Basisinformation 2

Zu den Punkten 2. (Länder), 3. (Gemeinden), 4. (Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen) und 5. (Verfassungsautonomie) der Struktur der Ausschussberatungen

 

2. Länder

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Themen des Punktes 2. der Struktur der Ausschussberatungen (Länder) in engem Konnex mit Punkt 5. (Verfassungsautonomie) zu sehen sind. Die Frage, welche Regelungen auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene über die Landtage oder Landesregierungen getroffen werden sollen, ist stets in Zusammenhang mit der grundsätzlichen Frage zu sehen, inwieweit in die Bundesverfassung überhaupt derartige Regelungen aufgenommen werden sollen bzw. ob die entsprechenden Bestimmungen dem Landes(verfassungs)gesetzgeber überlassen werden sollen.

2.1. Legislative/Landtage

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über die Landtage?

Rechtslage: Die Regelung über die Gesetzgebung der Länder findet sich in den Art. 95 bis 100 B‑VG (Anlage ./A). In Art. 95 Abs. 1 ist vorgesehen, dass die Gesetzgebung der Länder von den Landtagen ausgeübt wird; die Bundesverfassung sieht somit zwingend ein Einkammersystem vor. Hinsichtlich der Wahlrechtsgrundsätze herrscht eine weitgehende Homogenität mit den für die Nationalratswahl vorgeschriebenen Wahlrechtsgrundsätzen. Gemäß Art. 95 Abs. 2 B‑VG dürfen die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechts nicht enger (wohl aber weiter) ziehen als die Bundesverfassung für die Wahlen zum Nationalrat.

Durch BGBl. Nr. 539/1977 wurden Art. 95 Abs. 4 sowie Art. 108 Abs. 2 B‑VG, die eine bundesverfassungsgesetzliche Beschränkung der Zahl der Mitglieder der Landtage sowie des Gemeinderates der Stadt Wien vorsahen, aufgehoben. (Die entsprechenden Bestimmungen sahen – gestaffelt nach der Bürgerzahl des jeweiligen Bundeslandes – eine Obergrenze zwischen 36 und 56 – bzw. 100 für Wien – vor.)

In den Art. 97 und 98 B‑VG ist die Mitwirkung des Bundes bei der Gesetzgebung der Länder normiert. [Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundes an der Landesgesetzgebung werden auch im Ausschuss 5 behandelt werden.]

Rechtsvergleich: Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland kennt keine ähnlich eingehenden Vorgaben für die Länder wie das österreichische B‑VG:

Art. 28. (1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.“

 

Reformvorschläge: Hinsichtlich der Wahlrechtsgrundsätze wurde vorgeschlagen, dem Landesgesetzgeber einen größeren Spielraum einzuräumen (und somit etwa die Einführung des Mehrheitswahlrechts zu ermöglichen) (siehe etwa die Erklärung der Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten vom 7. Februar 2003, Pkt. 10 – verfügbar). Umgekehrt wird auch die Forderung erhoben, einheitliche Wahlrechtsgrundsätze verstärkt auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zu normieren (etwa in Richtung einer einheitlichen Prozentklausel in der Höhe von 4%) (Klubobfrau Dr. Petrovic). Außerdem soll bei Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene die Stimmabgabe außerhalb des jeweiligen Wahlgebietes ermöglicht werden (siehe das bereits übermittelte Dokument 1.1.1.2.3./B).

Wiederholt wurde auch vorgeschlagen, das Einspruchsrecht gemäß Art. 98 B‑VG zu streichen oder zumindest stark einzuschränken (siehe etwa das Regierungsprogramm der Österreichischen Bundesregierung für die 22. Gesetzgebungsperiode sowie die og. Erklärung der Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten vom 7. Februar 2003).

Siehe auch die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur Bundesstaatsreform, auszugsweise abgedruckt unter Punkt 5..

 

2.2. Exekutive/Landesregierung, insbesondere Landeshauptmann:

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über die Landesregierung, im Besonderen betreffend die Bestellung (Wahl) des Landeshauptmannes?

Rechtslage: Die grundlegenden Regelungen über die Vollziehung der Länder finden sich in den Art. 101 bis 106 B‑VG (Anlage ./A). Des weiteren finden sich Bestimmungen im Bundesverfassungsgesetz vom 30. Juli 1925, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl. Nr. 289/1925:

§ 1. (1) Der Landeshauptmann ist der Vorstand des Amtes der Landesregierung. Die Bestimmung des letzten Satzes des § 9 Abs. 3 des Übergangsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Der Landeshauptmann wird auch in allen ihm in dieser Eigenschaft zukommenden Obliegenheiten durch das gemäß Art. 105 Abs. 1 B-VG berufene Mitglied der Landesregierung (Landeshauptmann-Stellvertreter) vertreten.

(3) Unter der unmittelbaren Aufsicht des Landeshauptmannes (Landeshauptmann-Stellvertreters) obliegt die Leitung des inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung dem Landesamtsdirektor, in dessen Verhinderung dem in der gleichen Weise wie der Landesamtsdirektor zu bestellenden, den gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung zum Landesamtsdirektor entsprechenden Beamten des Amtes der Landesregierung.

§ 2. (1) Das Amt der Landesregierung gliedert sich in Abteilungen, auf die die Geschäfte nach ihrem Gegenstand und ihrem fachlichen Zusammenhang aufgeteilt werden.

(2) Nach Bedarf können die Abteilungen zu Gruppen zusammengefasst werden.

(3) Den Abteilungen und Gruppen stehen Beamte des Amtes der Landesregierung vor.

(4) Die Zahl der Abteilungen und die Aufteilung der Geschäfte auf sie, im Bedarfsfalle auch die Zusammenfassung der Abteilungen zu Gruppen, wird in der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung festgesetzt.

(5) Die Geschäftseinteilung wird vom Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung erlassen. Soweit hiebei die Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung in Betracht kommen, bedarf sie der Zustimmung der Bundesregierung. Derselbe Vorgang gilt auch im Falle von Änderungen in der Geschäftseinteilung.

§ 3. (1) Die Abteilungen des Amtes der Landesregierung besorgen die ihnen nach der Geschäftseinteilung zukommenden Geschäfte, soweit es sich um solche des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes handelt, nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung unter der Leitung der Landesregierung oder einzelner Mitglieder derselben (Art. 101 Abs. 1 B-VG) und, soweit es sich um solche der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, unter der Leitung des Landeshauptmannes (Art. 102 Abs. 1 B-VG).

(2) Das Nähere über den Geschäftsgang im Amte der Landesregierung wird durch eine Geschäftsordnung geregelt, auf deren Erlassung und Abänderung § 2 Abs. 5 sinngemäß Anwendung findet.

(3) In der Geschäftsordnung ist insbesondere auch zu regeln, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder derselben, unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und die Landesverfassung geregelten Verantwortlichkeit, sich bei den zu treffenden Entscheidungen oder Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den Landesamtsdirektor, die Gruppenvorstände und Abteilungsvorstände oder ausnahmsweise auch einzelne den Abteilungen zugeteilte Beamte vertreten lassen können.

§ 4. Soweit das Amt der Landesregierung Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zu führen hat, gelten für dieses die jeweiligen Vorschriften über die Einrichtung des Buchhaltungsdienstes sowie über die Gebarung und Verrechnung bei den Behörden des Bundes.

§ 5. Die Einrichtung der Ämter der Landesregierungen gemäß den Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes ist mit dem Zeitpunkte des Inkrafttretens der Art. 10 bis 12 und 15 des Bundes-Verfassungsgesetzes (1. Oktober 1925) durchzuführen.

§ 6. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.“

 

Darüber hinaus finden sich vereinzelt auch relevante Bestimmungen im Übergangsgesetz 1920, wiederverlautbart unter der BGBl. Nr. 368/1925 (insbesondere in § 8 Abs. 5).

§ 8. (1) Die staatlichen Behörden - mit Ausnahme jener der allgemeinen politischen Verwaltung in den Ländern (Landesregierungen, Bezirkshauptmannschaften) einschließlich der bei diesen Behörden vereinigten besonderen Verwaltungszweige (bau- und forsttechnischer Dienst, Gesundheitsdienst, Veterinärdienst, Archiv- und Bibliotheksdienst, Rechnungsdienst) und der Agrarbehörden erster und zweiter Instanz (Agrarbezirksbehörden und Agrarlandesbehörden) - werden Behörden des Bundes.

(2) Die Behörden und Ämter der bisherigen autonomen Verwaltung der Länder werden Behörden (Ämter) des Landes im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes.

(3) Die staatlichen Anstalten gehen an den Bund über, die Landesanstalten sind Anstalten der Länder; die Anstalten der Bezirke, Gemeinden und sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind Anstalten dieser Körperschaften.

(4) Die im Absatz 1 ausgenommenen Behörden der politischen Verwaltung in den Ländern einschließlich der bei diesen Behörden vereinigten besonderen Verwaltungszweige sowie die Agrarbehörden werden Behörden der Länder.

(5) Bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern durch das gemäß Artikel 120 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu erlassende Bundesverfassungsgesetz und die Ausführungsgesetze hiezu geregelt ist, gelten für die Verwaltung in den Ländern folgende Bestimmungen:

           a) In der Landesinstanz bilden in jedem Land die bisherigen Behörden und Ämter der ehemals autonomen Verwaltung des Landes und die bisherige Behörde der politischen Verwaltung einschließlich der bei dieser Behörde vereinigten besonderen Verwaltungszweige eine einheitliche Behörde (Amt der Landesregierung; Artikel 106 des Bundes-Verfassungsgesetzes), deren Vorstand der Landeshauptmann ist. Der zur Leitung des inneren Dienstes berufene rechtskundige Verwaltungsbeamte (Landesamtsdirektor; Artikel 106 des Bundes-Verfassungsgesetzes) ist aus den Beamten der bisherigen autonomen oder politischen Verwaltung, die den Vorschriften über die Befähigung zur Ausübung des politischen Dienstes entsprechen, durch die Landesregierung mit Zustimmung der Bundesregierung zu bestellen. Nähere Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen werden durch besonderes Bundesverfassungsgesetz erlassen.

          b) Dem Landeshauptmann als Vorstand des Amtes der Landesregierung sind auch die Bezirkshauptmannschaften im Land unterstellt. Diese haben, ebenso wie auch die Städte mit eigenem Statut und die übrigen Ortsgemeinden, nach den näheren Bestimmungen der Bundes- und Landesgesetze sowohl die Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung als auch die der Landesverwaltung zu führen. Die Bürgermeister und Bürgermeister-Stellvertreter der Städte mit eigenem Statut leisten dem Landeshauptmann, die Bürgermeister und Bürgermeister-Stellvertreter der übrigen Ortsgemeinden dem Bezirkshauptmann vor Antritt des Amtes das Gelöbnis auf die Bundesverfassung und die Landesverfassung.

           c) (Aufgehoben durch Art. I § 2 BVG, BGBl. Nr. 393/1929)

          d) Die Grenzen der politischen Bezirk, der Gerichtsbezirke, der autonomen Bezirke und der Ortsgemeinden dürfen sich nicht schneiden; Änderungen in den Grenzen der Ortsgemeinden, durch die die Grenzen der Gerichtsbezirke berührt werden, bedürfen - unbeschadet der Einhaltung der in Betracht kommenden landesgesetzlichen Vorschriften - der Zustimmung der Bundesregierung. Änderungen in den Sprengeln der politischen Bezirke oder der autonomen Bezirke werden durch Verordnung der Landesregierung mit Zustimmung der Bundesregierung, Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte durch Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung der Landesregierung verfügt.

           e) (Aufgehoben durch § 5 BVG, BGBl. Nr. 205/1962)

           f) Änderungen in den die Rechtsverhältnisse der Ortsgemeinden sowie der allgemeinen und besonderen autonomen Bezirksverwaltungen regelnden Gesetzen können bis zu dem eingangs bezeichneten Zeitpunkt durch die Landesgesetzgebung nur insoweit vorgenommen werden, als hiedurch die in den Artikeln I, Absatz 1, IV, V, VI, XIII, XIV,XVI, XXIII und XXV des Gesetzes vom 5. März 1862, R. G. Bl. Nr. 18, enthaltenen grundsätzlichen Bestimmungen zur Regelung des Gemeindewesens nicht berührt werden. Neueinrichtungen auf dem durch diese Artikel geregelten Gebiete sind nur durch Bundesverfassungsgesetz möglich.

(6) Soweit die im Absatz 1 ausgenommenen Behörden in Gebäuden des Bundes untergebracht sind oder sich in diesen Gebäuden Dienstwohnungen für Angestellte der genannten Behörden befinden, werden diese Gebäude dem Land dauernd zur unentgeltlichen Benutzung für die bezeichneten Zwecke überlassen. Das Nähere, betreffend die Erhaltung und Verwaltung dieser Gebäude, wird durch Vereinbarung zwischen Bund und Land geregelt. Sind die in Rede stehenden Behörden in Gebäuden des Landes untergebracht, so erlischt das in dieser Hinsicht zwischen Bund und Land bisher bestandene Rechtsverhältnis. Dienen Gebäude anderer Rechtssubjekte zur Unterbringung der Behörden, so tritt das Land an Stelle des Bundes in die bezüglichen Vereinbarungen ein.

(7) Die gesamte Amtseinrichtung der im Absatz 1 ausgenommenen Behörden geht in das Eigentum der Länder über.

(8) Von den Bestimmungen des Absatzes 5 finden für die Verwaltung im Land Wien nur die Vorschriften unter c und f Anwendung.“

 

Durch § 3 Abs. 1 des BVG über die Ämter der Landesregierungen ist klargestellt, dass es dem Landesverfassungsgesetzgeber freisteht, die Landesregierung nach dem Kollegialsystem oder nach dem Ressortsystem einzurichten. Ebenso obliegt es dem Landesverfassungsgesetzgeber, zu bestimmen, ob sich die Landesregierung nach dem Konzentrations- oder dem Koalitionsmodell zusammensetzt (siehe dazu etwa Koja, Proportionalwahl oder Mehrheitswahl der Landesregierung, JRP 1995, 25 ‑ verfügbar).

Zwingend vorgesehen ist hingegen (in Art. 101 Abs. 1 B‑VG), dass die Landesregierung – und somit auch der Landeshauptmann – vom Landtag gewählt wird. Eine Direktwahl etwa des Landeshauptmannes ist somit ausgeschlossen.

Rechtsvergleich: Weder das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland noch die Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft enthält ähnlich detaillierte Vorgaben über die Vollziehung in den Ländern wie die österreichische Bundesverfassung.

Reformvorschläge: Ob die Landesregierungen nach dem Kollegialsystem oder nach dem Ressortsystem eingerichtet, bzw. ob sie nach dem Modell einer Konzentrations- oder einer Koalitionsregierung zusammengesetzt werden, fällt in die Regelungszuständigkeit des Landesverfassungsgesetzgebers. Vorschläge, diese Fragen einer zwingenden Regelung auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zuzuführen, wurden – soweit ersichtlich – nicht erstattet. Vorgeschlagen wurde aber, die Möglichkeit der Direktwahl des Landeshauptmannes auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zu eröffnen (IA 1076/A BlgNR 20. GP ‑ verfügbar).

Siehe auch die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur Bundesstaatsreform, auszugsweise abgedruckt unter Punkt 5..

 

3. Gemeinden:

Rechtslage: Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gemeinden finden sich in den Art. 115 bis 120 B‑VG (Anlage ./A). Darüber hinaus bestehen Regelungen betreffend die Gemeinden in den einzelnen Landesverfassungen. Verfassungsrechtlich abgesichert ist nur die Gemeinde als Institution, nicht hingegen die einzelnen Gemeinden als solche.

Reformvorschläge: Seitens des Gemeindebundes wird eine Bestandsgarantie der bestehenden Gemeinden gegen zwangsweise Fusionierungen gefordert.

3.1. Bundesverfassungsgesetzliche Regelungen über die kommunale Selbstverwaltung:

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über die kommunale Selbstverwaltung, sei es nach Reduzierung oder Ergänzung?

Rechtslage: In Art. 116 Abs. 1 zweiter Satz ist vorgesehen, dass die Gemeinde eine Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung ist. Das Recht auf Selbstverwaltung ist somit verfassungsrechtlich gewährleistet. In den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fallen gemäß Art. 118 Abs. 2 B‑VG alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Im eigenen Wirkungsbereich gibt es kein Weisungsrecht staatlicher Organe und keinen administrativen Instanzenzug an Organe außerhalb der Gemeinde. Gemäß Art. 119a B‑VG besteht ein Aufsichtsrecht des Bundes und der Länder. Es haben alle Gemeinden – unabhängig von ihrer Größe oder Finanzkraft – den gleichen Wirkungsbereich; abgestellt wird auf die abstrakte Einheitsgemeinde.

Rechtsvergleich: Zur Regelung der kommunalen Selbstverwaltung im Bonner Grundgesetz siehe den unter Pkt. 2.1. angeführten Art. 28 GG.

3.1.1. Normsetzungsrechte:

Fragestellung: Besteht ein Regelungsbedarf hinsichtlich der Normsetzungsrechte der Gemeinden?

Rechtslage: Nach Art. 118 Abs. 6 B‑VG kommt der Gemeinde das Recht zu, in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ortspolizeiliche Verordnungen zu erlassen.

Reformvorschläge: Angeregt wird, das Recht auf Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen auszudehnen bzw. flexibler zu gestalten (Gemeindebund, Städtebund).

3.2. Gemeindeverbände:

3.2.1. „Aktivierung“ des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden):

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über die Gemeindeverbände, insbesondere nach Aktivierung des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden)?

Rechtslage: Gemäß Art. 116a B‑VG können sich Gemeinden zur Besorgung einzelner Aufgaben ihres Wirkungsbereiches durch Vereinbarung zu Gemeindeverbänden zusammenschließen. Die Bildung von Gemeindeverbänden durch Gemeinden verschiedener Bundesländer ist verfassungsrechtlich unzulässig.

In Art. 120 B‑VG ist vorgesehen, dass die Zusammenfassung von Ortsgemeinden zu Gebietsgemeinden Sache der Bundesverfassungsgesetzgebung ist. Ein derartiges Verfassungsgesetz ist bislang nicht erlassen worden.

Reformvorschläge: Im Zusammenhang mit den Gebietsgemeinden wurde angedacht, Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörden an zu bildende Gebietsgemeinden zu übertragen (BR Prof. Konecny). Umgekehrt wird auch die Streichung des Art. 120 B‑VG gefordert (Gemeindebund).

Überlegt werden könnte auch, die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften bzw. Gemeindeverbänden zu erleichtern (Landtagsdirektor DDR. Lengheimer, SC Dr. Matzka, Städtebund).

3.3. Möglichkeiten der Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden:

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelung betreffend die Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden?

Rechtslage: Gemäß Art. 118 Abs. 7 B‑VG kann auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches durch Verordnung auf eine staatliche Behörde übertragen werden.

Reformvorschläge: Angeregt wurde, den Gemeinden einen Anspruch auf Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden (ebenso wie auf Rückübertragung) einzuräumen (Gemeindebund, Städtebund).

 

4. Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen:

4.1. Zahl der staatlichen Ebenen unter Berücksichtigung der EU-Ebene:

Fragestellung: Besteht die Möglichkeit, die Zahl der staatlichen Ebenen zu reduzieren?

Rechtslage: Auf Verfassungsebene sind als Rechtsträger Bund, Länder und Gemeinden vorgesehen. Gemäß § 2 AVG kommt den Bezirksverwaltungsbehörden in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung eine subsidiäre Allzuständigkeit zu.

 

4.2. Neue Formen der Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden:

4.2.1. Art. 15a B‑VG – Vereinbarung – self-executing?

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelungen über Gliedstaatsverträge, insbesondere nach Schaffung von „self-executing“-Vereinbarungen?

Rechtslage: Gemäß Art. 15a B‑VG können Bund und Länder untereinander Vereinbarungen schließen.

Art. 15a. (1) Bund und Länder können untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen. Der Abschluß solcher Vereinbarungen namens des Bundes obliegt je nach dem Gegenstand der Bundesregierung oder den Bundesministern. Vereinbarungen, die auch die Organe der Bundesgesetzgebung binden sollen, dürfen nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates abgeschlossen werden, wobei Artikel 50 Absatz 3 auf solche Beschlüsse des Nationalrates sinngemäß anzuwenden ist; sie sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

(2) Vereinbarungen der Länder untereinander können nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches getroffen werden und sind der Bundesregierung unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.

(3) Die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechtes sind auf Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 1 anzuwenden. Das gleiche gilt auch für Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2, soweit nicht durch übereinstimmende Verfassungsgesetze der betreffenden Länder anderes bestimmt ist.“

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 9886/1983 – verfügbar) und der herrschenden Lehre (etwa Thienel, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art. 15a, Rz. 94) sind Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG nicht unmittelbar anwendbar; sie haben Rechtswirkungen nur für die Vertragsparteien, nicht aber für die Rechtsunterworfenen.

Reformvorschläge: Die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur Bundesstaatsreform, der allerdings kein Gesetzesbeschluss folgte, sah eine Neuregelung des Art. 15a B‑VG vor, der zufolge unmittelbar anwendbare Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG zulässig sein sollten.

Art. 15a. (1) Bund und Länder können Vereinbarungen über A­ngelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen.

(2) Der Abschluß solcher Vereinbarungen namens des Bundes obliegt je nach dem Gegenstand der Bundesregierung oder den Bundesministern. Vereinbarungen gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Inhalts dürfen nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates abgeschlossen werden, wobei Art. 50 Abs. 2 und 3 für solche Beschlüsse des Nationalrates gilt; sie sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Anläßlich des Abschlusses einer anderen Vereinbarung kann das abschließende Organ anordnen, daß die Vereinbarung durch Erlassung von Verordnungen zu erfüllen ist.

(3) Der Abschluß von Vereinbarungen namens eines Landes obliegt dem nach der Landesverfassung zuständigen Organ. Vereinbarungen gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Inhalts dürfen nur mit Genehmigung des Landtages abgeschlossen werden. Bei einer Vereinbarung gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Inhalts kann der Landtag anläßlich ihrer Genehmigung beschließen, daß sie durch Erlassung von Gesetzen, bei einer anderen Vereinbarung kann das nach der Landesverfassung zuständige Organ anordnen, daß sie durch Erlassung von Verordnungen zu erfüllen ist.

(4) Vereinbarungen der Länder untereinander können nur über A­ngelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches abgeschlossen werden. Bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen, die für die Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen der Länder besondere Erfordernisse festlegen, gelten auch für Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen zu erfüllen sind. Auf Beschlüsse der Landtage gemäß Abs. 3 zweiter Satz über Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sind, ist Art. 98 anzuwenden; andere Vereinbarungen der Länder untereinander sind der Bundesregierung vor ihrem Inkrafttreten zur Kenntnis zu bringen.

(5) Durch Vereinbarungen nach Abs. 4 können für einzelne Angelegenheiten gemeinsame Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters geschaffen werden.

(6) Die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechtes sind auf Vereinbarungen im Sinne des Abs. 1 anzuwenden. Das gleiche gilt für Vereinbarungen im Sinne des Abs. 4, soweit nicht durch die Verfassungen der betreffenden Länder übereinstimmend anderes bestimmt ist.“

 

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führten dazu aus:

„Art. 15a ist in dem Sinne neu gestaltet, daß Vereinbarungen im Sinne dieses Artikels – so wie Staatsverträge – unmittelbar anwendbar sein können; die zusätzliche Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen wird dadurch im Regelfall entbehrlich werden. Da solche Vereinbarungen auch Angelegenheiten des Bundesverfassungsrechts zum Gegenstand haben können, wird auf diese Weise insbesondere auch die – präzisierende – Festlegung der Grenzen zwischen einzelnen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder ermöglicht.

Da beabsichtigt ist, auch unmittelbar anwendbare Vereinbarungen nach Art. 15a B‑VG zuzulassen, wird im Abs. 2 in einer Weise, die vergleichbar mit jener bei völkerrechtlichen Verträgen ist, angeordnet, daß bei gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern die Genehmigung des Nationalrates einzuholen ist und die Vereinbarung kundzumachen ist. Sofern es sich um Vereinbarungen handelt, die nicht der Genehmigung des Nationalrates bedürfen, soll es der Bundesregierung überlassen bleiben, die Erfüllung der Vereinbarung Verordnungen vorzubehalten.

Abs. 3 trifft für den Abschluß von Vereinbarungen auf Seiten des Landes eine Regelung, die der in Abs. 2 für die Bundesseite vorgesehenen analog ist.

Abs. 4 übernimmt in seinem ersten Satz und im zweiten Teil seines letzten Satzes den bisherigen Abs. 2. Weiters wird ausdrücklich der (an sich selbstverständliche) Grundsatz normiert, daß die bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen, die für die Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen der Länder besondere Erfordernisse festlegen, auch für unmittelbar anwendbare Vereinbarungen nach Art. 15a gelten; dabei ist etwa an das Zustimmungsrecht der Bundesregierung nach Art. 15 Abs. 7 oder Art. 97 Abs. 2 zu denken. In demselben Sinne ist vorgesehen, daß gesetzändernde oder gesetzesergänzende Vereinbarungen, die unmittelbar anwendbar sein sollen, dem Einspruchsverfahren nach Art. 98 unterliegen. Das ist eine notwendige Folge der Einführung gesetzändernder oder gesetzesergänzender Vereinbarungen, die unmittelbar anwendbar sind. Bisher mußten die die Vereinbarung erfüllenden Gesetze das Einspruchsverfahren nach Art. 98 durchlaufen; da nun an deren Stelle aber die unmittelbar anwendbaren Vereinbarungen treten, muß sich das Einspruchsverfahren auf die Vereinbarung selbst beziehen.

Eine Neuerung bringt auch Abs. 5, der es den Ländern ermöglicht, durch Vereinbarungen untereinander gemeinsame Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters zu schaffen.

Im übrigen wurden die bisherigen Regelungen des Art. 15a übernommen.“

 

Gegen eine Normierung unmittelbar anwendbarer Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG wird vorgebracht, dass derartige Rechtsakte keine demokratische Legitimität aufweisen und eine derartige Änderung somit aus demokratiepolitischen Gründen abzulehnen ist (Landtagspräsident Ing. Griessner, Klubobfrau Dr. Petrovic).

Vorgeschlagen wurde auch, die Gemeinden in die Regelung des Art. 15a B‑VG einzubeziehen und dem Gemeindebund sowie dem Städtebund die Befugnis einzuräumen, mit dem Bund und/oder den Ländern Vereinbarungen abzuschließen. (Derzeit ist den Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund, durch das BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998, nur das Recht eingeräumt, mit dem Bund und den Ländern eine Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und einen Stabilitätspakt abzuschließen.)

4.2.2. gemeinsame Einrichtungen

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach einer Regelung über gemeinsame Einrichtungen der Gebietskörperschaften?

Rechtslage: Nach der überwiegenden Lehre ist die Schaffung von gemeinsamen Einrichtungen mit Hoheitsbefugnissen durch eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG nicht möglich (etwa Thienel, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art. 15a, Rz. 40 ff).

Reformvorschläge: Angeregt wird, diese Möglichkeit nunmehr einzuräumen.

Siehe auch Art. 15a B‑VG idF der Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur Bundesstaatsreform, der die Schaffung gemeinsamer Einrichtungen für die Privatwirtschaftsverwaltung vorsah; abgedruckt unter Punkt 4.2.1..

 

5. Verfassungsautonomie:

5.1. bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben für die Länder

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Reduzierung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben für die Länder?

Rechtslage: Vorgaben für die Länder auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene finden sich insbesondere in den Art. 95 bis 106 B‑VG (Anlage ./A), im BVG über die Ämter der Landesregierungen und im Übergangsgesetz 1920.

In Art. 99 Abs. 1 B‑VG ist vorgesehen, dass die durch Landesverfassungsgesetz zu erlassende Landesverfassung, durch Landesverfassungsgesetz abgeändert werden kann, soweit dadurch die Bundesverfassung nicht berührt wird. Das Verhältnis zwischen Bundesrecht und Landesrecht ist somit durch den Grundsatz der relativen Verfassungsautonomie der Länder bestimmt. Die Landesverfassung darf die Bundesverfassung nicht berühren; in den Bereichen, in denen die Bundesverfassung keine Regelung trifft, bestehen allerdings keine Vorgaben. Daraus folgt, dass eine Vielzahl von bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben zwar den Gestaltungsspielraum der Länder einschränkt, umgekehrt aber eine zu große Rechtszersplitterung verhindert.

Reformvorschläge: In Frage gestellt wurde wiederholt die Notwendigkeit der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben im BVG über die Ämter der Landesregierungen (Landtagspräsident Ing. Griessner, Landtagsdirektor DDr. Lengheimer, Univ.Prof. DDr. Mayer). Weiters wurde in Frage gestellt, warum die Landesregierung zwingend durch den Landtag gewählt werden muss und somit eine Direktwahl des Landeshauptmannes ausgeschlossen ist.

Zu Forderungen im Zusammenhang mit den Wahlrechtsgrundsätzen siehe schon unter Pkt. 2.1.).

Die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur Bundesstaatsreform, der allerdings kein Gesetzesbeschluss folgte, sah für die Art. 95 ff B‑VG unter anderem folgende Änderungen vor (so sollte etwa das Verhältnis Landesverfassungsrecht – Bundesverfassungsrecht klarer als bisher normiert werden).

21. In Art. 95 erhalten die Abs. 2 bis 4 die Bezeichnungen „(3)“ bis „(5)“ und treten an die Stelle des Abs. 1 die folgenden Absätze:

„(1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Unbeschadet dessen kann die Landesverfassung dabei die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Landtag Wahlberechtigten vorsehen.

(2) Die Mitglieder der Landtage werden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürger gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren und über die allfällige Wahlpflicht getroffen. In diesem Landesgesetz sind insbesondere auch die Gründe festzusetzen, aus denen eine Nichtteilnahme an der Wahl trotz Wahlpflicht als entschuldigt gilt.“

22. Art. 97 Abs. 2 lautet:

„(2) Insoweit ein Landesgesetz die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung vorsieht, muß hiezu die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden; dies gilt nicht für die Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherhei­tsdienstes bei Vorbeugungsmaßnahmen gegen Verwaltungsübertretungen, deren Verfolgung oder der Anwendung gesetzlich vorgesehenen körperlichen Zwanges, soweit darüber das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres hergestellt worden ist; das betreffende Land kann durch eine Verordnung, die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zu erlassen ist, zum Kostenersatz herangezogen werden. Die Zustimmung gilt als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist, dem Landeshauptmann mitgeteilt hat, daß die Mitwirkung der Bundesorgane verweigert wird. Vor Ablauf dieser Frist darf die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses nur erfolgen, wenn die Bundesregierung ausdrücklich zugestimmt hat.“

...

24. Art. 98 Abs. 2 lautet:

„(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluß eines Landtages binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist, einen mit Gründen versehenen Einspruch erheben; ausgenommen sind Gesetzesbeschlüsse in Angelegenheiten, die denen des Art. 42 Abs. 5 entsprechen. Wenn dem Bund vor Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens über den Gesetzesbeschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zum zugrunde liegenden Entwurf gegeben worden ist, darf sich der Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes gründen. Im Falle eines Einspruches darf der Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden, wenn ihn der Landtag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder wiederholt.“

25. Art. 99 Abs. 1 lautet:

„(1) Die durch Landesverfassungsgesetz zu erlassende Landesverfassung darf der Bundesverfassung nicht widersprechen.“

26. Art. 101 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) Die Landesregierung gibt sich eine Geschäftsordnung, in der nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung insbesondere die Besorgung von Geschäften durch die Landesregierung als Kollegium oder auch durch einzelne ihrer Mi­tglieder geregelt wird. Die Geschäftsordnung ist der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.

(6) Die Mitglieder der Landesregierung sind dem Landtag gemäß Art. 142 verantwortlich. Zu einem Beschluß, mit dem eine Anklage im Sinne des Art. 142 erhoben wird, bedarf es der Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder.“

27. Art. 102 bis 107 lauten:

„Art. 102. In den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung Landessache ist, steht der Bundesregierung und den einzelnen Bundesministern gegenüber der Landesregierung die Befugnis zu:

        1.   durch Bundesorgane in die Akten der Landesbehörden Einsicht zu nehmen;

        2.   die Übermittlung von Berichten über die Praxis der Vollziehung der vom Bund erlassenen Gesetze und Verordnungen zu verlangen;

        3.   bei der Vorbereitung der Erlassung von Gesetzen und Verordnungen durch den Bund alle Auskünfte über die Vollzi­ehung zu verlangen;

        4.   in bestimmten Fällen Auskünfte und die Vorlage von Akten zu verlangen, soweit dies zur Ausübung anderer Befugnisse, wie der gemäß Art. 103 oder zur Erhebung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, notwendig ist.

Art. 103. Wenn in einer bestimmten Angelegenheit, in der die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung Landessache ist, von Amts wegen ein Akt der Vollziehung zu setzen wäre, der zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen, zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Allgemeinheit oder zur Vermeidung eines schwerwiegenden finanziellen Schadens für den Bund erforderlich ist, das zuständige Organ des Landes aber rechtswidriger Weise untätig bleibt, dann kann der zuständige Bundesminister die Landesregierung unter Bestimmung einer angemessenen Frist auffordern, für die Setzung des erforderlichen Aktes zu sorgen. Verstreicht die Frist ungenützt, dann kann der zuständige Bundesminister durch eine gegenüber der Landesregierung abzugebende Erklärung verfügen, daß die Zuständigkeit zur Setzung des betreffenden Aktes auf ihn übergeht. Das Land hat dem Bund die mit der Ausübung einer zu Recht in Anspruch genommenen Zuständigkeit verbundenen Kosten zu ersetzen.

Art. 104. (1) Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens b­etrauten Bundesminister können den Ländern mit deren Zustimmung die Besorgung von Geschäften der in Art. 17 bezeichneten Art übertragen.

(2) Die Landesregierung ist bei der Besorgung übertragener Geschäfte an die Weisungen der Bundesminister gebunden.

(3) Eine Übertragung gemäß Abs. 1 kann jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden. Dabei ist, ausgenommen beim landwirtschaftlichen Förderungswesen und bei Verfügungen über bundeseigene Gebäude und Liegenschaften, eine Frist von mindestens einem Jahr einzuhalten, es sei denn, daß der Widerruf erfolgt, weil die ordnungsgemäße Verwaltung des Bundesvermögens nicht gewährleistet ist.

(4) Inwieweit in besonderen Ausnahmefällen für die bei Besorgung derartiger Geschäfte aufgelaufenen Kosten ein Ersatz geleistet wird, wird durch Bundesgesetz bestimmt.

Art. 105. (1) Der Landeshauptmann vertritt das Land.

(2) Die Landeshauptmänner bilden in ihrer Gesamtheit die Landeshauptmännerkonferenz.

Art. 106. (1) Die Geschäfte der Landesregierung und des Landeshauptmannes werden durch das Amt der Landesregierung besorgt.

(2) Der Landeshauptmann ist der Vorstand des Amtes der Landesregierung. Als solchem sind ihm auch die Bezirkshauptmannschaften unterstellt.

(3) Zur Leitung des inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung wird von der Landesregierung ein rechtskundiger Verwaltungsbeamter als Landesamtsdirektor bestellt. Sein Stellvertreter ist in gleicher Weise und unter den gleichen Voraussetzungen zu bestellen. Die Leitung des inneren Dienstes erfolgt unter der unmittelbaren Aufsicht des Landeshauptmannes.

(4) Die Regelungen des Geschäftsganges (Geschäftsordnung) sowie die innere Gliederung und Verteilung der Geschäfte (Geschäftseinteilung) im Amt der Landesregierung werden vom Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung getroffen.

Art. 107. Die Landesregierung und die Bezirkshauptmannscha­ften sind die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung. Die Bezirkshauptmannschaften besorgen die Aufgaben der Bezirksverwaltung.“ “

 

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führten dazu wie folgt aus:

Zu Art. 1 Z 21 (Art. 95 Abs. 1 B‑VG):

Dem Wunsche der Länder entsprechend, sollen die derzeit bestehenden Einrichtungen der unmittelbaren Demokratie auf Landesebene verfassungsrechtlich abgesichert werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß es nicht das Ziel dieser Regelung ist, ein Abgehen von dem bisher sowohl auf der Ebene des Bundes als auch auf der Ebene der Länder vorgesehenen Grundsatz der repräsentativen, nämlich parlamentarischen Demokratie abzugehen, und etwa eine nach dem Prinzip der unmittelbaren Demokratie organisierte staatliche Ordnung zu ermöglichen.

Zu Art. 1 Z 22 (Art. 97 Abs. 2 B‑VG):

In dieser Bestimmung wird die Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Vollziehung von Landesgesetzen neu geregelt. Es wird zwar das Prinzip aufrechterhalten, daß die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von Landesgesetzen nach wie vor der Zustimmung der Bundesregierung bedarf. Für die Mitwirkung der Organe des Sicherheitsdienstes gilt dies nicht, soweit diese Organe nur bei Vorbeugungsmaßnahmen gegen Verwaltungsübertretungen, deren Verfolgung oder der Anwendung gesetzlich vorgesehenen körperlichen Zwanges herangezogen werden, darüber bereits ein Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres hergestellt worden ist.

Zu Art. 1 Z 24 (Art. 98 Abs. 2 B‑VG):

Von der bestehenden Regelung unterscheidet sich die Neufassung des Art. 98 Abs. 2 dadurch, daß in Fällen, in denen Gesetzesbeschlüsse der Länder Angelegenheiten zum Gegenstand haben, die jenen des Art. 42 Abs. 5 B‑VG entsprechen, nicht dem Einspruchsrecht des Bundes unterliegen sollen. Es wird damit ein Gleichklang des Einspruchsrechtes des Bundes mit jenem des Bundesrates hergestellt, der bei Bundesgesetzen im Sinne des Art. 42 Abs. 5 ebenfalls kein Einspruchsrecht hat.

Aus der neu eingefügten Ausnahme kann nicht gefolgert werden, daß entsprechende Rechtsakte tatsächlich in Gesetzesform getroffen werden müssen.

Zu Art. 1 Z 25 (Art. 99 Abs. 1 B‑VG):

Derzeit ist im Art. 99 Abs. 1 vorgesehen, daß durch das Landesverfassungsgesetz die Bundesverfassung „nicht berührt“ werden darf. Diese Formulierung hat in der Vergangenheit immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Um den Handlungsspielraum des Landesverfassungsgesetzgebers deutlicher zu umschreiben, soll daher klargestellt werden, daß die Landesverfassung der Bundesverfassung nicht widersprechen darf.

Zu Art. 1 Z 26 (Art. 101 Abs. 5 und 6 B‑VG):

In Abs. 5 wird eine Regelung über die Geschäftsordnung der Landesregierung vorgesehen. Darin wird die Organisierung der Angelegenheiten der obersten Landesverwaltung nach dem Kollegial‑ oder nach dem Ressortprinzip bundesverfassungsgesetzlich zur Disposition des Landesverfassungsgesetzgebers bzw. – darauf gestützt – der Landesregierung bei Erlassung ihrer Geschäftsordnung gestellt. Ferner ist danach die Geschäftsordnung der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.

Die Regelung des Abs. 6 ist aus systematischen Gründen aus Art. 105 Abs. 2 und 3 übernommen.

Zu Art. 1 Z 27 (Art. 102 bis 107 B‑VG):

Zu Art. 102:

Die Verwirklichung des vorliegenden Entwurfes bedeutet, daß der Großteil jener Angelegenheiten, die bisher in mittelbarer Bundesverwaltung zu führen waren, nunmehr in die selbständige Vollziehung der Länder fallen. Ein Großteil dieser Angelegenheiten verbleibt zwar in der Gesetzgebung weiterhin beim Bund, die Vollziehung dieser Bundesgesetze erfolgt jedoch autonom durch die Länder. Der Bund wird daher einer solchen Regelung vor allem im Hinblick auf seine Aufgaben auf dem Gebiet der Gesetzgebung ein besonderes Interesse daran haben, Informationen über die Art und Weise des Vollzuges der Bundesgesetze zu erhalten. Diesem Zweck dient das im Art. 102 vorgesehene Informationsrecht. Die Regelung ist aus dem geltenden Art. 11 Abs. 9, wonach dieses Informationsrecht allerdings auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt ist, übernommen.

Die Wortwahl „Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung Landessache ist“ im einleitenden Satzteil dieses Artikels knüpft an den Wortlaut des einleitenden Satzteils des Art. 11 Abs. 1 B‑VG an. Einer gleichartigen Regelung für den in Art. 10 Abs. 3 geregelten Bereich bedarf es im Hinblick auf das dort festgesetzte Weisungsrecht des Bundes nicht.

Das Informationsrecht des Bundes ist zweigeteilt geregelt: Es besteht einerseits darin, daß Bundesorgane selbst in die Akten der Landesbehörden Einsicht nehmen können, und auf der anderen Seite in einem Auskunftsrecht des Bundes gegenüber den Ländern. Im ersteren Fall haben die Länder die Tätigkeit des Bundes nur zu dulden, im letzteren Fall aber positiv tätig zu werden. Das Informationsrecht in der Form einer Berichtspflicht der Länder ist in den Z 2 bis 4 geregelt. In der Z 2 ist vorgesehen, daß der Bund die Übermittlung von Berichten über die Praxis der Vollziehung von Bundesgesetzen verlangen kann, worunter allgemeine Berichte zu verstehen sind. Von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Vollzugspraxis dann, wenn neue Gesetze und Verordnungen des Bundes vorbereitet werden. Diesen Fall hat die Z 3 im Auge. Schließlich regelt die Z 4 jenen Fall, in dem der Bund zu prüfen hat, ob er nicht von Einrichtungen Gebrauch machen soll, die ihm nach wie vor einen gewissen Einfluß auf die – grundsätzlich autonome – Landesvollziehung gewährleisten. Es ist selbstverständlich, daß auf Bundesseite diese Frage nur entschieden werden kann, wenn die entsprechenden Informationen vorliegen. Deshalb werden die Länder unter dieser Voraussetzung verpflichtet, Auskünfte zu erteilen und die Vorlage von Akten vorzunehmen. Allerdings bezieht sich diese Regelung nur auf „bestimmte Fälle“, dh. der Bund wird ein Verlangen im Sinne der Z 4 nur dann stellen können, wenn er Grund zur Annahme hat, daß in bestimmten Fällen das Einschreiten des Bundes erforderlich sein könnte.

Zu Art. 103:

Wie auch in anderen Bundesstaaten wird es für erforderlich erachtet, daß unter bestimmten Voraussetzungen der Bund in die – grundsätzlich – selbständige Vollziehung der Bundesgesetze durch die Länder eingreifen kann. Die Voraussetzungen für derartige Eingriffe sind die Erforderlichkeit zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen, zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit – diese Formulierungen sind aus Art. 18 Abs. 3 B‑VG bzw. aus § 68 Abs. 3 AVG übernommen – und schließlich die Vermeidung eines schwerwiegenden finanziellen Schadens für den Bund.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß es dem Bund nach wie vor vorbehalten bleibt, im Wege von Empfehlungen auf die Einheitlichkeit des Vollzuges der Bundesgesetze hinzuwirken.

Die erforderliche Einflußnahme auf die Vollziehung der Bundesgesetze durch die Länder soll durch drei Instrumente sichergestellt werden:

        1.   durch den Kompetenzübergang auf den Bund (Art. 103),

        2.   durch die Möglichkeit der Säumnisbeschwerde (Art. 132 Abs. 2) und

        3.   durch die Amtsbeschwerde (Art. 131 Abs. 1 Z 2).

Art. 103 sieht vor, daß dann, wenn ein Land bei einem von Amts wegen zu setzenden Vollziehungsakt säumig wird, unter der schon genannten Voraussetzung es zunächst aufzufordern ist, den erforderlichen Akt zu setzen. Geschieht dies nicht fristgerecht, kann der Bundesminister sich für zuständig erklären und anstelle des Landes den Vollziehungsakt setzen. Es handelt sich dabei um eine Form der Ersatzvornahme; hiefür können auch Landesorgane herangezogen werden. Der Kompetenzübergang erfolgt in solchen Fällen nur für den Vollziehungsakt, den zu setzen das Land säumig geworden ist, und nur in dem Umfang, in dem der Bundesminister die Kompetenz an sich gezogen hat. Er hindert das an sich zuständige Organ des Landes, seine Zuständigkeit durch die bislang verabsäumte Setzung des erforderlichen Aktes auszuüben. Hat der Bundesminister den Akt gesetzt, so sind seine Befugnisse dem Art. 103 erschöpft. Er ist nicht befugt, in derselben Angelegenheit weitere Vollziehungsakte zu setzen, es sei denn, das Land würde neuerlich säumig.

Die Kosten des auf diese Weise gesetzten Vollziehungsakte hat das Land zu tragen. Allerdings nur dann, wenn der Bundesminister seine Zuständigkeit „zu Recht in Anspruch genommen“ hat. Diese Regelung ermöglicht zugleich eine Art der Rechtmäßigkeitskontrolle: Zwar soll auch in jenen Fällen, in denen ein Land bestreitet, daß die Voraussetzung für einen Kompetenzübergang vorliegen, der Kompetenzübergang, so die formalen Voraussetzungen eingehalten werden (Aufforderungserklärung), erfolgen. In einem solchen Fall könnte das Land aber über die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise – jedenfalls implizit – eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes herbeiführen, indem die Kosten nicht bezahlt werden. Klagt der Bund die Kosten nach Art. 137 B‑VG ein, so kommt der Verfassungsgerichtshof in die Lage, die Rechtmäßigkeit des Kompetenzübergangs zu prüfen, denn das ist Voraussetzung dafür, daß das Land die Kosten zu tragen hat.

Zu Art. 104:

Diese Bestimmung wird gegenüber der geltenden Rechtslage in zweifacher Hinsicht ergänzt:

        1.   Die Übertragung der Verwaltung von Bundesvermögen an die Länder wird künftig nur mehr mit deren Zustimmung zulässig sein. Dadurch soll es den Ländern ermöglicht werden, zu beurteilen, ob sie die Aufgabe, inbesondere im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten, übernehmen

        2.   Ist die Verwaltung von Bundesvermögen einmal übertragen worden, so ist der Widerruf der Übertragung an eine Frist von einem Jahr gebunden. Dadurch, daß ein Widerruf erst nach Ablauf eines Jahres wirksam wird, soll den Ländern Gelegenheit gegeben werden, insbesondere durch entsprechende organisatorische Maßnahmen auftretende Übergangsprobleme vor allem hinsichtlich des betroffenen Personals zu meistern. Keine derartige Frist ist jedoch für den Fall vorgesehen, daß bei einem Fortbestand der Übertragung die ordnungsgemäße Verwaltung des Bundesvermögens nicht gewährleistet wäre.

Die dargelegte Regelung soll allerdings nicht im landwirtschaftlichen Förderungswesen und bei der Verfügung über bundeseigene Gebäude und Liegenschaften gelten. Es handelt sich dabei um Bereiche, in denen vielfach schnelles Handeln erforderlich ist, sodaß die Bindung des Widerrufs an eine Frist nicht sachgerecht wäre. Bei der Verfügung über bundeseigene Gebäude und Liegenschaften ist an die Übertragung solcher Liegenschaften an die Bundesimmobiliengesellschaft gedacht.

Soweit derzeit die Verwaltung von Bundesvermögen bereits übertragen ist, bedarf der Fortbestand der Übertragung keiner Zustimmung der Länder (vgl. den vorgeschlagenen Art. 150 Abs. 2 Z 8 B‑VG).

Zu Art. 105:

Abs. 1 übernimmt den ersten Satz der geltenden Bestimmung. Die Bestimmungen über die Vertretung des Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung entfallen im Zusammenhang mit der Abschaffung dieses Typs der Bundesvollziehung. Für die beiden letzten Sätze des geltenden Abs. 1 (Verantwortlichkeit und Immunität) wird in Art. 142 Abs. 3 eine Ersatzregelung getroffen.

Eine Ersatzregelung für die geltenden Abs. 2 und 3 (Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber dem Landtag) wird aus systematischen Gründen in einem neuen Art. 101 Abs. 6 getroffen.

Abs. 2 enthält eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Verankerung der Landeshauptmännerkonferenz. Damit wird aber kein neues Staatsorgan geschaffen. Die Kompetenzen der Landesregierungen und der Landtage bleiben unberührt. Die Landeshauptmännerkonferenz wird lediglich beratend tätig, was nicht ausschließt, daß ihr gesetzlich Nominierungsrechte eingeräumt werden.

Zu Art. 106:

Der Art. 106 übernimmt Regelungen, die sich derzeit hauptsächlich im Bundesverfassungsgesetz über die Grundsätze der Einrichtung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, aber auch im geltenden Art. 106 finden; dabei werden jedoch Regelungen weggelassen, die mit der bisherigen mittelbaren Bundesverwaltung im Zusammenhang stehen oder die – aus heutiger Sicht – als unnötige Determinierung der Organisationshoheit der Länder anzusehen ist.

Zu Art. 107:

Der Art. 107 übernimmt die Grundsätze des § 8 Abs. 5 lit. b ÜG 1920 in das B‑VG. Dabei wird zugleich eine Umschreibung des Begriffs der „Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung“ gegeben, der im B‑VG bereits verwendet wird (geltender Art. 15 Abs. 10, im Entwurf Art. 15 Abs. 7; geltender Art. 119a Abs. 3), dessen Inhalt jedoch aus § 8 Abs. 1 und 5 des Übergangsgesetzes 1920 abzuleiten ist.“

 

Rechtsvergleich: Im Bonner Grundgesetz ist in Art. 31 ausdrücklich der Vorrang des Bundesrechts gegenüber dem Landesrecht normiert:

Art. 31. Bundesrecht bricht Landesrecht.“

 

Außerdem ist in Art. 37 der sogenannte Bundeszwang vorgesehen:

Art. 37. (1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.

(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die Bundesregierung oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber allen Ländern und ihren Behörden.“