Vertretung der Volksgruppen in den
gesetzgebenden Körperschaften
Änderung
des B-VG
Art.
26 Abs. 2 a B-VG:
Zur
Sicherung der Vertretung von Volksgruppen im Nationalrat sind besondere
Mandate Abgeordneten von Volksgruppen vorbehalten, welche hiefür von den
Wahlberechtigten der betreffenden Volksgruppe zu wählen sind. Hiebei sind
Abweichungen von den in den Absätzen 1 und 2 verankerten Wahlrechtsgrundsätzen
nur insoweit zulässig, als dies zur Sicherung der Vertretung der Volksgruppen
im Nationalrat erforderlich ist.
Art.
95 Abs. 3 a B-VG:
Zur Sicherung der Vertretung von
Volksgruppen im Landtag können durch Landesgesetz besondere Mandate
Abgeordneten von Volksgruppen vorbehalten werden, welche hiefür von den
Wahlberechtigten der betreffenden Volksgruppe zu wählen sind. Hiebei sind
Abweichungen von den in den Absätzen 1 und 3 verankerten Wahlrechtsgrundsätzen
nur insoweit zulässig, als dies zur Sicherung der Vertretung der Volksgruppen
im Landtag erforderlich ist.
I.
Sonderwahlkreis für Volksgruppenmandat
1.
Zusätzlich
zu den bestehenden vier Wahlkreisen wird ein fünfter Sonderwahlkreis, der das
ganze Bundesland Kärnten umfasst, eingerichtet. Diesem Sonderwahlkreis, in dem
das Volksgruppenmandat ermittelt wird, wird eines von den 36 zu vergebenden
Mandaten zugeteilt.
2.
Als
Bewerber auf einem Kreiswahlvorschlag für den fünften Sonderwahlkreis können
nur Personen benannt werden, die sich als Angehörige der slowenischen
Volksgruppe deklarieren und die weiteren Voraussetzungen für das passive
Wahlrecht zum Kärntner Landtag erfüllen.
3.
Auf
dem amtlichen Stimmzettel scheinen sowohl die Kreiswahlvorschläge für den
jeweiligen Regionalwahlkreis, als auch die Kreiswahlvorschläge für den fünften
Sonderwahlkreis auf.
4.
Der
Wähler gibt seine Stimme entweder im jeweiligen Regionalwahlkreis oder im
fünften Sonderwahlkreis ab.
5.
Das
Volksgruppenmandat im fünften Sonderwahlkreis wird der stimmenstärksten
wahlwerbenden Gruppe zugeteilt, sofern eine der wahlwerbenden Gruppen zumindest
ein Prozent der in ganz Kärnten gültig abgegebenen Stimmen erreicht hat.
Erreicht keine der wahlwerbenden Gruppen den geforderten Stimmenanteil, so
gelangt das Mandat im fünften Sonderwahlkreis nicht zur Vergabe und wird im
zweiten Ermittlungsverfahren nach den geltenden Bestimmungen vergeben.
Erläuterungen:
Das
zahlenmäßige Verhältnis zwischen slowenischer Minderheitsbevölkerung und
Kärntner Gesamtbevölkerung würde die Zuteilung eines Mandates an einen fünften
Sonderwahlkreis zur Ermittlung des Volksgruppenmandates möglich machen, ohne
die gleiche Gewichtung der Wählerstimmen zu beeinträchtigen.
Eine
Änderung der Bundesverfassung erscheint nach einer ersten Beurteilung nicht
erforderlich, da die in der Bundesverfassung festgesetzten Wahlgrundsätze mit
diesem Modell nicht beeinträchtigt würden. Im Zweifelsfall ist das Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1981 (VfSlg. 9224) von Bedeutung,
in dem der Verfassungsgerichtshof ausführt: "Die vom
Verfassungsgesetzgeber dem Minderheitenschutz zugemessene Bedeutung verlangt
bei Regelungen, die Stellung einer Minderheit innerhalb anderer
gesellschaftlicher Gruppen betreffend, eine sehr differenzierende Abwägung.
Eine mehr oder minderschematische Gleichstellung von Angehörigen anderer
gesellschaftlicher Gruppen wird der verfassungsgesetzlichen Wertentscheidung
(zugunsten des Minderheitenschutzes) nicht immer genügen können. Je nach dem
Regelungsgegenstand kann es der Schutz von Angehörigen einer Minderheit
gegenüber Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen sachlich rechtfertigen
und sogar erfordern, die Minderheit in gewissen Belangen zu bevorzugen."
Dieses
Modell erscheint auf einfachgesetzlicher (landesgesetzlicher) Ebene im Rahmen
einer Neugestaltung der Landtagswahlordnung realisierbar. Um jedwede
Rechtsunsicherheit zu vermeiden, könnte aber auch eine Änderung des B-VG
erwogen werden.
Dieses
Modell kann auch auf die Wahl des Nationalrates übertragen werden.
1.
Auf
der Grundlage des von Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler im Auftrag der Kärntner
Landesregierung erstellten Rechtsgutachtens "Modell einer autonomen
öffentlich- rechtlichen Vertretung der slowenischen Volksgruppe in
Kärnten" vom 7.11.1990 und des Folgegutachtens vom 22.02.1993 wird für die
slowenische Volksgruppe eine öffentlich-rechtliche Vertretungskörperschaft
gesetzlich eingerichtet.
2.
Die
öffentlich-rechtliche Vertretungskörperschaft der slowenischen Volksgruppe
entsendet einen Abgeordneten in den Kärntner Landtag.
Erläuterungen:
Diese
Variante erfordert eine Änderung sowohl der Bundesverfassung als auch der
Landesverfassung.
Legistische
Umsetzung
(Modell:
Sonderwahlkreis für Volksgruppenmandat)
1.
Landesverfassung
für das Land Kärnten:
Mit
dem bestehenden Wortlaut des L-VG ist dieses Modell auf jeden Fall vereinbar,
da die in Artikel 8 Abs. 1 L-VG nur prinzipienartig angeführten Wahlgrundsätze
bundesverfassungskonform so zu interpretieren wären, dass sie nicht verletzt
sind, wenn sie bei Einrichtung eines von der Bundesverfassung ausdrücklich
zugelassenen Volksgruppenmandats nur ganz geringfügig beeinträchtigt werden,
soweit dies zur Sicherung der Vertretung der Volksgruppe im Landtag unbedingt
erforderlich ist.
2.
Änderung
der Kärntner Landtagswahlordnung
§
2 lautet:
Das
Land Kärnten wird zum Zwecke der Wahl in den Landtag in folgende fünf
Wahlkreise eingeteilt:
a)
b)
c)
d)
e) Wahlkreis 5 (Sonderwahlkreis für das
Volksgruppenmandat); er umfasst das gesamte Bundesland Kärnten.
§
2 b lautet:
(1)
In jedem Wahlkreis gelangen so viele Mandate zur Vergabe, wie die Berechnung
gemäß Abs. 2 bis 4 ergibt, wenigstens jedoch ein Mandat.
(3)
Den örtlichen Regionalwahlkreisen (Wahlkreise 1 bis 4) werden so viele Mandate
zugewiesen, wie die Verhältniszahl (Abs. 2) in der Zahl der Staatsbürger, die
im Wahlkreis ihren ordentlichen Wohnsitz haben, vermindert um die Zahl der
Staatsbürger, die bei der letzten ordentlichen oder außerordentlichen
Volkszählung Slowenisch als Umgangssprache angegeben haben, enthalten ist. Dem
Sonderwahlkreis 5 werden so viele Mandate zugewiesen, wie die Verhältniszahl
(Abs. 2) in der Zahl der Staatsbürger, die bei der letzten ordentlichen oder
außerordentlichen Volkszählung Slowenisch als Umgangssprache angegeben haben,
enthalten ist, wenigstens jedoch ein Mandat.
Anmerkung
zum § 2 b Abs. 3: Der Grundsatz des gleichen
Wahlrechts (Art. 26 Abs. 1 B-VG) erfordert, dass jeder Wählerstimme der gleiche
Zählwert zukommt. (VfSlg 1381, 3653, 6207). Soweit eine Ungleichheit durch
einen verschiedenen Erfolgswert der abgegebenen Stimmen herbeigeführt wird, ist
dies durch Art. 26 Abs. 1 und 2 B-VG verfassungsrechtlich gedeckt.
Weiters siehe das Erkenntnis VfSlg. 9924/1981. Die vorgeschlagene Gliederung
der Wählerschaft entspricht den Erfordernissen des Art. 26 Abs. 1 und 2 B-VG
gleichwohl, wie den Erfordernissen des Art. 95 Abs. 3 BVG. In Analogie zu
Artikel 34 Abs.2 BVG, der eine Mindestvertretung der Länder (mindestens drei
Mitglieder) im Bundesrat sichert, ist auch die Zuteilung mindestens eines
Mandates dem fünften Sonderwahlkreis gerechtfertigt.
§
39 Abs. 2 lautet:
(2) Zum Volksgruppenmandat
(Sonderwahlkreis 5) sind alle Wahlberechtigten im Sinne des 17 wählbar, die
sich als Angehörige der slowenischen Volksgruppe deklarieren.
§
40 Abs. 2 letzter Satz lautet:
Hiebei
sind dem Kreiswahlvorschlag, die nach Muster Anlage 4, für den
Sonderwahlkreis 5 Muster Anlage 4 A, ausgefüllten und eigenhändig
unterfertigten Unterstützungserklärungen anzuschließen.
§
40 Abs. 3 Satz 2 lautet:
Diese
Bestätigung ist von der Gemeinde nur dann zu erteilen, wenn die in der
Erklärung genannte Person vor der zur Führung der Wählerevidenz zuständigen
Gemeindebehörde persönlich erscheint, ihre Identität durch ein mit Lichtbild
ausgestattetes Identitätsdokument (z.B. Reisepass, Personalausweis,
Führerschein, Postausweiß usw.) nachgewiesen hat, die Unterstützungserklärung,
die Angaben über Vor- und Familienname, Geburtsdatum und Wohnadresse, im
Falle einer Unterstützungserklärung für einen Kreiswahlvorschlag im
Sonderwahlkreis 5 auch die Erklärung der slowenischen Volksgruppe anzugehören, sowie
die Bezeichnung der zu unterstützenden wahlwerbenden Partei enthält und die
eigenhändige Unterschrift der in der Unterstützungserklärung genannten Person
entweder vor der Gemeindebehörde geleistet wurde oder gerichtlich oder
notariell beglaubigt ist.
§
41 Abs. 2 lautet:
(2)
In den Wahlvorschlag darf ein Bewerber nur dann aufgenommen werden, wenn er
hiezu seine Zustimmung schriftlich erklärt hat, in den Wahlvorschlag für den
Sonderwahlkreis 5 überdies nur dann, wenn er schriftlich erklärt hat, der
slowenischen Volksgruppe anzugehören. Die Erklärungen sind dem
Wahlvorschlag anzuschließen.
§ 69 Abs. 1 lautet:
(1)
Der zweigeteilte amtliche Stimmzettel hat für den jeweiligen
Regionalwahlkreis und den Sonderwahlkreis 5 jeweils in der Reihenfolge, die
sich aus § 47 Abs. 3 ergibt, für jede wahlwerbende Partei eine gleich große
Zeile vorzusehen. Sie hat die Listennummer, einen Kreis, die Parteibezeichnung
einschließlich der allfälligen Kurzbezeichnung sowie einen freien Raum zur
Eintragung von höchstens 3 Bewerbern der gewählten Parteiliste zu enthalten. Die
Angaben für den Sonderwahlkreis 5 sind in Slowenisch zu machen. lm übrigen
ist der amtliche Stimmzettel unter Berücksichtigung der gemäß § 7 erfolgten
Veröffentlichung nach dem Muster Anlage 6 zu gestalten. Der amtliche
Stimmzettel darf nur auf Anordnung der Landeswahlbehörde hergestellt werden.
§
69 a:
In
Abs. 1 Satz 1 hat die Wortfolge "durch den Wahlleiter" zu entfallen.
§
70 Abs. 1 lautet:
(1)
Der amtliche Stimmzettel ist gültig ausgefüllt, wenn aus ihm eindeutig zu
erkennen ist, in welchem Wahlkreis (örtlicher Regionalwahlkreis oder
Sonderwahlkreis 5) und welche Parteiliste der Wähler wählen wollte. Dies
ist der Fall, wenn der Wähler entweder im örtlichen Regionalwahlkreis oder
im Sonderwahlkreis 5 in einem der rechts von jeder Parteibezeichnung
(Kurzbezeichnung) vorgedruckten Kreis ein liegendes Kreuz oder ein anderes
Zeichen mit Tinte, Farbstift oder Bleistift anbringt, aus dem unzweideutig
hervorgeht, dass er die in derselben Zeile angeführte Parteiliste wählen will.
§
72 Abs. 1 Zif. 4 lautet:
4.
zwei oder mehrere Parteilisten im örtlichen
Regionalwahlkreis oder je eine Parteiliste im örtlichen Regionalwahlkreis und
im Sonderwahlkreis 5 angezeichnet wurden, oder
§ 72 a Abs. 1 lautet:
(1)
Der leere amtliche Stimmzettel ist dann gültig ausgefüllt, wenn aus ihm
eindeutig zu erkennen ist, in welchem Wahlkreis (örtlicher Regionalwahlkreis
oder Sonderwahlkreis 5) und welche Parteiliste der Wahlkartenwähler wählen
wollte. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Wähler die Parteibezeichnung
oder die Kurzbezeichnung einer Parteiliste anführt, die in dem Wahlkreis, in
welchem er in das Wählerverzeichnis einer Gemeinde eingetragen ist oder im
Sonderwahlkreis 5 veröffentlicht wurde.
§
73 Abs. 5 lautet:
(5)
Die Wahlbehörde hat hierauf die von den Wählern abgegebenen Wahlkuverts zu
öffnen, die Stimmzettel zu entnehmen, sie nach den für den örtlichen
Regionalwahlkreis bzw. für den Sonderwahlkreis 5 abgegebenen Stimmen zu
trennen, deren Gültigkeit zu überprüfen, die jeweils ungültigen Stimmzettel
mit fortlaufenden Nummern zu versehen und getrennt für den örtlichen
Regionalwahlkreis und den Sonderwahlkreis 5 festzustellen:
a)
b)
c)
d)
§
81 Abs. 1 lautet:
(1)
Die in den Wahlkreisen 1 bis 4 zu vergebenden Mandate sind von der
Landeswahlbehörde auf Grund der Wahlzahl auf die Kreiswahlvorschläge zu
verteilen.
§ 81 a lautet:
(1)
Im ersten Ermittlungsverfahren für das Volksgruppenmandat im Sonderwahlkreis 5
nehmen Parteien teil, die einen gültigen Kreiswahlvorschlag eingebracht haben
und mindestens 1 v.H. der im gesamten Landesgebiet abgegebenen gültigen Stimmen
erzielt haben.
(2)
Das Volksgruppenmandat erhält die Partei mit den meisten Wählerstimmen. § 81
Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden.
§
82 Abs. 1 lautet;.
(1)
Die auf eine Partei nach den §§ 81 Abs. 3 und 81 a Abs. 2 entfallenden
Mandate werden von der Landeswahlbehörde den Bewerbern nach den Bestimmungen
der Abs. 2 und 3 zugewiesen.