Basisinformation
2
Zu
den Punkten 2. (Länder), 3. (Gemeinden), 4. (Bund, Länder und Gemeinden
gemeinsam betreffende Fragen) und 5. (Verfassungsautonomie) der Struktur der
Ausschussberatungen
2.
Länder
Vorab
ist darauf hinzuweisen, dass die Themen des Punktes 2. der Struktur der
Ausschussberatungen (Länder) in engem Konnex mit Punkt 5.
(Verfassungsautonomie) zu sehen sind. Die Frage, welche Regelungen auf
bundesverfassungsrechtlicher Ebene über die Landtage oder Landesregierungen
getroffen werden sollen, ist stets in Zusammenhang mit der grundsätzlichen
Frage zu sehen, inwieweit in die Bundesverfassung überhaupt derartige
Regelungen aufgenommen werden sollen bzw. ob die entsprechenden Bestimmungen
dem Landes(verfassungs)gesetzgeber überlassen werden sollen.
2.1.
Legislative/Landtage
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelungen über die Landtage?
Rechtslage: Die Regelung über die
Gesetzgebung der Länder findet sich in den Art. 95 bis 100 B‑VG (Anlage
./A). In Art. 95 Abs. 1 ist vorgesehen, dass die Gesetzgebung der
Länder von den Landtagen ausgeübt wird; die Bundesverfassung sieht somit
zwingend ein Einkammersystem vor. Hinsichtlich der Wahlrechtsgrundsätze
herrscht eine weitgehende Homogenität mit den für die Nationalratswahl
vorgeschriebenen Wahlrechtsgrundsätzen. Gemäß Art. 95 Abs. 2 B‑VG
dürfen die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des aktiven und passiven
Wahlrechts nicht enger (wohl aber weiter) ziehen als die Bundesverfassung für
die Wahlen zum Nationalrat.
Durch
BGBl. Nr. 539/1977 wurden Art. 95 Abs. 4 sowie Art. 108
Abs. 2 B‑VG, die eine bundesverfassungsgesetzliche Beschränkung der Zahl
der Mitglieder der Landtage sowie des Gemeinderates der Stadt Wien vorsahen,
aufgehoben. (Die entsprechenden Bestimmungen sahen – gestaffelt nach der
Bürgerzahl des jeweiligen Bundeslandes – eine Obergrenze zwischen 36 und 56 –
bzw. 100 für Wien – vor.)
In den
Art. 97 und 98 B‑VG ist die Mitwirkung des Bundes bei der Gesetzgebung der
Länder normiert. [Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundes an der
Landesgesetzgebung werden auch im Ausschuss 5 behandelt werden.]
Rechtsvergleich: Das Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland kennt keine ähnlich eingehenden Vorgaben für die
Länder wie das österreichische B‑VG:
„Art. 28. (1)
Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des
republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses
Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk
eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und
geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind
auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der
Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen
Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer
gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß
das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die
Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach
Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der
Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen
Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit
Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund
gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten
und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.“
Reformvorschläge: Hinsichtlich der
Wahlrechtsgrundsätze wurde vorgeschlagen, dem Landesgesetzgeber einen größeren
Spielraum einzuräumen (und somit etwa die Einführung des Mehrheitswahlrechts zu
ermöglichen) (siehe etwa die Erklärung der Konferenz der Landtagspräsidentinnen
und Landtagspräsidenten vom 7. Februar 2003, Pkt. 10 – verfügbar).
Umgekehrt wird auch die Forderung erhoben, einheitliche Wahlrechtsgrundsätze
verstärkt auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zu normieren (etwa in Richtung
einer einheitlichen Prozentklausel in der Höhe von 4%) (Klubobfrau Dr. Petrovic).
Außerdem soll bei Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene die Stimmabgabe
außerhalb des jeweiligen Wahlgebietes ermöglicht werden (siehe das bereits
übermittelte Dokument 1.1.1.2.3./B).
Wiederholt
wurde auch vorgeschlagen, das Einspruchsrecht gemäß Art. 98 B‑VG zu
streichen oder zumindest stark einzuschränken (siehe etwa das
Regierungsprogramm der Österreichischen Bundesregierung für die 22.
Gesetzgebungsperiode sowie die og. Erklärung der Konferenz der
Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten vom 7. Februar 2003).
Siehe
auch die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle
1996) zur Bundesstaatsreform, auszugsweise abgedruckt unter Punkt 5..
2.2.
Exekutive/Landesregierung, insbesondere Landeshauptmann:
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelungen über die Landesregierung, im Besonderen betreffend die
Bestellung (Wahl) des Landeshauptmannes?
Rechtslage: Die grundlegenden Regelungen
über die Vollziehung der Länder finden sich in den Art. 101 bis 106 B‑VG (Anlage ./A).
Des weiteren finden sich Bestimmungen im Bundesverfassungsgesetz vom
30. Juli 1925, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und
Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl.
Nr. 289/1925:
„§ 1. (1) Der Landeshauptmann ist der
Vorstand des Amtes der Landesregierung. Die Bestimmung des letzten Satzes des
§ 9 Abs. 3 des Übergangsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Der Landeshauptmann wird auch in allen ihm
in dieser Eigenschaft zukommenden Obliegenheiten durch das gemäß Art. 105 Abs.
1 B-VG berufene Mitglied der Landesregierung (Landeshauptmann-Stellvertreter)
vertreten.
(3) Unter der unmittelbaren Aufsicht des
Landeshauptmannes (Landeshauptmann-Stellvertreters) obliegt die Leitung des
inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung dem Landesamtsdirektor, in
dessen Verhinderung dem in der gleichen Weise wie der Landesamtsdirektor zu
bestellenden, den gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung zum
Landesamtsdirektor entsprechenden Beamten des Amtes der Landesregierung.
§ 2. (1) Das
Amt der Landesregierung gliedert sich in Abteilungen, auf die die Geschäfte
nach ihrem Gegenstand und ihrem fachlichen Zusammenhang aufgeteilt werden.
(2) Nach Bedarf können die Abteilungen zu
Gruppen zusammengefasst werden.
(3) Den Abteilungen und Gruppen stehen Beamte
des Amtes der Landesregierung vor.
(4) Die Zahl der Abteilungen und die Aufteilung
der Geschäfte auf sie, im Bedarfsfalle auch die Zusammenfassung der Abteilungen
zu Gruppen, wird in der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung
festgesetzt.
(5) Die Geschäftseinteilung wird vom
Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung erlassen. Soweit hiebei die
Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung in Betracht kommen, bedarf sie der
Zustimmung der Bundesregierung. Derselbe Vorgang gilt auch im Falle von
Änderungen in der Geschäftseinteilung.
§ 3. (1)
Die Abteilungen des Amtes der Landesregierung besorgen die ihnen nach der
Geschäftseinteilung zukommenden Geschäfte, soweit es sich um solche des
selbständigen Wirkungsbereiches des Landes handelt, nach den näheren
Bestimmungen der Landesverfassung unter der Leitung der Landesregierung oder
einzelner Mitglieder derselben (Art. 101 Abs. 1 B-VG) und, soweit es sich um
solche der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, unter der Leitung des
Landeshauptmannes (Art. 102 Abs. 1 B-VG).
(2) Das Nähere über den Geschäftsgang im Amte
der Landesregierung wird durch eine Geschäftsordnung geregelt, auf deren
Erlassung und Abänderung § 2 Abs. 5 sinngemäß Anwendung findet.
(3) In der Geschäftsordnung ist insbesondere
auch zu regeln, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder
einzelne Mitglieder derselben, unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und
die Landesverfassung geregelten Verantwortlichkeit, sich bei den zu treffenden
Entscheidungen oder Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den
Landesamtsdirektor, die Gruppenvorstände und Abteilungsvorstände oder
ausnahmsweise auch einzelne den Abteilungen zugeteilte Beamte vertreten lassen
können.
§ 4. Soweit
das Amt der Landesregierung Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zu
führen hat, gelten für dieses die jeweiligen Vorschriften über die Einrichtung
des Buchhaltungsdienstes sowie über die Gebarung und Verrechnung bei den
Behörden des Bundes.
§ 5. Die
Einrichtung der Ämter der Landesregierungen gemäß den Bestimmungen dieses
Bundesverfassungsgesetzes ist mit dem Zeitpunkte des Inkrafttretens der
Art. 10 bis 12 und 15 des Bundes-Verfassungsgesetzes (1. Oktober
1925) durchzuführen.
§ 6. Mit
der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung
betraut.“
Darüber
hinaus finden sich vereinzelt auch relevante Bestimmungen im Übergangsgesetz
1920, wiederverlautbart unter der BGBl. Nr. 368/1925 (insbesondere in
§ 8 Abs. 5).
„§ 8. (1) Die staatlichen Behörden
- mit Ausnahme jener der allgemeinen politischen Verwaltung in den Ländern
(Landesregierungen, Bezirkshauptmannschaften) einschließlich der bei diesen
Behörden vereinigten besonderen Verwaltungszweige (bau- und forsttechnischer
Dienst, Gesundheitsdienst, Veterinärdienst, Archiv- und Bibliotheksdienst,
Rechnungsdienst) und der Agrarbehörden erster und zweiter Instanz
(Agrarbezirksbehörden und Agrarlandesbehörden) - werden Behörden des Bundes.
(2) Die Behörden und Ämter der bisherigen autonomen
Verwaltung der Länder werden Behörden (Ämter) des Landes im Sinne des
Bundes-Verfassungsgesetzes.
(3) Die staatlichen Anstalten gehen an den Bund
über, die Landesanstalten sind Anstalten der Länder; die Anstalten der Bezirke,
Gemeinden und sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind Anstalten
dieser Körperschaften.
(4) Die im Absatz 1 ausgenommenen Behörden der
politischen Verwaltung in den Ländern einschließlich der bei diesen Behörden
vereinigten besonderen Verwaltungszweige sowie die Agrarbehörden werden
Behörden der Länder.
(5) Bis zu dem Zeitpunkt, in dem die
Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern durch das
gemäß Artikel 120 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu erlassende
Bundesverfassungsgesetz und die Ausführungsgesetze hiezu geregelt ist, gelten
für die Verwaltung in den Ländern folgende Bestimmungen:
a) In der Landesinstanz bilden in jedem Land die
bisherigen Behörden und Ämter der ehemals autonomen Verwaltung des Landes und
die bisherige Behörde der politischen Verwaltung einschließlich der bei dieser
Behörde vereinigten besonderen Verwaltungszweige eine einheitliche Behörde (Amt
der Landesregierung; Artikel 106 des Bundes-Verfassungsgesetzes), deren
Vorstand der Landeshauptmann ist. Der zur Leitung des inneren Dienstes berufene
rechtskundige Verwaltungsbeamte (Landesamtsdirektor; Artikel 106 des
Bundes-Verfassungsgesetzes) ist aus den Beamten der bisherigen autonomen oder
politischen Verwaltung, die den Vorschriften über die Befähigung zur Ausübung
des politischen Dienstes entsprechen, durch die Landesregierung mit Zustimmung
der Bundesregierung zu bestellen. Nähere Grundsätze für die Einrichtung und
Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen werden durch besonderes
Bundesverfassungsgesetz erlassen.
b) Dem Landeshauptmann als Vorstand des Amtes der
Landesregierung sind auch die Bezirkshauptmannschaften im Land unterstellt.
Diese haben, ebenso wie auch die Städte mit eigenem Statut und die übrigen
Ortsgemeinden, nach den näheren Bestimmungen der Bundes- und Landesgesetze
sowohl die Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung als auch die der
Landesverwaltung zu führen. Die Bürgermeister und Bürgermeister-Stellvertreter
der Städte mit eigenem Statut leisten dem Landeshauptmann, die Bürgermeister
und Bürgermeister-Stellvertreter der übrigen Ortsgemeinden dem Bezirkshauptmann
vor Antritt des Amtes das Gelöbnis auf die Bundesverfassung und die
Landesverfassung.
c) (Aufgehoben durch Art. I § 2 BVG, BGBl. Nr.
393/1929)
d) Die Grenzen der politischen Bezirk, der
Gerichtsbezirke, der autonomen Bezirke und der Ortsgemeinden dürfen sich nicht
schneiden; Änderungen in den Grenzen der Ortsgemeinden, durch die die Grenzen
der Gerichtsbezirke berührt werden, bedürfen - unbeschadet der Einhaltung der
in Betracht kommenden landesgesetzlichen Vorschriften - der Zustimmung der
Bundesregierung. Änderungen in den Sprengeln der politischen Bezirke oder der
autonomen Bezirke werden durch Verordnung der Landesregierung mit Zustimmung
der Bundesregierung, Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte durch
Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung der Landesregierung verfügt.
e) (Aufgehoben durch § 5 BVG, BGBl. Nr.
205/1962)
f) Änderungen in den die Rechtsverhältnisse der
Ortsgemeinden sowie der allgemeinen und besonderen autonomen
Bezirksverwaltungen regelnden Gesetzen können bis zu dem eingangs bezeichneten
Zeitpunkt durch die Landesgesetzgebung nur insoweit vorgenommen werden, als
hiedurch die in den Artikeln I, Absatz 1, IV, V, VI, XIII, XIV,XVI, XXIII und
XXV des Gesetzes vom 5. März 1862, R. G. Bl. Nr. 18, enthaltenen
grundsätzlichen Bestimmungen zur Regelung des Gemeindewesens nicht berührt
werden. Neueinrichtungen auf dem durch diese Artikel geregelten Gebiete sind
nur durch Bundesverfassungsgesetz möglich.
(6) Soweit die im Absatz 1 ausgenommenen
Behörden in Gebäuden des Bundes untergebracht sind oder sich in diesen Gebäuden
Dienstwohnungen für Angestellte der genannten Behörden befinden, werden diese
Gebäude dem Land dauernd zur unentgeltlichen Benutzung für die bezeichneten
Zwecke überlassen. Das Nähere, betreffend die Erhaltung und Verwaltung dieser
Gebäude, wird durch Vereinbarung zwischen Bund und Land geregelt. Sind die in
Rede stehenden Behörden in Gebäuden des Landes untergebracht, so erlischt das
in dieser Hinsicht zwischen Bund und Land bisher bestandene Rechtsverhältnis.
Dienen Gebäude anderer Rechtssubjekte zur Unterbringung der Behörden, so tritt
das Land an Stelle des Bundes in die bezüglichen Vereinbarungen ein.
(7) Die gesamte Amtseinrichtung der im Absatz 1
ausgenommenen Behörden geht in das Eigentum der Länder über.
(8) Von den Bestimmungen des Absatzes 5 finden
für die Verwaltung im Land Wien nur die Vorschriften unter c und f Anwendung.“
Durch
§ 3 Abs. 1 des BVG über die Ämter der Landesregierungen ist
klargestellt, dass es dem Landesverfassungsgesetzgeber freisteht, die
Landesregierung nach dem Kollegialsystem oder nach dem Ressortsystem
einzurichten. Ebenso obliegt es dem Landesverfassungsgesetzgeber, zu bestimmen,
ob sich die Landesregierung nach dem Konzentrations- oder dem Koalitionsmodell
zusammensetzt (siehe dazu etwa Koja, Proportionalwahl oder Mehrheitswahl
der Landesregierung, JRP 1995, 25 ‑ verfügbar).
Zwingend
vorgesehen ist hingegen (in Art. 101 Abs. 1 B‑VG), dass die
Landesregierung – und somit auch der Landeshauptmann – vom Landtag gewählt
wird. Eine Direktwahl etwa des Landeshauptmannes ist somit ausgeschlossen.
Rechtsvergleich: Weder das Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland noch die Verfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft enthält ähnlich detaillierte Vorgaben über die Vollziehung in
den Ländern wie die österreichische Bundesverfassung.
Reformvorschläge: Ob die Landesregierungen nach
dem Kollegialsystem oder nach dem Ressortsystem eingerichtet, bzw. ob sie nach
dem Modell einer Konzentrations- oder einer Koalitionsregierung zusammengesetzt
werden, fällt in die Regelungszuständigkeit des Landesverfassungsgesetzgebers.
Vorschläge, diese Fragen einer zwingenden Regelung auf
bundesverfassungsrechtlicher Ebene zuzuführen, wurden – soweit ersichtlich –
nicht erstattet. Vorgeschlagen wurde aber, die Möglichkeit der Direktwahl des
Landeshauptmannes auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zu eröffnen (IA 1076/A
BlgNR 20. GP ‑ verfügbar).
Siehe
auch die Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle
1996) zur Bundesstaatsreform, auszugsweise abgedruckt unter Punkt 5..
3.
Gemeinden:
Rechtslage: Die verfassungsrechtlichen
Vorgaben für die Gemeinden finden sich in den Art. 115 bis 120 B‑VG (Anlage
./A). Darüber hinaus bestehen Regelungen betreffend die Gemeinden in den
einzelnen Landesverfassungen. Verfassungsrechtlich abgesichert ist nur die
Gemeinde als Institution, nicht hingegen die einzelnen Gemeinden als solche.
Reformvorschläge: Seitens des Gemeindebundes
wird eine Bestandsgarantie der bestehenden Gemeinden gegen zwangsweise
Fusionierungen gefordert.
3.1.
Bundesverfassungsgesetzliche Regelungen über die kommunale Selbstverwaltung:
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelungen über die kommunale Selbstverwaltung, sei es nach
Reduzierung oder Ergänzung?
Rechtslage: In Art. 116 Abs. 1
zweiter Satz ist vorgesehen, dass die Gemeinde eine Gebietskörperschaft mit dem
Recht auf Selbstverwaltung ist. Das Recht auf Selbstverwaltung ist somit
verfassungsrechtlich gewährleistet. In den eigenen Wirkungsbereich der
Gemeinden fallen gemäß Art. 118 Abs. 2 B‑VG alle Angelegenheiten, die
im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde
verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die
Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Im eigenen
Wirkungsbereich gibt es kein Weisungsrecht staatlicher Organe und keinen
administrativen Instanzenzug an Organe außerhalb der Gemeinde. Gemäß
Art. 119a B‑VG besteht ein Aufsichtsrecht des Bundes und der Länder. Es
haben alle Gemeinden – unabhängig von ihrer Größe oder Finanzkraft – den
gleichen Wirkungsbereich; abgestellt wird auf die abstrakte Einheitsgemeinde.
Rechtsvergleich: Zur Regelung der kommunalen
Selbstverwaltung im Bonner Grundgesetz siehe den unter Pkt. 2.1.
angeführten Art. 28 GG.
3.1.1.
Normsetzungsrechte:
Fragestellung: Besteht ein Regelungsbedarf
hinsichtlich der Normsetzungsrechte der Gemeinden?
Rechtslage: Nach Art. 118
Abs. 6 B‑VG kommt der Gemeinde das Recht zu, in den Angelegenheiten des
eigenen Wirkungsbereiches ortspolizeiliche Verordnungen zu erlassen.
Reformvorschläge: Angeregt wird, das Recht auf
Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen auszudehnen bzw. flexibler zu
gestalten (Gemeindebund, Städtebund).
3.2.
Gemeindeverbände:
3.2.1.
„Aktivierung“ des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden):
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelungen über die Gemeindeverbände, insbesondere nach
Aktivierung des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden)?
Rechtslage: Gemäß Art. 116a B‑VG
können sich Gemeinden zur Besorgung einzelner Aufgaben ihres Wirkungsbereiches
durch Vereinbarung zu Gemeindeverbänden zusammenschließen. Die Bildung von
Gemeindeverbänden durch Gemeinden verschiedener Bundesländer ist
verfassungsrechtlich unzulässig.
In
Art. 120 B‑VG ist vorgesehen, dass die Zusammenfassung von Ortsgemeinden
zu Gebietsgemeinden Sache der Bundesverfassungsgesetzgebung ist. Ein derartiges
Verfassungsgesetz ist bislang nicht erlassen worden.
Reformvorschläge: Im Zusammenhang mit den
Gebietsgemeinden wurde angedacht, Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörden an zu
bildende Gebietsgemeinden zu übertragen (BR Prof. Konecny). Umgekehrt wird auch
die Streichung des Art. 120 B‑VG gefordert (Gemeindebund).
Überlegt
werden könnte auch, die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften bzw.
Gemeindeverbänden zu erleichtern (Landtagsdirektor DDR. Lengheimer, SC
Dr. Matzka, Städtebund).
3.3.
Möglichkeiten der Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden:
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelung betreffend die Übertragung von Gemeindeaufgaben auf
staatliche Behörden?
Rechtslage: Gemäß Art. 118
Abs. 7 B‑VG kann auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner
Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches durch Verordnung auf eine
staatliche Behörde übertragen werden.
Reformvorschläge: Angeregt wurde, den Gemeinden
einen Anspruch auf Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden
(ebenso wie auf Rückübertragung) einzuräumen (Gemeindebund, Städtebund).
4.
Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen:
4.1.
Zahl der staatlichen Ebenen unter Berücksichtigung der EU-Ebene:
Fragestellung: Besteht die Möglichkeit, die
Zahl der staatlichen Ebenen zu reduzieren?
Rechtslage: Auf Verfassungsebene sind als
Rechtsträger Bund, Länder und Gemeinden vorgesehen. Gemäß § 2 AVG kommt
den Bezirksverwaltungsbehörden in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung eine
subsidiäre Allzuständigkeit zu.
4.2.
Neue Formen der Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden:
4.2.1.
Art. 15a B‑VG – Vereinbarung – self-executing?
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelungen über Gliedstaatsverträge, insbesondere nach Schaffung
von „self-executing“-Vereinbarungen?
Rechtslage: Gemäß Art. 15a B‑VG
können Bund und Länder untereinander Vereinbarungen schließen.
„Art. 15a. (1) Bund und Länder können
untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches
schließen. Der Abschluß solcher Vereinbarungen namens des Bundes obliegt je
nach dem Gegenstand der Bundesregierung oder den Bundesministern.
Vereinbarungen, die auch die Organe der Bundesgesetzgebung binden sollen,
dürfen nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates
abgeschlossen werden, wobei Artikel 50 Absatz 3 auf solche Beschlüsse des
Nationalrates sinngemäß anzuwenden ist; sie sind im Bundesgesetzblatt
kundzumachen.
(2) Vereinbarungen der Länder untereinander
können nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches getroffen
werden und sind der Bundesregierung unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.
(3) Die Grundsätze des völkerrechtlichen
Vertragsrechtes sind auf Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 1 anzuwenden. Das
gleiche gilt auch für Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2, soweit nicht
durch übereinstimmende Verfassungsgesetze der betreffenden Länder anderes
bestimmt ist.“
Nach der
Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 9886/1983 – verfügbar) und der herrschenden
Lehre (etwa Thienel, in Korinek/Holoubek [Hrsg.],
Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art. 15a, Rz. 94) sind
Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG nicht unmittelbar anwendbar; sie haben
Rechtswirkungen nur für die Vertragsparteien, nicht aber für die Rechtsunterworfenen.
Reformvorschläge: Die Regierungsvorlage 14
BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996) zur
Bundesstaatsreform, der allerdings kein Gesetzesbeschluss folgte, sah eine
Neuregelung des Art. 15a B‑VG vor, der zufolge unmittelbar anwendbare
Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG zulässig sein sollten.
„Art. 15a. (1) Bund und Länder können
Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches
schließen.
(2) Der Abschluß solcher Vereinbarungen namens des
Bundes obliegt je nach dem Gegenstand der Bundesregierung oder den
Bundesministern. Vereinbarungen gesetzändernden oder gesetzesergänzenden
Inhalts dürfen nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates
abgeschlossen werden, wobei Art. 50 Abs. 2 und 3 für solche
Beschlüsse des Nationalrates gilt; sie sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
Anläßlich des Abschlusses einer anderen Vereinbarung kann das abschließende
Organ anordnen, daß die Vereinbarung durch Erlassung von Verordnungen zu
erfüllen ist.
(3) Der Abschluß von Vereinbarungen namens eines
Landes obliegt dem nach der Landesverfassung zuständigen Organ. Vereinbarungen
gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Inhalts dürfen nur mit Genehmigung des
Landtages abgeschlossen werden. Bei einer Vereinbarung gesetzändernden oder
gesetzesergänzenden Inhalts kann der Landtag anläßlich ihrer Genehmigung
beschließen, daß sie durch Erlassung von Gesetzen, bei einer anderen
Vereinbarung kann das nach der Landesverfassung zuständige Organ anordnen, daß
sie durch Erlassung von Verordnungen zu erfüllen ist.
(4) Vereinbarungen der Länder untereinander können
nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches abgeschlossen
werden. Bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen, die für die Erlassung von
Gesetzen oder Verordnungen der Länder besondere Erfordernisse festlegen, gelten
auch für Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen oder
Verordnungen zu erfüllen sind. Auf Beschlüsse der Landtage gemäß Abs. 3
zweiter Satz über Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen sind, ist Art. 98 anzuwenden; andere Vereinbarungen der Länder
untereinander sind der Bundesregierung vor ihrem Inkrafttreten zur Kenntnis zu
bringen.
(5) Durch Vereinbarungen nach Abs. 4 können für
einzelne Angelegenheiten gemeinsame Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters
geschaffen werden.
(6) Die Grundsätze des völkerrechtlichen
Vertragsrechtes sind auf Vereinbarungen im Sinne des Abs. 1 anzuwenden.
Das gleiche gilt für Vereinbarungen im Sinne des Abs. 4, soweit nicht
durch die Verfassungen der betreffenden Länder übereinstimmend anderes bestimmt
ist.“
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führten dazu aus:
„Art. 15a ist in dem Sinne neu gestaltet, daß
Vereinbarungen im Sinne dieses Artikels – so wie Staatsverträge – unmittelbar
anwendbar sein können; die zusätzliche Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen
wird dadurch im Regelfall entbehrlich werden. Da solche Vereinbarungen auch
Angelegenheiten des Bundesverfassungsrechts zum Gegenstand haben können, wird
auf diese Weise insbesondere auch die – präzisierende – Festlegung der Grenzen
zwischen einzelnen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder ermöglicht.
Da beabsichtigt ist, auch unmittelbar anwendbare
Vereinbarungen nach Art. 15a B‑VG zuzulassen, wird im Abs. 2
in einer Weise, die vergleichbar mit jener bei völkerrechtlichen Verträgen ist,
angeordnet, daß bei gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Vereinbarungen
zwischen dem Bund und den Ländern die Genehmigung des Nationalrates einzuholen
ist und die Vereinbarung kundzumachen ist. Sofern es sich um Vereinbarungen
handelt, die nicht der Genehmigung des Nationalrates bedürfen, soll es der
Bundesregierung überlassen bleiben, die Erfüllung der Vereinbarung Verordnungen
vorzubehalten.
Abs. 3 trifft für den Abschluß von Vereinbarungen auf Seiten des Landes eine
Regelung, die der in Abs. 2 für die Bundesseite vorgesehenen analog ist.
Abs. 4 übernimmt in seinem ersten Satz und im zweiten Teil seines letzten
Satzes den bisherigen Abs. 2. Weiters wird ausdrücklich der (an sich
selbstverständliche) Grundsatz normiert, daß die bundesverfassungsgesetzlichen
Bestimmungen, die für die Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen der Länder
besondere Erfordernisse festlegen, auch für unmittelbar anwendbare
Vereinbarungen nach Art. 15a gelten; dabei ist etwa an das
Zustimmungsrecht der Bundesregierung nach Art. 15 Abs. 7 oder
Art. 97 Abs. 2 zu denken. In demselben Sinne ist vorgesehen, daß
gesetzändernde oder gesetzesergänzende Vereinbarungen, die unmittelbar
anwendbar sein sollen, dem Einspruchsverfahren nach Art. 98 unterliegen.
Das ist eine notwendige Folge der Einführung gesetzändernder oder
gesetzesergänzender Vereinbarungen, die unmittelbar anwendbar sind. Bisher
mußten die die Vereinbarung erfüllenden Gesetze das Einspruchsverfahren nach
Art. 98 durchlaufen; da nun an deren Stelle aber die unmittelbar
anwendbaren Vereinbarungen treten, muß sich das Einspruchsverfahren auf die
Vereinbarung selbst beziehen.
Eine Neuerung bringt auch Abs. 5,
der es den Ländern ermöglicht, durch Vereinbarungen untereinander gemeinsame
Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters zu schaffen.
Im übrigen wurden die bisherigen Regelungen des
Art. 15a übernommen.“
Gegen eine Normierung unmittelbar anwendbarer Vereinbarungen gemäß
Art. 15a B‑VG wird vorgebracht, dass derartige Rechtsakte keine
demokratische Legitimität aufweisen und eine derartige Änderung somit aus
demokratiepolitischen Gründen abzulehnen ist (Landtagspräsident
Ing. Griessner, Klubobfrau Dr. Petrovic).
Vorgeschlagen wurde auch, die Gemeinden in die Regelung des Art. 15a B‑VG
einzubeziehen und dem Gemeindebund sowie dem Städtebund die Befugnis
einzuräumen, mit dem Bund und/oder den Ländern Vereinbarungen abzuschließen.
(Derzeit ist den Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund
und den Österreichischen Städtebund, durch das BVG über Ermächtigungen des
Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes,
BGBl. I Nr. 61/1998, nur das Recht eingeräumt, mit dem Bund und den Ländern
eine Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und einen Stabilitätspakt
abzuschließen.)
4.2.2.
gemeinsame Einrichtungen
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach einer
Regelung über gemeinsame Einrichtungen der Gebietskörperschaften?
Rechtslage: Nach der überwiegenden Lehre
ist die Schaffung von gemeinsamen Einrichtungen mit Hoheitsbefugnissen durch
eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG nicht möglich (etwa Thienel,
in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht,
Art. 15a, Rz. 40 ff).
Reformvorschläge: Angeregt wird, diese
Möglichkeit nunmehr einzuräumen.
Siehe
auch Art. 15a B‑VG idF der Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle
1996) zur Bundesstaatsreform, der die Schaffung gemeinsamer Einrichtungen für
die Privatwirtschaftsverwaltung vorsah; abgedruckt unter Punkt 4.2.1..
5.
Verfassungsautonomie:
5.1.
bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben für die Länder
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Reduzierung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben für die Länder?
Rechtslage: Vorgaben für die Länder auf
bundesverfassungsrechtlicher Ebene finden sich insbesondere in den Art. 95
bis 106 B‑VG (Anlage ./A), im BVG über die Ämter der Landesregierungen
und im Übergangsgesetz 1920.
In
Art. 99 Abs. 1 B‑VG ist vorgesehen, dass die durch
Landesverfassungsgesetz zu erlassende Landesverfassung, durch
Landesverfassungsgesetz abgeändert werden kann, soweit dadurch die
Bundesverfassung nicht berührt wird. Das Verhältnis zwischen Bundesrecht
und Landesrecht ist somit durch den Grundsatz der relativen
Verfassungsautonomie der Länder bestimmt. Die Landesverfassung darf die
Bundesverfassung nicht berühren; in den Bereichen, in denen die
Bundesverfassung keine Regelung trifft, bestehen allerdings keine Vorgaben.
Daraus folgt, dass eine Vielzahl von bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben zwar
den Gestaltungsspielraum der Länder einschränkt, umgekehrt aber eine zu große
Rechtszersplitterung verhindert.
Reformvorschläge: In Frage gestellt wurde
wiederholt die Notwendigkeit der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben im BVG
über die Ämter der Landesregierungen (Landtagspräsident Ing. Griessner,
Landtagsdirektor DDr. Lengheimer, Univ.Prof. DDr. Mayer). Weiters
wurde in Frage gestellt, warum die Landesregierung zwingend durch den Landtag
gewählt werden muss und somit eine Direktwahl des Landeshauptmannes
ausgeschlossen ist.
Zu
Forderungen im Zusammenhang mit den Wahlrechtsgrundsätzen siehe schon unter
Pkt. 2.1.).
Die
Regierungsvorlage 14 BlgNR 20. GP (Bundes‑Verfassungsgesetz‑Novelle 1996)
zur Bundesstaatsreform, der allerdings kein Gesetzesbeschluss folgte, sah für
die Art. 95 ff B‑VG unter anderem folgende Änderungen vor (so sollte
etwa das Verhältnis Landesverfassungsrecht – Bundesverfassungsrecht klarer als
bisher normiert werden).
„21. In Art. 95 erhalten die Abs. 2 bis 4 die Bezeichnungen „(3)“
bis „(5)“ und treten an die Stelle des Abs. 1 die
folgenden Absätze:
„(1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den
Landtagen ausgeübt. Unbeschadet dessen kann die Landesverfassung dabei die
unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Landtag Wahlberechtigten
vorsehen.
(2) Die Mitglieder der Landtage werden auf Grund des
gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller
nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen
Landesbürger gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über
das Wahlverfahren und über die allfällige Wahlpflicht getroffen. In diesem
Landesgesetz sind insbesondere auch die Gründe festzusetzen, aus denen eine
Nichtteilnahme an der Wahl trotz Wahlpflicht als entschuldigt gilt.“
22. Art. 97 Abs. 2
lautet:
„(2) Insoweit ein Landesgesetz die Mitwirkung von
Bundesorganen bei der Vollziehung vorsieht, muß hiezu die Zustimmung der
Bundesregierung eingeholt werden; dies gilt nicht für die Mitwirkung von
Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Vorbeugungsmaßnahmen gegen
Verwaltungsübertretungen, deren Verfolgung oder der Anwendung gesetzlich
vorgesehenen körperlichen Zwanges, soweit darüber das Einvernehmen mit dem
Bundesminister für Inneres hergestellt worden ist; das betreffende Land kann
durch eine Verordnung, die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit
dem Bundesminister für Inneres zu erlassen ist, zum Kostenersatz herangezogen
werden. Die Zustimmung gilt als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen
acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt
eingelangt ist, dem Landeshauptmann mitgeteilt hat, daß die Mitwirkung der
Bundesorgane verweigert wird. Vor Ablauf dieser Frist darf die Kundmachung des
Gesetzesbeschlusses nur erfolgen, wenn die Bundesregierung ausdrücklich
zugestimmt hat.“
...
24. Art. 98 Abs. 2
lautet:
„(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die
Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluß eines Landtages binnen acht Wochen
von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist,
einen mit Gründen versehenen Einspruch erheben; ausgenommen sind
Gesetzesbeschlüsse in Angelegenheiten, die denen des Art. 42 Abs. 5
entsprechen. Wenn dem Bund vor Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens über den
Gesetzesbeschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zum zugrunde liegenden Entwurf
gegeben worden ist, darf sich der Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff
in die Zuständigkeit des Bundes gründen. Im Falle eines Einspruches darf der
Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden, wenn ihn der Landtag bei Anwesenheit
von mindestens der Hälfte der Mitglieder wiederholt.“
25. Art. 99 Abs. 1
lautet:
„(1) Die durch Landesverfassungsgesetz zu erlassende
Landesverfassung darf der Bundesverfassung nicht widersprechen.“
26. Art. 101 werden folgende
Abs. 5 und 6 angefügt:
„(5) Die Landesregierung gibt sich eine
Geschäftsordnung, in der nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung
insbesondere die Besorgung von Geschäften durch die Landesregierung als
Kollegium oder auch durch einzelne ihrer Mitglieder geregelt wird. Die
Geschäftsordnung ist der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.
(6) Die Mitglieder der Landesregierung sind dem
Landtag gemäß Art. 142 verantwortlich. Zu einem Beschluß, mit dem eine
Anklage im Sinne des Art. 142 erhoben wird, bedarf es der Anwesenheit der
Hälfte der Mitglieder.“
27. Art. 102 bis 107 lauten:
„Art. 102. In den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Bundessache, die
Vollziehung Landessache ist, steht der Bundesregierung und den einzelnen
Bundesministern gegenüber der Landesregierung die Befugnis zu:
1. durch Bundesorgane in die Akten der
Landesbehörden Einsicht zu nehmen;
2. die Übermittlung von Berichten über
die Praxis der Vollziehung der vom Bund erlassenen Gesetze und Verordnungen zu
verlangen;
3. bei der Vorbereitung der Erlassung
von Gesetzen und Verordnungen durch den Bund alle Auskünfte über die Vollziehung
zu verlangen;
4. in bestimmten Fällen Auskünfte und
die Vorlage von Akten zu verlangen, soweit dies zur Ausübung anderer
Befugnisse, wie der gemäß Art. 103 oder zur Erhebung von Beschwerden an
den Verwaltungsgerichtshof, notwendig ist.
Art. 103. Wenn in einer bestimmten Angelegenheit, in der die Gesetzgebung
Bundessache, die Vollziehung Landessache ist, von Amts wegen ein Akt der
Vollziehung zu setzen wäre, der zur Beseitigung von das Leben oder die
Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen, zur Abwehr eines
offenkundigen, nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Allgemeinheit
oder zur Vermeidung eines schwerwiegenden finanziellen Schadens für den Bund
erforderlich ist, das zuständige Organ des Landes aber rechtswidriger Weise untätig
bleibt, dann kann der zuständige Bundesminister die Landesregierung unter
Bestimmung einer angemessenen Frist auffordern, für die Setzung des
erforderlichen Aktes zu sorgen. Verstreicht die Frist ungenützt, dann kann der
zuständige Bundesminister durch eine gegenüber der Landesregierung abzugebende
Erklärung verfügen, daß die Zuständigkeit zur Setzung des betreffenden Aktes
auf ihn übergeht. Das Land hat dem Bund die mit der Ausübung einer zu Recht in
Anspruch genommenen Zuständigkeit verbundenen Kosten zu ersetzen.
Art. 104. (1) Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten
Bundesminister können den Ländern mit deren Zustimmung die Besorgung von
Geschäften der in Art. 17 bezeichneten Art übertragen.
(2) Die Landesregierung ist bei der Besorgung
übertragener Geschäfte an die Weisungen der Bundesminister gebunden.
(3) Eine Übertragung gemäß Abs. 1 kann jederzeit
ganz oder teilweise widerrufen werden. Dabei ist, ausgenommen beim
landwirtschaftlichen Förderungswesen und bei Verfügungen über bundeseigene
Gebäude und Liegenschaften, eine Frist von mindestens einem Jahr einzuhalten,
es sei denn, daß der Widerruf erfolgt, weil die ordnungsgemäße Verwaltung des
Bundesvermögens nicht gewährleistet ist.
(4) Inwieweit in besonderen Ausnahmefällen für die bei
Besorgung derartiger Geschäfte aufgelaufenen Kosten ein Ersatz geleistet wird,
wird durch Bundesgesetz bestimmt.
Art. 105. (1) Der Landeshauptmann vertritt das Land.
(2) Die Landeshauptmänner bilden in ihrer Gesamtheit
die Landeshauptmännerkonferenz.
Art. 106. (1) Die Geschäfte der Landesregierung und des Landeshauptmannes werden
durch das Amt der Landesregierung besorgt.
(2) Der Landeshauptmann ist der Vorstand des Amtes
der Landesregierung. Als solchem sind ihm auch die Bezirkshauptmannschaften
unterstellt.
(3) Zur Leitung des inneren Dienstes des Amtes der
Landesregierung wird von der Landesregierung ein rechtskundiger
Verwaltungsbeamter als Landesamtsdirektor bestellt. Sein Stellvertreter ist in
gleicher Weise und unter den gleichen Voraussetzungen zu bestellen. Die Leitung
des inneren Dienstes erfolgt unter der unmittelbaren Aufsicht des
Landeshauptmannes.
(4) Die Regelungen des Geschäftsganges
(Geschäftsordnung) sowie die innere Gliederung und Verteilung der Geschäfte
(Geschäftseinteilung) im Amt der Landesregierung werden vom Landeshauptmann mit
Zustimmung der Landesregierung getroffen.
Art. 107. Die Landesregierung und die Bezirkshauptmannschaften sind die
Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung. Die Bezirkshauptmannschaften
besorgen die Aufgaben der Bezirksverwaltung.“ “
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führten dazu wie folgt aus:
„Zu
Art. 1 Z 21 (Art. 95 Abs. 1 B‑VG):
Dem Wunsche der Länder entsprechend, sollen die
derzeit bestehenden Einrichtungen der unmittelbaren Demokratie auf Landesebene
verfassungsrechtlich abgesichert werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch
darauf hinzuweisen, daß es nicht das Ziel dieser Regelung ist, ein Abgehen von
dem bisher sowohl auf der Ebene des Bundes als auch auf der Ebene der Länder
vorgesehenen Grundsatz der repräsentativen, nämlich parlamentarischen
Demokratie abzugehen, und etwa eine nach dem Prinzip der unmittelbaren
Demokratie organisierte staatliche Ordnung zu ermöglichen.
Zu Art. 1 Z 22 (Art. 97 Abs. 2 B‑VG):
In dieser Bestimmung wird die Mitwirkung von Organen
des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Vollziehung von Landesgesetzen neu
geregelt. Es wird zwar das Prinzip aufrechterhalten, daß die Mitwirkung von
Bundesorganen bei der Vollziehung von Landesgesetzen nach wie vor der Zustimmung
der Bundesregierung bedarf. Für die Mitwirkung der Organe des
Sicherheitsdienstes gilt dies nicht, soweit diese Organe nur bei
Vorbeugungsmaßnahmen gegen Verwaltungsübertretungen, deren Verfolgung oder der
Anwendung gesetzlich vorgesehenen körperlichen Zwanges herangezogen werden,
darüber bereits ein Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres hergestellt
worden ist.
Zu Art. 1 Z 24 (Art. 98 Abs. 2 B‑VG):
Von der bestehenden Regelung unterscheidet sich die
Neufassung des Art. 98 Abs. 2 dadurch, daß in Fällen, in denen
Gesetzesbeschlüsse der Länder Angelegenheiten zum Gegenstand haben, die jenen
des Art. 42 Abs. 5 B‑VG entsprechen, nicht dem Einspruchsrecht des
Bundes unterliegen sollen. Es wird damit ein Gleichklang des Einspruchsrechtes
des Bundes mit jenem des Bundesrates hergestellt, der bei Bundesgesetzen im
Sinne des Art. 42 Abs. 5 ebenfalls kein Einspruchsrecht hat.
Aus der neu eingefügten Ausnahme kann nicht gefolgert
werden, daß entsprechende Rechtsakte tatsächlich in Gesetzesform getroffen werden
müssen.
Zu Art. 1 Z 25 (Art. 99 Abs. 1 B‑VG):
Derzeit ist im Art. 99 Abs. 1 vorgesehen,
daß durch das Landesverfassungsgesetz die Bundesverfassung „nicht berührt“
werden darf. Diese Formulierung hat in der Vergangenheit immer wieder zu
Auslegungsschwierigkeiten geführt. Um den Handlungsspielraum des
Landesverfassungsgesetzgebers deutlicher zu umschreiben, soll daher
klargestellt werden, daß die Landesverfassung der Bundesverfassung nicht
widersprechen darf.
Zu Art. 1 Z 26 (Art. 101 Abs. 5
und 6 B‑VG):
In Abs. 5 wird eine
Regelung über die Geschäftsordnung der Landesregierung vorgesehen. Darin wird
die Organisierung der Angelegenheiten der obersten Landesverwaltung nach dem
Kollegial‑ oder nach dem Ressortprinzip bundesverfassungsgesetzlich zur
Disposition des Landesverfassungsgesetzgebers bzw. – darauf gestützt – der
Landesregierung bei Erlassung ihrer Geschäftsordnung gestellt. Ferner ist
danach die Geschäftsordnung der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.
Die Regelung des Abs. 6
ist aus systematischen Gründen aus Art. 105 Abs. 2 und 3 übernommen.
Zu Art. 1 Z 27 (Art. 102 bis 107 B‑VG):
Zu Art. 102:
Die Verwirklichung des
vorliegenden Entwurfes bedeutet, daß der Großteil jener Angelegenheiten, die
bisher in mittelbarer Bundesverwaltung zu führen waren, nunmehr in die
selbständige Vollziehung der Länder fallen. Ein Großteil dieser Angelegenheiten
verbleibt zwar in der Gesetzgebung weiterhin beim Bund, die Vollziehung dieser
Bundesgesetze erfolgt jedoch autonom durch die Länder. Der Bund wird daher einer
solchen Regelung vor allem im Hinblick auf seine Aufgaben auf dem Gebiet der
Gesetzgebung ein besonderes Interesse daran haben, Informationen über die Art
und Weise des Vollzuges der Bundesgesetze zu erhalten. Diesem Zweck dient das
im Art. 102 vorgesehene Informationsrecht. Die Regelung ist aus dem
geltenden Art. 11 Abs. 9, wonach dieses Informationsrecht allerdings
auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt ist, übernommen.
Die Wortwahl
„Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung
Landessache ist“ im einleitenden Satzteil dieses Artikels knüpft an den
Wortlaut des einleitenden Satzteils des Art. 11 Abs. 1 B‑VG an. Einer
gleichartigen Regelung für den in Art. 10 Abs. 3 geregelten Bereich
bedarf es im Hinblick auf das dort festgesetzte Weisungsrecht des Bundes nicht.
Das Informationsrecht des
Bundes ist zweigeteilt geregelt: Es besteht einerseits darin, daß Bundesorgane
selbst in die Akten der Landesbehörden Einsicht nehmen können, und auf der
anderen Seite in einem Auskunftsrecht des Bundes gegenüber den Ländern. Im
ersteren Fall haben die Länder die Tätigkeit des Bundes nur zu dulden, im
letzteren Fall aber positiv tätig zu werden. Das Informationsrecht in der Form
einer Berichtspflicht der Länder ist in den Z 2 bis 4 geregelt. In der
Z 2 ist vorgesehen, daß der Bund die Übermittlung von Berichten über die
Praxis der Vollziehung von Bundesgesetzen verlangen kann, worunter allgemeine
Berichte zu verstehen sind. Von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der
Vollzugspraxis dann, wenn neue Gesetze und Verordnungen des Bundes vorbereitet
werden. Diesen Fall hat die Z 3 im Auge. Schließlich regelt die Z 4
jenen Fall, in dem der Bund zu prüfen hat, ob er nicht von Einrichtungen
Gebrauch machen soll, die ihm nach wie vor einen gewissen Einfluß auf die –
grundsätzlich autonome – Landesvollziehung gewährleisten. Es ist
selbstverständlich, daß auf Bundesseite diese Frage nur entschieden werden
kann, wenn die entsprechenden Informationen vorliegen. Deshalb werden die
Länder unter dieser Voraussetzung verpflichtet, Auskünfte zu erteilen und die
Vorlage von Akten vorzunehmen. Allerdings bezieht sich diese Regelung nur auf
„bestimmte Fälle“, dh. der Bund wird ein Verlangen im Sinne der Z 4 nur
dann stellen können, wenn er Grund zur Annahme hat, daß in bestimmten Fällen
das Einschreiten des Bundes erforderlich sein könnte.
Zu Art. 103:
Wie auch in anderen Bundesstaaten wird es für
erforderlich erachtet, daß unter bestimmten Voraussetzungen der Bund in die –
grundsätzlich – selbständige Vollziehung der Bundesgesetze durch die Länder
eingreifen kann. Die Voraussetzungen für derartige Eingriffe sind die
Erforderlichkeit zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen
gefährdenden Mißständen, zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden
Schadens für die Allgemeinheit – diese Formulierungen sind aus Art. 18
Abs. 3 B‑VG bzw. aus § 68 Abs. 3 AVG übernommen – und
schließlich die Vermeidung eines schwerwiegenden finanziellen Schadens für den
Bund.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß es
dem Bund nach wie vor vorbehalten bleibt, im Wege von Empfehlungen auf die
Einheitlichkeit des Vollzuges der Bundesgesetze hinzuwirken.
Die erforderliche Einflußnahme auf die Vollziehung
der Bundesgesetze durch die Länder soll durch drei Instrumente sichergestellt
werden:
1. durch den Kompetenzübergang auf den
Bund (Art. 103),
2. durch die Möglichkeit der
Säumnisbeschwerde (Art. 132 Abs. 2) und
3. durch die Amtsbeschwerde
(Art. 131 Abs. 1 Z 2).
Art. 103 sieht vor, daß dann, wenn ein Land bei
einem von Amts wegen zu setzenden Vollziehungsakt säumig wird, unter der schon
genannten Voraussetzung es zunächst aufzufordern ist, den erforderlichen Akt zu
setzen. Geschieht dies nicht fristgerecht, kann der Bundesminister sich für
zuständig erklären und anstelle des Landes den Vollziehungsakt setzen. Es
handelt sich dabei um eine Form der Ersatzvornahme; hiefür können auch
Landesorgane herangezogen werden. Der Kompetenzübergang erfolgt in solchen
Fällen nur für den Vollziehungsakt, den zu setzen das Land säumig geworden ist,
und nur in dem Umfang, in dem der Bundesminister die Kompetenz an sich gezogen
hat. Er hindert das an sich zuständige Organ des Landes, seine Zuständigkeit
durch die bislang verabsäumte Setzung des erforderlichen Aktes auszuüben. Hat
der Bundesminister den Akt gesetzt, so sind seine Befugnisse dem Art. 103
erschöpft. Er ist nicht befugt, in derselben Angelegenheit weitere
Vollziehungsakte zu setzen, es sei denn, das Land würde neuerlich säumig.
Die Kosten des auf diese Weise gesetzten
Vollziehungsakte hat das Land zu tragen. Allerdings nur dann, wenn der
Bundesminister seine Zuständigkeit „zu Recht in Anspruch genommen“ hat. Diese
Regelung ermöglicht zugleich eine Art der Rechtmäßigkeitskontrolle: Zwar soll
auch in jenen Fällen, in denen ein Land bestreitet, daß die Voraussetzung für
einen Kompetenzübergang vorliegen, der Kompetenzübergang, so die formalen
Voraussetzungen eingehalten werden (Aufforderungserklärung), erfolgen. In einem
solchen Fall könnte das Land aber über die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise –
jedenfalls implizit – eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes
herbeiführen, indem die Kosten nicht bezahlt werden. Klagt der Bund die Kosten
nach Art. 137 B‑VG ein, so kommt der Verfassungsgerichtshof in die Lage,
die Rechtmäßigkeit des Kompetenzübergangs zu prüfen, denn das ist Voraussetzung
dafür, daß das Land die Kosten zu tragen hat.
Zu Art. 104:
Diese Bestimmung wird gegenüber der geltenden
Rechtslage in zweifacher Hinsicht ergänzt:
1. Die Übertragung der Verwaltung von
Bundesvermögen an die Länder wird künftig nur mehr mit deren Zustimmung
zulässig sein. Dadurch soll es den Ländern ermöglicht werden, zu beurteilen, ob
sie die Aufgabe, inbesondere im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten,
übernehmen
2. Ist die Verwaltung von
Bundesvermögen einmal übertragen worden, so ist der Widerruf der Übertragung an
eine Frist von einem Jahr gebunden. Dadurch, daß ein Widerruf erst nach Ablauf
eines Jahres wirksam wird, soll den Ländern Gelegenheit gegeben werden, insbesondere
durch entsprechende organisatorische Maßnahmen auftretende Übergangsprobleme
vor allem hinsichtlich des betroffenen Personals zu meistern. Keine derartige
Frist ist jedoch für den Fall vorgesehen, daß bei einem Fortbestand der
Übertragung die ordnungsgemäße Verwaltung des Bundesvermögens nicht
gewährleistet wäre.
Die dargelegte Regelung soll allerdings nicht im
landwirtschaftlichen Förderungswesen und bei der Verfügung über bundeseigene
Gebäude und Liegenschaften gelten. Es handelt sich dabei um Bereiche, in denen
vielfach schnelles Handeln erforderlich ist, sodaß die Bindung des Widerrufs an
eine Frist nicht sachgerecht wäre. Bei der Verfügung über bundeseigene Gebäude
und Liegenschaften ist an die Übertragung solcher Liegenschaften an die
Bundesimmobiliengesellschaft gedacht.
Soweit derzeit die Verwaltung von Bundesvermögen
bereits übertragen ist, bedarf der Fortbestand der Übertragung keiner
Zustimmung der Länder (vgl. den vorgeschlagenen Art. 150 Abs. 2
Z 8 B‑VG).
Zu Art. 105:
Abs. 1 übernimmt den ersten Satz der geltenden
Bestimmung. Die Bestimmungen über die Vertretung des Landeshauptmannes in den
Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung entfallen im Zusammenhang mit
der Abschaffung dieses Typs der Bundesvollziehung. Für die beiden letzten Sätze
des geltenden Abs. 1 (Verantwortlichkeit und Immunität) wird in
Art. 142 Abs. 3 eine Ersatzregelung getroffen.
Eine Ersatzregelung für die geltenden Abs. 2 und
3 (Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber dem Landtag) wird aus
systematischen Gründen in einem neuen Art. 101 Abs. 6 getroffen.
Abs. 2 enthält eine ausdrückliche
verfassungsrechtliche Verankerung der Landeshauptmännerkonferenz. Damit wird
aber kein neues Staatsorgan geschaffen. Die Kompetenzen der Landesregierungen
und der Landtage bleiben unberührt. Die Landeshauptmännerkonferenz wird
lediglich beratend tätig, was nicht ausschließt, daß ihr gesetzlich
Nominierungsrechte eingeräumt werden.
Zu Art. 106:
Der Art. 106 übernimmt Regelungen, die sich
derzeit hauptsächlich im Bundesverfassungsgesetz über die Grundsätze der
Einrichtung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, aber auch im geltenden
Art. 106 finden; dabei werden jedoch Regelungen weggelassen, die mit der
bisherigen mittelbaren Bundesverwaltung im Zusammenhang stehen oder die – aus
heutiger Sicht – als unnötige Determinierung der Organisationshoheit der Länder
anzusehen ist.
Zu Art. 107:
Der Art. 107 übernimmt die Grundsätze des
§ 8 Abs. 5 lit. b ÜG 1920 in das B‑VG. Dabei wird zugleich eine
Umschreibung des Begriffs der „Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung“
gegeben, der im B‑VG bereits verwendet wird (geltender Art. 15
Abs. 10, im Entwurf Art. 15 Abs. 7; geltender Art. 119a
Abs. 3), dessen Inhalt jedoch aus § 8 Abs. 1 und 5 des
Übergangsgesetzes 1920 abzuleiten ist.“
Rechtsvergleich: Im Bonner Grundgesetz ist in
Art. 31 ausdrücklich der Vorrang des Bundesrechts gegenüber dem
Landesrecht normiert:
„Art. 31. Bundesrecht bricht
Landesrecht.“
Außerdem
ist in Art. 37 der sogenannte Bundeszwang vorgesehen:
„Art. 37. (1) Wenn ein Land die ihm nach
dem Grundgesetze oder einem anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten
nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die
notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des Bundeszwanges zur
Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die
Bundesregierung oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber allen Ländern
und ihren Behörden.“