Österreich-Konvent;
Ausschuss 7
Kompromissvorschlag
AK
Textskizze
(Regulatoren)
(1)
Wenn
es zur vorausschauenden Sicherung des [...] Wettbewerbs unter
Rücksichtnahme auf die besondere Bedeutung von Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichem Interesse oder zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher
Rechtsvorschriften geboten ist, können durch Gesetz besondere Organe [...]
zur behördlichen Regulierung [...] berufen werden.
(2)
Diese
Regulatoren sind so einzurichten, dass sie von dem regulierten
Wirtschaftsbereich unabhängig sind, und haben dafür Sorge zu tragen, dass
die Grundsätze und Bedingung für Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichem Interesse erfüllt werden; sie sind bei der Erlassung von
Bescheiden weisungsfrei ...;
...
Erläuterung:
1. Es entspricht der weitgehend einhelligen Auffassung, dass die
Schaffung von weisungsfreien staatlichen Einrichtungen dem über die
Verantwortung der obersten Staatsorgane vermittelten
parlamentarisch-demokratischen Prinzip an sich entgegensteht. Ausnahmsweise
liegen jedoch besondere Umstände vor, die derartige Einrichtungen erforderlich
machen oder zumindest ermöglichen sollen. Diese Umstände müssen – will man dem
Ausnahmecharakter der betreffenden Einrichtungen gerecht werden –
verfassungsrechtlich definiert werden.
Ein derartiger Umstand liegt bei der „Selbstverwaltung“ vor oder auch
auf Grund der richerlichen Involvierung in bestimmten sog. „Artikel 133 Z.4 –
Behörden“. Ein weiterer Fall betrifft die Möglichkeit, den UVS gem Art 129a Abs
1 Z 3 B-VG bestimmte Angelegenheiten zur Entscheidung zuzuweisen. Insb mit
letzterer Möglichkeit soll eine konventionskonforme Vollziehung erleichtert
werden. Ansonsten bedarf es gegenwärtig einer besonderen Verfassungsbestimmung.
Die vorgeschlagene Formulierung würde dies für Regulatoren sowie andere
gemeinschaftsrechtlich gebotene Vorgaben entbehrlich machen.
2. „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ ist ein
gemeinschaftsrechtlich determinierter Rechtsbegriff (vgl Artikel 16 und Artikel
86 Absatz 2 EGV). Er bezieht sich auf wirtschaftliche – dh grundsätzlich
marktfähige – Tätigkeiten, die mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen
verbunden werden und die im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden. Es ist
dabei nicht erheblich, ob diese Leistungen von einer staatlichen oder privaten
Einrichtung erbracht werden.
Der Regulator wird durch die ausdrückliche Bezugnahme dem Gemeinwohl
stärker verpflichtet. Er hat von Verfassungswegen für dessen Berücksichtigung
Sorge zu tragen.
Eine Alternative zu typisierten
Rechtfertigungsmomenten (Umständen) für durch einfaches Gesetz einzurichtende
unabhängige Behörden:
Aufrechterhaltung des verfassungsgrechtlichen Status Quo im Hinblick auf
die erforderlichen Verfassungsmehrheiten. Im Sinne der Transparenz bzw.
des anzustrebenden
Inkorporationsprinzips könnten alle Einrichtungen, die nicht dem Weisungsrecht
der obersten Organe unterliegen explizit in der Verfassungsurkunde angeführt
werden. Es soll an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen werden, dass eine
Durchbrechung der Ingerenz an sich ein erhöhtes Präsenz- und Konsensquorum in
staatsrechtlicher Hinsicht rechtfertigt. Oder umgekehrt betrachtet: Sollte eine
Ausschaltung gewisser staatsrechtlicher und zugleich Demokratie vermittelnder
Verantwortungssphären der obersten Staatsorgane tatsächlich einfachen
Mehrheiten überlassen werden?