Ausschuss 8
Kontrollrechte in den Gemeinden
Auswertung auf Basis der Stellungnahmen des Gemeindebundes und des
Städtebundes
1. Bundeseinheitliches
Mindestkontrollniveau für die Gemeinden
1.1.Gemeindebund:
Die bisherige flexible
Gestaltung aufgrund einer nicht zu eingehenden Regelungsdichte auf Verfassungsebene
hat sich vor allem im Hinblick auf den Umstand, dass der Verfassungsgesetzgeber
den Bundesländern gerade in den letzten Jahren (bspw. durch die Einführung der
Möglichkeit, eine Direktwahl des Bürgermeisters durch die Wahlberechtigten
vorzusehen) mit guten Gründen entsprechenden Handlungsspielraum eingeräumt hat,
bewährt. Aus dieser unterschiedlicher Grundstruktur ist es oftmals geboten,
Kontrollrechte in den Gemeinden unterschiedlich auszugestalten, gemäß Art 118
Abs. 5 B-VG sind die Organe der Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im
eigenen Wirkungsbereich dem Gemeinderat als oberstes Organ verantwortlich,
woran sich auch nichts ändern soll.
1.2.Städtebund:
·
Die Gebarungskontrolle der Gemeinden unter 20.000
Einwohnern soll, um Doppelprüfungen zu vermeiden, auch in Zukunft nicht dem
Rechnungshof unterliegen, sondern weiterhin durch die Gemeindeaufsichtsbehörden
wahrgenommen werden.
·
Für Städte und Gemeinden, die gemäß Art 127a B-VG der
Rechnungshofkontrolle unterliegen, sollte aber die Gebarungskontrolle durch die
Gemeindeaufsichtsbehörden entfallen (Änderung Art 119a Abs. 2 B-VG
erforderlich).
Dem Landesgesetzgeber muss
aufgrund der unterschiedlichen bestehenden Regelungen allerdings ein
ausreichender Spielraum erhalten bleiben.
Eine andere Form der Kontrolle
auch in den Gemeinden bilden die als Staatsbürgerrecht ausgestalteten Interpellations-
und Fragerechte. Eine Regulierung von Partizipation und direkter Demokratie
in der Bundesverfassung, die über ein Fragerecht hinausgeht, ist aber derzeit
nicht erforderlich.
2. Kontrollrechte in den Gemeinden auf Verfassungsebene
2.1.Gemeindebund:
Da die Organisation und
Funktion der Gemeinden in den Grundzügen bundesverfassungsrechtlich geregelt
ist und auch bleiben soll, könnte die Aufnahme von Minimalerfordernissen
demokratischer Kontrolleinrichtungen das Bild der demokratischen
Selbstverwaltung – etwa in Art 118 B-VG – in der Bundesverfassung abrunden,
wobei allerdings nur solche Kontrollrechte in Frage kommen, die derzeit bereits
durchgehend auf Länderebene demokratiepolitischer „Standard“ im
Gemeindeorganisationsrecht sind und mit den unterschiedlichen wahl- und
organisationsrechtlichen Strukturen gut vereinbar sind. Die nähere
Ausgestaltung und die Aufnahme allfälliger zusätzlicher demokratischer
Kontrolleinrichtungen soll jedoch in jedem Fall dem Landesgesetzgeber, aber auch der Gemeinde im Rahmen ihrer
Geschäftsordnungsautonomie überlassen bleiben.
2.2.Städtebund:
·
Vor dem Hintergrund, dass es Ziel des Verfassungskonvents
ist, eine schlanke Bundesverfassung zu erarbeiten, erachtet es der
Österreichische Städtebund für nicht erforderlich, in der Bundesverfassung die
Kontrollrechte im Detail, wie dies etwa für die Bundesregierung in Art 52
geregelt ist, neu zu gestalten.
3. Umfang der Kontrolle der Gemeinden durch die Aufsichtsbehörden
3.1.Gemeindebund:
3.1.1. Der Wesensgehalt der
Gemeindeaufsicht sollte grundsätzlich nicht angetastet werden
und
vor allem folgende Merkmale erhalten bleiben:
3.1.2. Für die
einfachgesetzliche Ausgestaltung der Aufsichtsmittel soll in den
Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde aus dem Bereich der
Bundesvollziehung der Bund, im übrigen das Land zuständig bleiben. Der
Zielsetzung der Gemeindeaufsicht entsprechend lassen sich die Aufsichtsmittel
in präventive und repressive Maßnahmen unterteilen:
Im Hinblick auf generelle
Bedeutung der Aufsichtsmittel für die Gemeinden und im Sinne einer
höheren Transparenz sollten diese in einer neuen Bundesverfassung taxativ
aufgezählt werden.
3.1.3. Änderungsbedarf
besteht im Hinblick auch auf Art 119a Abs 6 B-VG (im eigenen Wirkungsbereich erlassene Verordnungen der
Gemeinde sind der Aufsichtsbehörde mitzuteilen), der entweder gänzlich, oder
jedenfalls hinsichtlich des zweiten Satzes ersatzlos entfallen könnte.
Begründung: es handelt sich um eine zusätzliche (und im
Hinblick auf die Verordnungskontrolle durch den VfGH überflüssige) Schicht der
Rechtskontrolle, die – ordnungsgemäß vollzogen – (bspw. im Bereich der StVO)
einen enormen Arbeitsaufwand bei der Aufsichtsbehörde verursacht.
3.1.4. Rechnungshofkontrolle
Aus der Sicht der Gemeinden
ist eine Ausdehnung der allgemeinen Rechnungshofkontrolle (ohne begründetes
Ersuchen) auch auf Gemeinden unter 20.000 Einwohner entbehrlich.
Die derzeitige
Rechnungshofkontrolle für Gemeindeverbände (Art 121 Abs 1, 127a Abs. 8 B-VG)
durch den Rechnungshof sollte entfallen: auf Grund dieser Bestimmung (iVm Art
119a Abs 2 und 10 B-VG) obliegt die Überprüfung der Gemeindeverbände
(unabhängig von ihrer Größe) zusätzlich zur Gebarungsprüfung durch die
Aufsichtsbehörde auch der Kontrolle durch den Rechnungshof. Die zusätzliche
Rechnungshofkontrolle erscheint verzichtbar und wäre deren Entfall ebenfalls
mit einem beträchtlichen verwaltungsreformatorischen Effekt verbunden.
3.1.5.Gebarungskontrolle
durch Landesrechnungshöfe
Aus der Sicht der Gemeinden
muss diese Frage nicht durch eine
eindeutige bundesverfassungsrechtliche Regelung entschieden werden. Hier wird
auf das Problem verwiesen, dass im Falle einer klaren Ermächtigung des
Bundesverfassungsgesetzgebers an die Länder, ihre Rechnungshofkontrolle auf die
Gemeinden auszudehnen, zwei Landesorgane (Landesregierung und Landes-Rechnungshof)
Prüfungskompetenzen hätten und divergierende Ansichten beider Kontrollorgane
äußerst schädlich für die Rechtssicherheit in der Gemeinde sind. Solche
Doppelgleisigkeiten sind nicht nur ökonomisch problematisch, sie sind auch
geeignet, zwischen dem im Gemeinderat vertretenen Parteien, insbesondere
zwischen „Regierung“ und Opposition Konflikte hervorzurufen.
3.2. Städtebund
·
Aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen der
Verfassungsreform Landesverwaltungsgerichtshöfe eingerichtet werden erscheint
es aus Sicht des Österreichischen Städtebundes erstrebenswert, wenn in Zukunft
die Kontrolle von Bescheiden bzw. Verordnungen nicht mehr durch die
Gemeindeaufsichtsbehörde erfolgt, sondern ebenfalls durch die Landesverwaltungsgerichtshöfe
(Entfall der Vorstellung gem. Art 119a B-VG).
·
Damit verbunden müsste aber den Gemeinden das Recht
eingeräumt werden, gegen die Entscheidung der Landesverwaltungsgerichtshöfe
Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts erheben zu können, ferner
müsste, bei Entfall der zweiten innergemeindlichen Instanz, das Recht zur
Berufungsvorentscheidung nach AVG so ausgestaltet werden, wie dies derzeit
schon im Abgabenverfahren gegeben ist.
·
Gemäß dem Ziel des Verfassungskonvents, wesentliche Grundlagen
für eine moderne Verwaltung zu schaffen, sollte in Art 119a Abs. 6 B-VG
normiert werden, dass durch Landesgesetze Ausnahmen von der Mitteilungspflicht
von im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Verordnungen zulässig sind.
·
Die darüber hinaus bestehenden
gemeindeaufsichtsbehördlichen Kontrollrechte, wie allgemeine
Rechtmäßigkeitskontrolle (Stichwort amtswegige Aufhebung und Nichtigerklärung
von Bescheiden), Auskunfts- und Inspektionsrechte, Gebarungskontrolle für
Gemeinden unter 20.000 Einwohnern, Auflösung des Gemeinderates, Ersatzvornahmen
und Genehmigungsvorbehalte sollen Aufrecht bleiben, jedoch die derzeit
demonstrative Aufzählung im B-VG in eine taxative umgestaltet werden.