Manfred Matzka                                                                                             

 

Ausschuss 7

Reformaspekte zur Privatwirtschaftsverwaltung

Diskussionsgrundlage für die 6. Ausschusssitzung

am 17. Dezember 2003

 

 

 

  1. Einleitung

 

  1. Probleme und Grundsatzfragen

 

Legalitätsprinzip

Staatliche Verantwortlichkeit und Rechtsform

Kontrollfragen

 

  1. Verfassungsrechtliche Rechtsquellen

 

Art. 17 B-VG

Art. 116 Abs. 2 B-VG

Sonstiges

 

  1. Kompetenzverteilung

 

  1. Grundrechtsfragen

 

Leistungsverpflichtung und Kontrahierungszwang

Gleichheitsfragen und andere Grundrechte

 

  1. Förderungen

 

Konzentration, Doppelförderungen, Grundsatz der Koordinierung

Kontrolle und Rechtsschutz

 

  1. Rechtsschutz

 


1. Einleitung

 

Zur Zeit des In-Kraft-Tretens des B-VG war staatliches Handeln in Privatrechtsformen und die Führung von Unternehmungen durch den Staat eine derartige Selbstverständlichkeit, dass man die ursprünglich vorgesehene Ermächtigung in Art. 17 Abs. 2 B-VG einfach wegließ. Im Laufe der Entwicklung hat sich diese Betrachtungsweise verändert: Heute geht die Diskussion vereinzelt darum, ob der Staat berechtigt sein soll, jegliche Wirtschaftstätigkeit zu führen. In Österreich wurde diese Diskussion vereinzelt im Zusammenhang mit kommunalen Aufgaben geführt, die Positionen sind allerdings bei weitem nicht so exponiert, wie etwa in der Europäischen Union. Man kann davon ausgehen und wird dies auch weiter können, dass der Staat private Rechtsgeschäfte abschließen kann, dass er Förderungen in privatrechtlichen Formen vergeben kann und dass er Einrichtungen schaffen und führen kann, die auf privat­rechtlicher Basis bestehen. Einschränkungen grundsätzlicher Natur - etwa eine Bindung an einen allgemeinen öffentlichen Zweck oder an bestimmte Kernaufgaben des Staates - scheinen hiefür nicht angezeigt.

 

In der Entstehungsphase des B-VG war offenbar auch die Legalitätsbindung der Privat­wirtschafts­verwaltung kein Problem. Eine intensive verfassungsrechtliche Diskussion dazu konzen­trierte sich dann aber in den 60er Jahren darauf, wie eng die sogenannten Selbst­bindungs­gesetze das Handeln der Organe determinieren sollen. Diese Diskussion hat sich als verfassungsrechtlich weitgehend fruchtlos erwiesen und es scheint nicht sinnvoll, sie durch Überlegungen zur Neuformulierung von Verfassungsnormen wieder aufzugreifen.

 

Ein weiterer Diskussionsstrang beschäftigte sich mit der Frage der Grundrechtsgeltung in der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Fragen der Drittwirkung und Fiskalgeltung sind mittlerweile durch die zivilrechtliche Judikatur einer sehr praktikablen Lösung zugeführt: Eine Bindung des Staates wird angenommen und sie ist - sei es auch über den Umweg privatrechtlicher Topoi und zivilgerichtlicher Verfahren - auch durchsetzbar.

 

Eine dritte Ebene der Diskussion konzentriert sich auf die Frage, ob und inwieweit sich der Staat durch die Wahl der Handlungsform seiner Verpflichtungen entziehen kann; auch hier liefert die Judikatur der letzten Jahre wichtige Ansatzpunkte zur Beantwortung im Sinn einer Bindung des Staates.

 

In formaler Hinsicht muss man feststellen, dass das positive Verfassungsrecht keine geschlossene Systematik zur Regelung der Privatwirtschaftsverwaltung vorsieht. Die darauf bezug habenden Regelungen sind durchaus fragmentarisch und verstreut. Eine verfassungs-legistische Neufassung ist überlegenswert.

 

 

2. Probleme und Grundsatzfragen

 

Legalitätsprinzip

 

Die Diskussion um die Reichweite der Geltung des Legalitätsprinzips für die Privatwirt­schafts­verwaltung führte vielleicht deshalb zu keinem klaren Ergebnis, weil sie am falschen Ende des Problems ansetzte: In Wahrheit geht es nicht darum, dogmatisch festzustellen, ob der historische Verfassungsgeber den Art. 18 B-VG in gleicher Weise auf alle Handlungs­formen angewendet haben wollte, sondern vielmehr darum, dem Staat die im Interesse der Bürger notwendigen Bindungen überall dort aufzuerlegen, wo sie aus demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht unverzichtbar sind; dabei soll es auf die Form der gebundenen Handlun­gen nicht ankommen.

 

Aus dieser allgemeinen Überlegung folgert, dass eine Bindung an das Gesetz im Hinblick auf die damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten und den Grundrechtsschutz für das privat­rechtliche Handeln für Zwecke der öffentlichen Verwaltung so wie im hoheitlichen Bereich aufrecht bleiben soll. Wie immer das Legalitätsprinzip neu formuliert werden möge, es sollte auf jeden Fall nicht zwischen hoheitlichen und privatrechtlichen Vollzugsformen differen­zieren.

 

Dies bedeutet wohl im Ergebnis eine sondergesetzliche Fundamentierung für Förderungen und Ausgliederungen, die keine abschließende Regelung im allgemeinen Privatrecht erfahren. Eine ähnlich strenge Bindung ist in Hinblick auf die Geltung des allgemeinen Privatrechts dort nicht erforderlich, wo der Staat im Rahmen der Privatautonomie im „normalen“ Wirtschaftsleben auftritt.

 

Staatliche Verantwortlichkeit und Rechtsform

 

Wissenschaft und Rechtsprechung sind sich einig: Der Staat soll sich durch die Flucht ins Privatrecht seinen gesellschaftlichen Verantwortungen nicht entziehen können. Dieser Grund­satz lässt sich aus der Judikatur des OGH - etwa zur Bundesbetreuung - ableiten, er hat aber in der Rechtsetzung noch keinen generellen Niederschlag gefunden.

 

Auf Ebene des Verfassungsrechts braucht der Grundsatz keine Positivierung. Es könnte aber sinnvoll sein, auf einfachgesetzlicher Ebene manche strenge Trennungen zwischen hoheit­lichen und privatrechtlichen Handlungsformen dort zu überwinden, wo öffentliche Aufgaben in privatrechtlichen Formen wahrgenommen werden. Selbstbindungsgesetze und Selbst­bindungs­verordnungen, im Interesse der Betroffenen sinnvolle Konstruktionen wie Kontra­hierungszwang und Verbandsklage, neue Vertragstypen insbesondere von generell-abstrakter Bedeutung können hier hilfreich sein.

 

Diese Konstruktionen reichen nicht in die verfassungsrechtliche Sphäre, sondern werden auf der Ebene des einfachen Gesetzes anzusiedeln sein.

 

Kontrollfragen

 

Eine parlamentarische Kontrolle muss voll funktionsfähig sein, auch wenn der Staat in Formen der Ausgliederung oder in privatrechtlichen Formen handelt.

 

Dies erfordert es, zu vermeiden, dass sich staatliche Organe gegenüber dem Parlament auf die im Privatrechtsverkehr durchaus üblichen Geheimhaltungspflichten berufen können. Allerdings ist dann, wenn eine vollständige Kontrolle vorgesehen wird, unter Umständen durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass privatrechtlich geführte Einrich­tungen des Staates und deren Privatrechtspartner durch diese Kontrolle keine wirtschaftlichen Nachteile erleiden.

 

Ähnliche Überlegungen werden zur Subventionsverwaltung zu gelten haben: Die Parlamente haben ein Recht auf volle Information und volle Transparenz bis zum Einzelfall. Unter gewissen Voraussetzungen sind aber Förderungsnehmer auch vor einer zu weit gehenden Veröffentlichung ihrer finanziellen Situation zu schützen. Der Gesetzgeber wird hier eine grundrechtskonforme Interessensabwägung vornehmen müssen.

 

Was die parlamentarische Kontrolle staatlicher Funktionäre im Rahmen von Ausgliederungen anlangt, so wird diese jedenfalls schrankenlos alle jene Funktionen erfassen müssen, die öffentliche Funktionäre als Eigentümer wahrnehmen. Werden von den obersten Verwaltungs­organen Personen in Aufsichtsgremien entsandt, so wird die Kontrolle so weit gehen können, als den Entsendenden ein Informationsrecht gegenüber diesen Aufsichtsräten zukommt. Seine Grenze wird das Kontrollrecht dort finden, wo die Geschäftsführung dem Eigentümer und den Aufsichtsorganen keine bzw. nur eine nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Rechenschaft schuldig ist.

 

 

3. Verfassungsrechtliche Rechtsquellen

 

(Vgl. zu den Kommentierungen Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, und Mayer, Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar 3. Auflage, 2002)

 

Art. 17 B-VG (Privatwirtschaftsverwaltung - Bund und Länder)

 

   „Durch die Bestimmungen der Artikel 10 bis 15 über die Zuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung wird die Stellung des Bundes und der Länder als Träger von Privatrechten in keiner Weise berührt.“

 

Diese Bestimmung konstituiert Bund und Länder als Träger von Privat­rechten und ermächtigt sie, auch als Rechtsunterworfene tätig zu werden; dabei sind sie nicht durch die allgemeine Kompetenzverteilung beschränkt. Es wird angenommen, dass Bund und Länder ihre eigene Privatwirtschaftsverwaltung durch sog. „Selbstbindungsgesetze“ regeln dürfen; diese Gesetze dürfen aber nur das Verhalten der Organe des Rechtsträgers regeln und keine subjektiven Rechte Dritter begründen. Für die Qualifikation eines Aktes als Akt der Privatwirtschafts- oder Hoheitsverwaltung ist die Rechtsform entscheidend.

 

Art. 116 Abs. 2 B-VG (Privatwirtschaftsverwaltung - Gemeinden)

 

   „(2) Die Gemeinde ist selbständiger Wirtschaftskörper. Sie hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszu­schreiben.“

 

Diese Bestimmung konstituiert die Gemeinde als Träger von Privatrechten. Die Ange­legen­heiten der Privatwirtschaftsverwaltung zählt gemäß Art. 118 Abs. 2 B-VG ausdrück­lich zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Der Ausdruck „innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze“ bedeutet, dass besondere Beschränkungen für die Gemeinde unzulässig sind.

 

Sonstiges

 

- Art. 104 Abs. 1 und 2 B-VG

   (Grundsatz der unmittelbaren Privatwirtschaftsverwaltung; Auftragsverwaltung)

 

   „(1) Die Bestimmungen des Artikels 102 sind auf Einrichtungen zur Besorgung der im Artikel 17 bezeichneten Geschäfte des Bundes nicht anzuwenden.

 

   (2) Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Bundesminister können jedoch die Besorgung solcher Geschäfte dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land übertragen. Eine solche Übertragung kann jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden. Inwieweit in besonderen Ausnahmefällen für die bei Besorgung solcher Geschäfte aufgelaufenen Kosten vom Bund ein Ersatz geleistet wird, wird durch Bundes­gesetz bestimmt. Art. 103 Abs. 2 und 3 gilt sinngemäß.“

 

In der Privatwirtschaftsverwaltung gilt - abweichend von Art. 102 - der Grundsatz der unmittel­baren Bundesverwaltung. Der zuständige Bundes­minister kann gemäß Abs. 2 seinen Bereich der Privatwirtschafts­verwaltung auch in Form der mittel­baren Bundesverwaltung besorgen (sog. „Auftragsverwaltung“).

 

- Art. 52 Abs. 1 und 2 (parlamentarische Kontrolle)

 

   „(1) Der Nationalrat und der Bundesrat sind befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben.

 

   (2) Kontrollrechte gemäß Abs. 1 bestehen gegenüber der Bundesregierung und ihren Mitgliedern auch in bezug auf Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist und die der Kontrolle des Rechnungs­hofes unterliegen. Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unter­nehmun­gen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Dies gilt auch für Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen.“

 

Das sog. „Interpellationsrecht“ bezieht sich auf „die Geschäfts­füh­rung der Bundesregierung“, also auf die gesamte hoheitliche und privatwirt­schaftliche Tätig­keit. Dazu zählt allerdings nur jenes Verwaltungshandeln, das dem Bund zuzurechnen ist. Abs. 2 stellt klar, dass dies jeden­falls auf die vom Bund beherrschten Unternehmen zutrifft.

 

- Art. 126b, 127 und 127a (Kontrolle durch den Rechnungshof)

   (Anm: Text nicht abgedruckt; Überarbeitung und Zusammenfassung dieser Bestimmungen wird gesondert diskutiert)

 

- Art. 148a Abs. 1 und 2 (Kontrolle durch die Volksanwaltschaft)

 

   „(1) Jedermann kann sich bei der Volksanwaltschaft wegen behaupteter Mißstände in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten beschweren, sofern er von diesen Mißständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht. Jede solche Beschwerde ist von der Volksanwaltschaft zu prüfen. Dem Beschwerdeführer sind das Ergebnis der Prüfung sowie die allenfalls getroffenen Veranlassungen mitzuteilen.

 

   (2) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt, von ihr vermutete Mißstände in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten von Amts wegen zu prüfen.“

 

Diese Bestimmung unterwirft die gesamte Verwaltungstätigkeit des Bundes der Kontrolle durch die Volksanwaltschaft; erfasst ist sowohl die Hoheits- als auch die Privatwirtschafts­verwaltung des Bundes. Gemäß Art. 148i B-VG kann die  Volksanwalt­schaft durch Landes­verfassungs­gesetz auch für den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes für zuständig erklärt werden.

Zur Privatwirtschaftsverwaltung zählen nur die Maßnahmen, die dem Bund zuzurechnen sind, nicht jedoch Angelegenheiten, die von ausgegliederten Unternehmen zu besorgen sind. Vgl. dazu auszugsweise die Ausführungen des VfGH in VfSlg. 13.323/1992:

 

„Fraglich kann vom Wortlaut her jedoch sein, ob zu den der Prüfung durch die Volksanwaltschaft unterworfenen Akten des Bundes als Träger von Privatrechten auch jene zählen, die nicht der Bund selbst, sondern ein von ihm bestimmter anderer (sog. Ausge­gliederter) Rechtsträger setzt. Vom Wortlaut her ist sowohl eine auf einen organi­sato­rischen Bundesbegriff abstellende als auch eine funktionelle Deutung möglich.

    2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß die gewichtigeren Gründe für die organisatorische Deutung sprechen. Denn in den - zur Ermittlung des Willens des Verfassungsgesetzgebers heranzuziehenden - Materialien zur Regierungsvorlage eines Bundes­­verfassungsgesetzes über die Einrichtung der Volksanwaltschaft und eines Bundes­gesetzes über die Organisation und das Verfahren der Volksanwaltschaft (94, 95 BlgNR 14. GP), und zwar im Bericht des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes über die Volksanwaltschaft, zu dem der Verfassungsunterausschuß diese beiden Regierungsvorlagen zusammengefaßt hatte (421 BlgNR 14. GP, S 2), heißt es ausdrücklich, daß unter den Begriff der "Verwaltung des Bundes einschließlich seiner Tätigkeit als Träger von Privatrechten" (diese Wendung wird synonym für die Wortfolge "Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten" in § 1 Abs 2 des Gesetzes­entwurfes gebraucht) nicht ua. "die (privatwirtschaftliche) Tätigkeit vom Bund verschiedener Rechtsträger" fällt (so etwa "der verstaatlichten Industrie oder der verstaatlichten Banken"), die somit auch nicht der Kontrolle der Volksanwaltschaft unterliegen. Diese im Ausschuß­bericht vertretene Rechtsansicht fand die Zustimmung der überwiegenden Lehre.“

 

 

- Art. II B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974 (Monopole)

 

   „Durch Artikel I Z. 18 (Anm: Neufassung des Art. 17 B-VG) wird die Einrichtung von Monopolen durch die Bundesgesetzgebung nicht berührt.“

 

Vgl. dazu Bernhard Raschauer, Monopolunternehmen - Zugleich ein Beitrag zum Recht der öffentlichen Unternehmung, ZfV 1987, 1:

 

„Eine vermeidbare systematische Auslegungsproblematik hat der Verfassungs­gesetzgeber in der B-VG-Novelle BGBl 1974/444 aufgetan. In der - "zu Art 17 B-VG" erlassenen - Übergangsbestimmung des Art II wird angeordnet, daß durch die Neufassung des Art 17 B‑VG "die Einrichtung von Monopolen durch die Bundesgesetzgebung nicht berührt wird". Es könnte der Schluß gezogen werden, daß die Monopole dadurch systematisch in den Kontext des Art 17 B-VG und damit in die Nähe der "Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten" gerückt worden seien. Inhalt der Neufassung des Art 17 B-VG war allerdings die Streichung des Art 17 Abs 2 B-VG, demzufolge der Bund in diesen Rechtsbeziehungen durch die Landesgesetzgebung niemals ungünstiger gestellt werden durfte als das betreffende Land selbst. Dies spricht dafür, daß durch die zitierte Übergangsbestimmung lediglich klar­gestellt werden sollte, daß eine Diskriminierung der Bundesmonopole durch die Landes­gesetzgebung weiterhin unzulässig sein soll - freilich bleibt der Umstand, daß sich Art 17 Abs 2 B-VG lediglich auf die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten bezog.“

 

 

4. Kompetenzverteilung

 

Nach der derzeitigen Verfassungslage gibt es für den Bund, die Länder und die Gemeinden eine uneingeschränkte Zuständigkeit zur Vollziehung in privatrechtlichen Handlungsformen. Die Alternative dazu - die man etwa in der deutschen Verfassungsordnung findet - wäre, Kompe­tenzen analog zur Hoheitsverwaltung auf die Gebietskörperschaften aufzuteilen. Diese Alternative wurde bisher weder in der wissenschaftlichen noch in der politischen Diskussion angeregt und sie scheint auch sachlich nicht sinnvoll. Es soll also bei dieser verfassungs­rechtlichen Kompetenzlage bleiben.

 

Man muss aber die Frage stellen, ob die Formulierung des Art. 17 B-VG wirklich ausreichend klar zum Ausdruck bringt, was gewollt ist. Hier läge eine Umformulierung nahe, die einfach anordnet: „Durch die Kompetenzverteilung wird die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes, der Länder und der Gemeinden nicht berührt.“

 

Anders als bei der Verwaltung stellt sich die Situation bei der Zuständigkeit zur Gesetzgebung für Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung dar: Hier hat der Bund eine  unein­geschränkte Zuständigkeit als Zivilrechts-Gesetzgeber. Er kann diese auch dahingehend nutzen, Sonderprivatrecht für sich selbst zu schaffen. Den Ländern ist diese Möglichkeit verwehrt, was angesichts paralleler Entwicklungen im Förderungs- und Ausgliederungswesen nicht recht zu begründen ist. Es liegt daher nahe, eine verfassungsrechtliche Kompetenz­erweiterung der Länder ähnlich der Konstruktion des Art. 11 Abs. 2 oder des Art. 15 Abs. 9 B-VG anzuregen, die sinnvoller Weise in unmittelbarer Verbindung zur Grundsatznorm angelagert sein sollte. Sie könnte klarstellen: „Soweit dies im Interesse der Einheitlichkeit in der Privatwirtschaftsverwaltung erforderlich ist, können für Ausgliederungen von Landes­einrichtungen in Landesgesetzen Regelungen getroffen werden, die vom allgemeinen Gesellschaftsrecht abweichen.“   

 

Inwieweit eine ähnliche Vorgangsweise auch für das Förderungswesen angezeigt ist, wäre zu überlegen.

 

 

5. Grundrechtsfragen

 

Grundrechtsgeltung, Leistungsverpflichtung und Kontrahierungszwang

 

Allgemein soll wohl in einem modernen Staat, der sich nicht auf die traditionellen hoheitlichen Verwaltungsformen Bescheid und Verordnung beschränkt, gelten, dass die Grund­rechte auch in die Privatwirtschaftsverwaltung hineinwirken, dass in existenziell wichtigen Bereichen Leistungspflicht besteht, dass Gewährleistung den Staat bindet, dass Gleichheitssatz und Willkürverbot gelten und dass der Rechtsschutz des Einzelnen einfach zu handhaben ist. Hier ergeben sich auf verfassungsrechtlicher Ebene insbesondere Anfor­derungen an die Formulierung der Grundrechte und an die Formulierung der Zuständigkeiten der ordentlichen Gerichte sowie der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.

 

Auch hier sollte eher nicht der Ansatz gewählt werden, sich in endlose Diskussionen darüber einzulassen, welche Positionen die Verfassungsdogmatik anbietet. Vielmehr ginge es bei der Gestaltung eines neuen Konzepts darum, die Interessenslage der Normadressaten - also der Leistungs- und Förderungsempfänger sowie der Steuerzahler - im Auge zu haben.  Dieser Ansatz wird im wesentlichen dazu führen, dass dem Gesetzgeber jede Unsachlichkeit und der Vollziehung jegliche Willkür in der Entscheidung über die (Abschaffung einer) Leistung verboten ist.

 

Weiters sind Zuständigkeiten und Instanzenzüge so zu gestalten, dass sie für den einzelnen Betroffenen den optimalen Schutz gewähren. Umwegkonstruktionen wie etwa sukzessive Zuständigkeiten sind zu beseitigen. Es spricht nichts dagegen, für die Kontrolle privat­rechtlichen Handelns des Staates die Gerichte zuständig zu machen; in diesem Fall ist aber sicherzustellen, dass sie die relevanten Grundrechtsnormen ebenso anwenden, wie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Im Prozessrecht ist an Elemente zu denken, die dem öffentlich-rechtlichen Rechtsschutz nahe kommen: Verringerung des Kostenrisikos, Elemente des außerstreitigen Verfahrens, Verbandsklage …

 

Gleichheitsfragen und andere Grundrechte

 

Der Gleichheitssatz bzw. das Willkürverbot, wie es sich aus der ständigen Rechtsprechung herleitet, wird in der Privatwirtschaftsverwaltung im wesentlichen dazu führen, dass dem Gesetzgeber jede Unsachlichkeit bei den Parametern und dem Vollzugsorgan jegliche Willkür bei der Zuerkennung einer Leistung verboten ist. Inwieweit dies eine entsprechende legistische Umgestaltung des Gleichheitssatzes erfordert, ist im Kontext des Ausschusses 4 zu beurteilen.

 

Was die Wirkung anderer Grundrechte im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung anlangt, so werden in der Literatur Grenzen der Privatautonomie etwa infolge der Erwerbsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit, des Rechts auf freie Meinungsäußerung, etc. diskutiert. Die aufgewor­fenen Probleme scheinen sich mit den Mitteln der Rechtsdogmatik lösen zu lassen.

 

 

6. Förderungen

 

Konzentration, Doppelförderungen, Grundsatz der Koordinierung

 

Aus der konkurrierenden Zuständigkeit der Gebietskörperschaften ergibt sich logischer Weise, dass privatrechtliche Förderungen für dasselbe Fördersubjekt bzw. für dieselbe Aufgabe von jeder Gebietskörperschaft vorgenommen werden können. Damit ist es im Prinzip möglich - wenngleich in der Praxis eher selten - dass Einzelprojekte in unkoor­di­nierter Weise doppelt gefördert werden.

 

Grundsätzlich wäre dieses Problem nur dann vollständig zu beseitigen, wenn man an eine klare Kompetenzaufteilung im Förderwesen denkt. Dieser Weg soll aber aus den bereits darge­stellten Überlegungen heraus nicht eingeschlagen werden.

 

Es empfiehlt sich vielmehr eine möglichst weitgehende Koordinierung der Gebiets­körper­schaften im Förderwesen. Hiefür steht eine ganze Palette von Möglichkeiten zur Verfügung:

-         paktierte Gesetzgebung;

-         paktierte Förderprogramme;

-         gemeinsame Schwerpunktsetzung;

-         gegenseitige Information vor Fördervergabe;

-         gegenseitige Information nach Fördervergabe;

-         gegenseitig generell-abstrakte Information.

 

Diese Möglichkeiten werden derzeit nur ansatzweise genutzt; weder innerhalb der Gebiets­körper­schaften noch über Gebietskörperschaftsgrenzen hinweg existiert ein vollständig ausgebautes Koordinationsinstrumentarium. Im Interesse der Sparsamkeit und Zweckmäßig­keit, aber auch zur Steigerung der politischen Effizienz ist jedenfalls anzuregen, dass

-         die Vorarbeiten für eine bundesweite Förderdatenbank im Wirtschaftsressort konzen­triert werden, wobei auch Arbeitsmarktförderungen und Agrarförderungen neben allen Bereichen der Wirtschaftsförderung im engeren Sinn einzubeziehen sind,

-         die zuständigen Bundesminister und Landesräte koordinierend insbesondere in den Feldern der Kulturförderung und der Sportförderung tätig werden und

-         entsprechende Instrumente geschaffen werden, um die Wirkung von Förderungen statistisch, wirtschaftlich und politisch zu messen.

 

Kontrolle und Rechtsschutz

 

Die parlamentarische Kontrolle der Subventionsverwaltung setzt einen umfassenden und detaillierten Informationsfluss voraus. Die derzeit vorgesehenen zahllosen Berichte sollten zu diesem Zweck in der Systematik vereinheitlicht und in ihrem Inhalt in einen generellen analytischen Teil sowie eine Förderungsliste geteilt werden. Das Schwergewicht wäre auf den ersten Teil zu legen, der Rechenschaft zu geben hätte, ob die politischen Ziele mit den Förderungen erreicht wurden, ob das gewählte Instrumentarium den besten Kosten-Nutzen-Effekt hatte und welche Konsequenzen für die Zukunft aus den Erfahrungen in der Vergangen­heit gezogen werden.

 

Zur Erleichterung der politischen und der Rechnungshofkontrolle wären alle Lücken zu schließen, in denen es noch keine Förderrichtlinien gibt. Die Richtlinien sollten möglichst einheitlich gestaltet sein und den Fördernehmern wie auch der Verwaltung die notwendige Abrechnung der sachgerechten Mittelverwendung möglichst erleichtern. Sie sollen den Förder­nehmern Klarheit darüber geben, wofür die Mittel einzusetzen sind und sie sollen der Verwaltung ein Recht auf vollständige Information über die geförderte Tätigkeit des Subventions­nehmers einräumen.

 

Eine Reihe von allgemeinen Überlegungen spricht dafür, die Kontrollrechte der Volks­anwaltschaft auch in diesem Bereich so effektiv zu gestalten wie in der Hoheitsverwaltung. Es wird angeregt, ihre Ausdehnung auf ausgegliederte Rechtsträger zu überlegen.

 

 

7. Rechtsschutz

 

Die rechtsstaatliche Kontrolle im privatwirtschaftlichen Förderungswesen ist bei den ordent­lichen Gerichten durchaus gut aufgehoben. Im Lichte der vorangegangenen Ausführun­gen zu den Grundrechten ist hier keine gesonderte verfassungsrechtliche Normierung erforder­lich, es wird vielmehr darauf ankommen, wie der Grundrechtsschutz insgesamt ausgestaltet wird.

 

Die derzeit in Einzelbereichen vorgesehenen sogenannten sukzessiven Instanzenzüge wären zu beseitigen. Sie sind aufwändig und kompliziert in der Konstruktion und erschweren damit die Position des einzelnen Leistungsempfängers eher, als dass sie zu seinem Schutz beitragen. Mit der Ausbildung eines umfassenden verwaltungsgerichtlichen Systems sollte es auch leicht sein, diese Anomalie im Verfassungsgefüge zu beseitigen.

 

Handlungsbedarf besteht insbesondere in der Stärkung der Schutzbedürfnisse des einzelnen gegenüber ausgegliederten und privatrechtlich agierenden Einrichtungen des Staates. Hier wird es notwendig sein, auf einfachgesetzlicher Ebene in der jeweiligen Rechtsgrundlage einerseits Leistungsansprüche zu verankern, die umso intensiver sein müssen, je essentieller die Produkte des Ausgegliederten für die Lebenssituation der Menschen sind; andererseits wird man bewährte Instrumente einsetzen müssen, die etwa aus dem Konsumentenschutz oder aus der kollektiven Rechtsgestaltung kommen: Es ist durchaus sinnvoll, die Tarifgestaltung eines ausgegliederten staatlichen Museums, die Höhe universitärer Studiengebühren oder die Entgelte für kommunale Versorgungsleistungen an eine übergeordnete Kontrolle zu binden. Träger dieser Kontrolle könnten sowohl anwaltschaftliche Einrichtungen und Nutzergruppen als auch parlamentarische Einrichtungen sein.