Anlage
2 zum Protokoll über die 4.
Sitzung des Ausschusses 4
Erläuterungen: Eigentumsgarantie (auf Basis der
Beratungen vom 5.11.2003)
1. Der Begriff des Eigentums umfasst nicht nur
vermögenswerte Privatrechte, sondern im Einklang mit der Rechtsprechung des
EGMR zu Art. 1 1. ZPEMRK auch entsprechende öffentlich-rechtliche
Rechtspositionen. Auch das geistige Eigentum ist geschützt.
Geschützt sind in Einklang mit der Rechtsprechung
des EGMR neben bestehenden Eigentumsrechten auch unbedingt entstandene
Ansprüche auf vermögenswerte Leistungen sowie Forderungen, auf deren Erfüllung
der Inhaber legitimerweise vertrauen konnte.
2. Auf eine gesonderte Normierung der Liegenschaftsfreiheit wird verzichtet.
Sie geht im allgemeinen Schutz der Eigentumsgarantie auf. Dies entspricht der
Judikatur des EGMR zu Art. 1 1. ZPEMRK, aber auch der Rechtslage nach anderen
europäischen Verfassungen.
3. Die Abs. 2 und 3 normieren die sogenannten „Grundrechtsschranken“, und
zwar getrennt nach den beiden Kategorien der Enteignungen und der
Eigentumsbeschränkungen (in der Terminologie der EMRK: Regelungen der Nutzung
des Eigentums).
Ausdrücklich verankert wird – in Anlehnung an die Grundrechte-Charta der
Europäischen Union – eine Entschädigungspflicht für Enteignungen. Im Einklang
mit der ganz herrschenden Lehre,
die dies für Enteignungen und diesen gleichzuhaltenden Eigentumsbeschränkungen
(„materielle“ oder de-facto-Enteignungen) annimmt, begründet Art. x eine Entschädigungspflicht
sowohl für Enteignungen als auch für diesen gleichzuhaltende
Eigentumsbeschränkungen. Im Übrigen sind die Tatbestände der Abs. 2 und 3 so
gefasst, dass die bisherige Judikatur zu den Grundrechtsschranken im Bereich
der Eigentumsgarantie fortgeführt werden kann. Auch die jüngere Judikatur zu
Grundrechtsschranken bezüglich der Liegenschaftsverkehrsfreiheit lässt sich auf
der Basis des neuen einheitlichen Gesetzesvorbehalts aufrecht erhalten.
4. Die Regelung des Art. 6 Abs. 2 StGG kann entfallen. Unter der „todten
Hand“ waren unter dem Banne der Veräußerungsverbote stehende kirchliche
Korporationen, Anstalten und Stiftungen zu verstehen, und zwar solche, die in
Verfolgung ihrer dauernden Endzwecke die erworbenen Güter zu erhalten verpflichtet
waren. Durch Art. XIII des Konkordats besteht hinsichtlich der Katholischen
Kirche die völkerrechtliche Verpflichtung, von Art. 6 Abs. 2 keinen Gebrauch zu
machen. Das hat unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes indirekte
Auswirkungen auch auf die anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Die
Regelung erscheint somit entbehrlich. Ebenso erscheint die Regelung des Art. 7
StGG entbehrlich.
Erläuterungen: Berufs- und
Erwerbsfreiheit (auf
Basis der Beratungen vom 5.11.2003)
Der vorgeschlagene Entwurf verbindet die Garantien der Art. 6 und 18 StGG
über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger aus 1867 und Art. 4 EMRK in einem
einzigen Artikel. Er entspricht weitgehend den inhaltlichen Anforderungen des
Art. II-15 des Verfassungsentwurfs der Europäischen Union.
Der Wortlaut nimmt Formulierungen des Art. 6 StGG des Art. 18 StGG auf und
entwickelt diese im Sinne der Judikatur weiter. Eine inhaltliche Änderung ist
nicht beabsichtigt.
Die Grundrechtsschranken sind nach der Judikatur des VfGH für Erwerbsfreiheit
und Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit einheitlich. Danach dürfen
Eingriffe in die Freiheiten erfolgen, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein
legitimes Ziel verfolgen und das Verhältnis zwischen Schwere des Eingriffs und
Gewicht der rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig (angemessen) ist. Von einer
expliziten Normierung dieser „Grundrechtsformel“ kann mit Blick auf die
ständige Rechtsprechung abgesehen werden. Beschränkungen gegenüber Ausländern
im Einklang mit Art. 39 Abs. 4 EG bleiben zulässig.
Abs. 2 des Entwurfs übernimmt
inhaltlich Art. 4 EMRK. Er enthält ein ausdrückliches Verbot von Sklaverei und
Leibeigenschaft sowie von Zwangs- und Pflichtarbeit und eine Aufzählung von
Pflichten, die keine Zwangs- oder Pflichtarbeit darstellen. Von der EMRK wird
nur insoweit abgewichen, als der Tatbestand des Abs. 2 lit. b präzise auf das
österreichische Verfassungsrecht abgestimmt ist.