig aber auch
notwendig macht, eine Vertretung des RH-Präsidenten in dieser Hinsicht
rechtlich zu regeln.
Prüfungskompetenz
des RH bereits bei einer Beteiligung der Gebietskörperschaften mit 25%
Nach Auskunft von Präsident Fiedler wäre die Zahl der im Falle einer
entsprechenden Verfassungsänderung zusätzlich in die Prüfungskompetenz des RH
fallenden Unternehmungen relativ gering. Darunter werden aber so wichtige
Firmen wie die Telekom und die AUA sein. Bei letzteren wurde der
Beteiligungsanteil von Gebietskörperschaften auf 49 bzw. 47% abgesenkt, die
mehrheitliche Beherrschung jedoch durch Syndikatsverträge sichergestellt. Diese
sind dem Rechnungshof aber in vielen Fällen nicht zugänglich und können
– wenn überhaupt – nur auf Umwegen beschafft werden (zB ÖIAG). Nach
Ansicht von Präsident Fiedler rechtfertigen zudem die umfangreichen Rechte
einer Sperrminorität mit mindestens 25% eine Prüfungskompetenz des RH.
Prüfungskompetenz ‑ Haftung oder Einrichtung
durch Gesetz
Eine signifikante Haftung seitens der Gebietskörperschaften sollte
jedenfalls eine Prüfungskompetenz des RH auslösen (derzeit kann er lediglich
die Haftung selbst prüfen).
Gleiches gilt auch für die Einrichtung derartiger Wirtschaftskörper
unmittelbar durch Gesetz. Auch hier gibt es vereinzelt Beispiele, denen zufolge
der politische Einfluss unleugbar ist, aber aus formalen Gründen eine
Rechnungshofkontrolle nicht besteht.
Direktförderungen der EU
Derartige Zuständigkeiten finden sich für Landesrechnungshöfe in den
diesbezüglichen Gesetzen des Burgenlandes und von Oberösterreich. Zu
Prüfungszuständigkeiten käme es sicherlich nur vereinzelt, die dann fehlende
Rechtsgrundlage ist mitunter aber besonders ärgerlich. Prüft nämlich der
EU-Rechnungshof derartige Förderungen, so lädt er stets die nationalen
Rechnungshöfe zur Teilnahme an der Prüfung ein. Fehlt für die österreichischen
Rechnungshöfe die Rechtsgrundlage, so ist dem RH die Prüfungsteilnahme
verwehrt.
Beziehung zu den Landesrechnungshöfen
Präsident Fiedler berichtet, dass eine Koordination mit den
Landesrechnungshöfen zwei Mal im Jahr stattfindet und gut funktioniert.
Nachhaltig gewarnt hat er jedoch davor, die Prüfungskompetenzen in eine
gegenseitige Abhängigkeit zu bringen (zB keine Prüfung für die Dauer von zwei
Jahren durch den RH, wenn der LRH geprüft hat). Zudem erscheinen Präsident
Fiedler die länderübergreifenden Querschnittsprüfungen von besonders großer
Bedeutung, wozu LRH's aber kompetenzmäßig nicht zuständig sind.
Prüfungskompetenz – Gemeindehaushalte
Den LRH's kommt in der Regel keine Prüfungskompetenz der Gemeinden zu.
Sie erfolgt durch die Gemeindeaufsicht, deren Kontrollkompetenz jedoch weniger
weit geht, als jene des Rechnungshofes. Vor allem erstreckt sich diese nicht
auf Unternehmungen von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die jedoch auch im
kommunalen Bereich eine immer wichtigere Rolle spielen.
Darüber hinaus wäre die Ausweitung auf Gemeinden mit weniger als 20.000
Einwohner durchaus sinnvoll. Derzeit prüft der Rechnungshof solche Gemeinden
jedoch nur auf Ersuchen der Landesregierungen. Wie das Beispiel Pasching
beweist, besteht jedoch diesbezüglich ein gewisses Bedürfnis.
Prüfungskompetenz ‑ Projektkontrolle
Eine diesbezügliche Zuständigkeit überschreitet zumeist die Grenze der
nachprüfenden Kontrolle. Sie ist daher in jedem Einzelfall sehr problematisch.
Eine diesbezügliche Zuständigkeit besteht lediglich in der Steiermark, wo diese
Zuständigkeit bei ihrer Schaffung als vorbildhaft bezeichnet wurde. Aber selbst
in der Steiermark wird von diesem Recht nur sehr begrenzt Gebrauch gemacht. Die
übrigen acht Landesgesetzgeber sind dem steirischen Beispiel jedoch nicht
gefolgt. Präsident Fiedler würde dies aus den genannten Gründen auch dem Bund
nicht empfehlen.
Prüfungskompetenz ‑ artfremde Tätigkeiten
Der Rechnungshof versteht darunter insbesondere die Erstellung von
Einkommensberichten. Für jene aus "öffentlichen Kassen" ist
selbstverständlicherweise der RH zuständig und erstellt sie auch jedes zweite
Jahr. Für die Erstellung des national-ökonomischen Einkommensberichtes
(Entwicklung der Durchschnittsverdienste in der gesamten Republik) fehlen ihm
aber die notwendigen Voraussetzungen, weshalb er dieser gesetzlichen
Verpflichtung auch dadurch nachkommt, dass er einen entsprechenden Auftrag an
die Statistik Austria erteilt. Versehen mit einem kurzen Kommentar wird dieser
Bericht dann dem Nationalrat weitergeleitet. Präsident Fiedler würde daher dafür
plädieren, diese Verpflichtung direkt der Statistik Austria gesetzlich
aufzuerlegen.
Politische "Beratungsfunktion"
Eine gesetzliche Verankerung dieser Aufgaben wären wünschenswert, aber
nicht unbedingt erforderlich. Präsident Fiedler versteht darunter vor allem
fachliche Auskünfte des Rechnungshofes auf Ersuchen des Parlaments oder von
Regierungsmitgliedern (zB Angemessenheit der Miete des Palais Epstein durch das
Parlament). Auch Gesetzesbegutachtungen wären darunter zu verstehen.
Präsident Fiedler stimmt jedoch dem vom Ausschuss akzeptierten
Grundsatz vorbehaltlos zu, dass im Wege derartiger Beratungstätigkeiten auf
keinen Fall die Funktion der nachprüfenden Kontrolle des RH gefährdet werden
darf.
Prüfung gesetzlicher Interessensvertretungen
Seitens des Rechnungshofes ist keinesfalls daran gedacht, auch die
Zweckmäßigkeit von Entscheidungen der Interessensvertretungen zu prüfen.
Vielmehr geht es Präsident Fiedler um die Veröffentlichungsvorschriften.
Derzeit ist die Veröffentlichung der RH-Berichte von der Interessensvertretung
selbst wahrzunehmen. Diese kommen jedoch ihrer Verpflichtung äußerst
unterschiedlich nach. Besonders erbost hat den Rechnungshof, dass in einem Fall
der RH-Bericht vermengt mit Feststellungen der geprüften Stelle veröffentlicht
wurde. Nach außen hin wurde durch die Unterschrift des RH-Präsidenten jedoch
der Eindruck erweckt, dass sowohl die Prüfungsfeststellungen, wie auch der von
der geprüften Einrichtung stammenden Kommentare hiezu, vom RH-Präsidenten
stammen.
Budgetrecht
Dieses Recht besitzt sogar der deutsche Bundes-Rechnungshof, dem eine
nicht so hervorgehobene Position, wie jener des österreichischen
Rechnungshofes, zukommt. Darüber hinaus besitzt der Rechnungshof, wie auch die
Volksanwaltschaft, ausdrücklich die Stellung eines unabhängigen
Kontrollorganes, weshalb auch die vom Ausschuss angestellten Überlegungen über
Präjudizwirkungen für die anderen obersten Organe nicht zutreffend seien.
Legistische Systematik
Präsident Fiedler plädiert auch dafür, bei den einzelnen Prüfungskompetenzen des RH gleichbleibende Bestimmungen im V. Hauptstück des B-VG nicht immer wieder von neuem zu wiederholen. Dies wäre durch eine systematischere Gliederung dieser Bestimmungen leicht erfüllbar. Er legt hiezu einen Formulierungsvorschlag des RH vor (Beilage 2).