Basisinformation 3

Zu den Punkten 6. (Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung) und 7. (Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union) der Struktur der Ausschussberatungen

 

6. Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung (Legalitätsprinzip, EU-Rechtsetzung)

6.1. Neuformulierung des Art. 18 B‑VG?

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über das Legalitätsprinzip?

Rechtslage: In Art. 18 Abs. 1 B‑VG (Anlage ./A) ist normiert, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Jedes Verwaltungshandeln (auch das eines Selbstverwaltungskörpers) ist somit an die Gesetze gebunden und bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Die Verwaltung kann somit nicht ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen, sondern ist an die Vorstellungen der demokratisch legitimierten Mehrheit gebunden. (Auch wenn die Gerichtsbarkeit in Art. 18 Abs. 1 B‑VG nicht ausdrücklich genannt wird, ist doch unbestritten, dass die gesamte Vollziehung – somit Verwaltung und Gerichtsbarkeit – dem Legalitätsprinzip unterliegt.) Nach Art. 18 Abs. 2 B‑VG kann jede Verwaltungsbehörde innerhalb ihres Wirkungsbereiches auf Grund der Gesetze Verordnungen erlassen.

In der Stammfassung des B‑VG 1920 hieß es in Art. 18 Abs. 2 noch, dass jede Verwaltungsbehörde Verordnungen „im Rahmen der Gesetze“ erlassen kann. Durch die B‑VG-Novelle 1925, BGBl. Nr. 268 wurde der Wortlaut des Abs. 2 dem Wortlaut des Abs. 1 angeglichen und die Wortfolge „in Rahmen“ durch die Formulierung „auf Grund“ ersetzt. In der Regierungsvorlage (327 BlgNR 2. GP – verfügbar) heißt es dazu, dass durch diese Änderung klargestellt werden soll, dass dem Verordnungsgeber durch die Wortfolge „im Rahmen der Gesetze“ kein weiterer Spielraum eingeräumt werden sollte.

Für den Gesetzgeber ergibt sich aus Art. 18 B‑VG, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Vollziehung inhaltlich ausreichend determiniert sein müssen. Das Ausmaß an Determinierung muss dem jeweiligen Regelungsgegenstand entsprechen; Gesetze, die zu Grundrechtseingriffen ermächtigen (eingriffsnahe Gesetze), unterliegen einem strengen Bestimmtheitsgebot (siehe VfSlg 10.737/1985 – verfügbar).

Nach der herrschenden Lehre unterliegt die Privatwirtschaftsverwaltung nicht dem Legalitätsprinzip (siehe Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] 246 f). Auch die Privatwirtschaftsverwaltung ist zwar an die geltenden Gesetze gebunden, sie bedarf aber keiner expliziten gesetzlichen Grundlage im Sinne eines Gesetzesvorbehaltes.

Unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht ist auch dann zu vollziehen, wenn eine gesetzliche Grundlage fehlt. Das gemeinschaftsrechtlich geforderte Ausmaß an Bestimmtheit (eine Regelung muss unbedingt gefasst und hinreichend genau sein) ist allerdings nicht so streng wie das innerstaatliche, was vereinzelt problematisiert wird (siehe Öhlinger, Verfassungsrecht5 [2003] Rz. 593).

Rechtsvergleich: In Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland heißt es:

Art. 20. ...

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

 

Die Reichweite der Bindung ist im einzelnen nicht unumstritten; jedenfalls normiert Art. 20 Abs. 3 GG keinen mit Art. 18 B‑VG vergleichbaren Totalvorbehalt, sondern einen sogenannten Parlamentsvorbehalt nach der Wesentlichkeitstheorie (siehe Merten, Gesetzgebung im demokratischen Rechtsstaat, in Holoubek ua [Hrsg.], Dimensionen des modernen Rechtsstaates [2002] 54 ff – verfügbar)

Reformvorschläge:

Vorgeschlagen wird, das Legalitätsprinzip (generell oder zumindest in bestimmten Bereichen) zu lockern, um so der Verwaltung mehr Spielräume offen zu lassen und dadurch mehr Flexibilität zu gewährleisten (Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer, Landtagsdirektor DDr. Lengheimer, Gemeindebund; siehe auch Wielinger, Was darf der Gesetzgeber? in Mayer ua [Hrsg.], FS Walter [1991] 755 ff – verfügbar). Das Gesetz wäre dann nicht mehr Voraussetzung, sondern nur mehr Schranke für das Handeln der Verwaltung.

Dem wird entgegengehalten, dass die Gesetzesbindung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung als Ausfluss des demokratischen und des rechtsstaatlichen Prinzips bestehen bleiben sollte (Klubobfrau Dr. Petrovic, Univ.Prof. DDr. Mayer; für eine Beibehaltung der strengen Gesetzesbindung auch Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] 227 f; Rill, Gesetzgebung im demokratischen Rechtsstaat, in Holoubek ua [Hrsg.], Dimensionen des modernen Rechtsstaates [2002] 73 ff – verfügbar). Eine strenge Gesetzesbindung sei auch aus Gründen der Rechtssicherheit für den einzelnen unverzichtbar.

Mitunter wird das Determinierungsgebot als Grund für die Gesetzesflut angeführt. Gegen eine Lockerung des Legalitätsprinzips und eine Verlagerung der Rechtssetzungskompetenzen auf den Verordnungsgeber wird allerdings vorgebracht, dass dadurch das Problem nur von einer Ebene auf eine andere verlagert wird (siehe Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht Bd.1 [1997] Rz. 14.008). Einen Vorschlag zur Umformulierung des Art. 18 B‑VG mit dem Ziel der Eindämmung der Gesetzesflut erstattete etwa Ermacora, Gedanken zur Wandlung des Gesetzmäßigkeitsgrundsatzes, in Korinek (Hrsg.), FS Wenger (1983) 101 ff – verfügbar:

Art. 18. (1) Die Verwaltung des Bundes, der Länder und Gemeinden, öffentlicher Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Fonds ist an die Gesetze gebunden. Einschränkungen und Erfüllungen grund- und freiheitsrechtlicher Regeln, die Begründung von Rechten und Pflichten, die Ausübung behördlicher Befehle, finanzielle Belastungen des Bürgers dürfen nur aufgrund der Gesetze erfolgen. Gesetze haben jede willkürliche Ungleichbehandlung auszuschließen und jene Ermächtigungen klar nach ob und wie zu bestimmen, die die Verwaltung mit Durchführungsverordnungen näher auszuführen hat.“

 

In der verfassungspolitischen Diskussion zur Änderung des Legalitätsprinzips wurde etwa auch folgender Vorschlag zu einer Ergänzung des Art. 18 Abs. 1 B‑VG erstattet:

„Die Gesetzgebung kann von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörden absehen und das Verhalten der Verwaltungsbehörden insb durch die Festlegung von Zielen vorherbestimmen.“

 

An der fehlenden Geltung des Legalitätsprinzips für die Privatwirtschaftsverwaltung wird mitunter kritisiert, dass sich die Geltung des Legalitätsprinzips nicht nach formalen Kriterien, sondern nach dem Rechtsschutzbedürfnis der betroffenen Rechtsunterworfenen richten sollte (siehe Öhlinger, Verfassungsrecht5 [2003] Rz. 594).

 

6.2. Erfordernis der gesetzlichen Umsetzung von EU-Richtlinien?

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelung über die Umsetzung von EU-Richtlinien?

Rechtslage: Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass Art. 18 Abs. 2 B‑VG durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht modifiziert worden ist (VfSlg. 15.189/1998 – verfügbar). Zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften, die einer innerstaatlichen Konkretisierung zugänglich sind (wie etwa bei Richtlinien oft der Fall) ist daher nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen.

Rechtsvergleich: Bei Öhlinger, Legalitätsprinzip und Europäische Integration, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg.), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 635 ff (643) – verfügbar, findet sich zur Umsetzung von Richtlinien in den EU-Mitgliedstaaten folgende Aussage:

„In rechtsvergleichender Sicht wäre dazu noch anzumerken, dass in der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten weitreichende Verordnungsermächtigungen bestehen und „die Richtlinienumsetzung ganz überwiegend aus dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren herausgehalten wird“.“(Binnenzitat aus Siedentopf, Die Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes durch die Verwaltung der Mitgliedstaaten [1990] 21)

 

Reformvorschläge: Seitens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst wurde noch vor dem Beitritt Österreichs zum EWR ein Entwurf einer Neufassung des Art. 18 Abs. 1 und 2 B‑VG (dem kein Gesetzesbeschluss folgte) zur Begutachtung verschickt:

Art. 18. (1) Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze oder unmittelbar anwendbarer Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration ausgeübt werden. Unmittelbar anwendbare Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration dürfen durch Gesetze oder Verordnungen in inhaltlicher Hinsicht nicht näher durchgeführt werden. Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration können auf europäische technische Normen in ihrer jeweils geltenden Fassung verweisen.

(2) Jede Verwaltungsbehörde kann auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. Ferner können mit Verordnung der jeweils zuständigen obersten Organe der Verwaltung des Bundes oder der Länder nicht unmittelbar anwendbare Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration näher durchgeführt werden, sofern sie inhaltlich hinreichend bestimmt sind.“

 

Die Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf führten dazu aus:

„Zu Z 1 (Art. 18 Abs. 1 und 2):

Zu Art. 18 Abs. 1:

1.    Art. 18 Abs. 1 enthält in seiner geltenden Fassung den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip). Dieser besagt bekanntlich nicht nur, daß jeder Akt der hoheitlichen Verwaltung durch ein Gesetz gedeckt sein muß, sondern verpflichtet insbesondere auch die Gesetzgebung, das Verhalten der Verwaltungsbehörden in einer von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nachprüfbaren Weise vorherzubestimmen (Prinzip der inhaltlichen Vorausbestimmung behördlichen Verhaltens durch das Gesetz).

Mit dem EWR-Abkommen werden nun aber auch Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts übernommen, die von österreichischen Vollziehungsbehörden unmittelbar, d.h. insbesondere ohne das Dazwischentreten irgendeines - auch präzisierenden - innerstaatlichen Umsetzungsaktes anzuwenden sind (EWR­bzw. EG-Verordnungen). Dies ergibt sich aus Art. 7 lit.a des Hauptteils des EWR-Abkommens, wonach ein Rechtsakt der einer EWG-Verordnung entspricht, als solcher in das innerstaatliche Recht der Vertragsparteien übernommen wird (siehe auch Art. 189 Abs. 2 des EWG-Vertrages).

Lediglich die Festlegung von Behördenzuständigkeiten, allenfalls auch verfahrensrechtlicher Regelungen, könnte in diesem Fall durch ergänzende österreichische Rechtsvorschriften erfolgen. Dies soll durch eine Ergänzung des Art. 18 Abs. 1 auf der Ebene des Bundesverfassungsrechtes klargestellt werden.

2.    Daneben soll mit der Anfügung eines zweiten Satzes in Art. 18 Abs. 1 klargestellt werden, daß aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtung (siehe oben) solche unmittelbar anwendbaren EWR­bzw. EG-Rechtsakte - unabhängig vom Grad ihrer Bestimmtheit - durch Gesetze oder Verordnungen in inhaltlicher Hinsicht nicht präzisiert werden dürfen.

3.                Schließlich soll durch die Anfügung eines weiteren Satzes darauf Bedacht genommen werden, daß zahlreiche Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts keine den jeweiligen Gegenstand abschließende Regelung enthalten, sondern für die Regelung von Einzelheiten auf europäische technische Normen in ihrer jeweils geltenden Fassung verweisen. Dies gilt insbesondere für den Bereich des Abbaus technischer Handelshemmnisse (siehe dazu die Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung, in: ABl. Nr. C 136 vom 4.6.1985, S. 1). Die vorgeschlagene verfassungsrechtliche Regelung gestattet ausnahmsweise eine - ansonsten unzulässige - dynamische Verweisung auf künftige Normsetzungsakte einer anderen, nach der österreichischen Rechtsordnung hiezu nicht ermächtigten Normsetzungsautorität.

Zu Art. 18 Abs. 2:

Art. 18 Abs. 2 enthält in seiner geltenden Fassung die allgemeine Verordnungsermächtigung der Verwaltung, wonach diese aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen kann.

Mit dem EWR-Abkommen werden auch Rechtsakte des EG-Rechts übernommen, die bloß hinsichtlich des zu erreichenden Ziels bindend sind, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlassen (EWR-Richtlinien; Art. 7 lit.b des Hauptteils des EWR-Abkommens; siehe auch Art. 189 Abs. 3 des EWR-Vertrages). Gleiches würde auch bei einer Mitgliedschaft Österreichs in den EG gelten.

Die Entscheidung, solche EWR­bzw. EG-Richtlinien umzusetzen, ist selbstverständlich in erster Linie Sache des Gesetzgebers. Soweit solche EWR­bzw. EG-Richtlinien inhaltlich nicht ausreichend bestimmt sind, wäre deren innerstaatliche Umsetzung jedenfalls Sache des einfachen Gesetzgebers.

Eine Durchsicht von Richtlinien zeigt freilich, daß - vor allem in letzter Zeit - viele von ihnen so detaillierte Regelungen enthalten, daß der Handlungsspielraum des einfachen Gesetzgebers weitgehend eingeschränkt wäre bzw. daß die notwendige Vorhersehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Verwaltungshandelns eigentlich bereits durch die Bestimmungen der Richtlinie selbst sichergestellt erscheint. Für solche Bereiche entspricht ein Tätigwerden des Verordnungsgebers unmittelbar aufgrund von Richtlinien den Anforderungen des Legalitätsprinzips.“

 

Durch die Novelle sollte die Vorrangstellung des Gesetzgebers bei der Umsetzung von Richtlinien bestätigt werden; Richtlinien, die als inhaltlich ausreichend determiniert anzusehen sind, könnten hingegen durch den Verordnungsgeber umgesetzt werden. Kritisch zu diesem Entwurf äußerte sich Öhlinger, Europäische Integration und Art 18 B‑VG, ecolex 1992, 740 – verfügbar, der diese Regelung als überflüssig erachtete, da sich die genannten Rechtsfolgen bereits der geltenden Fassung des Art. 18 B‑VG entnehmen ließen.

 

7. Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union (Art. 23c B‑VG)

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelung über die Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union?

Rechtslage: Gemäß Art. 23c Abs. 1 B‑VG obliegt die österreichische Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern der Kommission, des Gerichtshofes, des Gerichts erster Instanz, des Rechnungshofes, des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen der Bundesregierung. In den weiteren Absätzen wird für bestimmte Ernennungen das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates gefordert; weiters sind Vorschlagsrechte und Informationspflichten normiert.

Rechtsvergleich: In Art. 23 GG finden sich zum Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Union folgende Bestimmungen, die weniger eingehend sind als die entsprechenden Bestimmungen im österreichischen B‑VG:

Art. 23. (1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.

(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.

(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Massnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.

(5) Soweit in einem Bereich ausschliesslicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates massgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind, soll die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedsstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“

 

Reformvorschläge: Gefordert wird eine stärkere Einbeziehung des Bundesrates (Gemeindebund).