Auf
ihrer Generalversammlung vom 31. Oktober 2003 verabschiedeten die
Mitliedsorganisationen
des Österreichischen Volksgruppenzentrums:
Narodni
svet koroških Slovencev/ Rat der Kärntner Slowenen,
Hrvatsko
kulturno društvo u Gradišæu/ Kroatischer Kulturverein im
Burgenland,
Kulturverein
österreichischer Roma,
Verein
Roma,
Kulturno
društvo èlen 7 za avstrijsko Štajersko/ Artikel-VII-Kulturverein
für
Steiermark,
Menšinová
rada èeské a slovenské vìtve v Rakousku/ Minderheitsrat
der
tschechischen
und s owakischen Volksgruppe in Österreich, l
Burgenlandi
Magyar Kultúregyesület/ Burgenländisch-Ungarischer
Kulturverein
und Rakúsko-slovenský
kultúrny spolok/Österreichisch-Slowakischer Kulturverein
nachstehende
PETITION
an
den Österreich-Konvent:
Der
Österreich-Konvent hat die Aufgabe, unter Beachtung der Baugesetze der
österreichischen
Bundesverfassung Vorschläge für eine grundlegende Staats- und
Verwaltungsreform,
aber auch für die Rechtsstellung und Freiheiten seiner Bürger, seiner
Volksgruppen,
seiner sonstigen Bewohner und die gemeinsamen Werte, auf denen unser
Staat
aufgebaut und geleitet werden soll, auszuarbeiten, für eine Verfassung, die als
geschlossenes
System unserer staatlichen Grundlagen zu werten ist.
Die
zersplitterte Verfassungslage mit zum Teil veralteten, zum Teil unvollständigen
Bestimmungen
ist für das österreichische Verfassungsrecht nicht untypisch. Die
Verfassungsbestimmungen
zum Schutz der Volksgruppen sind aber auch innerhalb der oft
beklagten
Zersplitterung des gesamten österreichischen Bundesverfassungsrechtes ein
Extremfall.
Das ist kein Zufall, sondern Reflex der Rechts- und Verfassungspolitik auf dem
Gebiet
des Volksgruppenschutzes in der Zweiten Republik. Dass die wesentlichen
Bestimmungen
des österreichischen Volksgruppenrechtes entweder noch aus der Monarchie
oder
aus dem Völkerrecht stammen, zeigt, dass es in der Zweiten Republik eine
eigenständige
und moderne Volksgruppenpolitik schlicht immer noch nicht gibt.
Die
Forderung nach einer Kodifizierung der zerstreuten Verfassungsrechtslage ist
mehr als
nur
ein rechtsästhetisches Anliegen. Es geht bei diesem speziellen
Kodifikationsanliegen viel
mehr
darum, eine nicht nur einheitliche, sondern auch eindeutige Verfassungslage
überhaupt
erst
zu begründen.
Für
die Beratungen im Österreich-Konvent erneuert das Österreichische
Volksgruppenzentrum
den Vorschlag für eine Neufassung des Artikel 19 des
Staatsgrundgesetzes
aus 1867:
Entwurf
eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Staatsgrundgesetz über
die
allgemeinen Rechte der Staatsbürger geändert wird
Der
Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz
vom ............, mit dem das Staatsgrundgesetz über die
allgemeinen
Rechte der Staatsbürger geändert wird
Der
Nationalrat hat beschlossen:
Artikel
I
Artikel
19 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 142, über die
allgemeinen
Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und
Länder,
zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 684/1988, lautet:
"(1)
Österreich bekennt sich zur historisch gewachsenen ethnischen, sprachlichen und
kulturellen
Vielfalt seiner Bürger. Jede Volksgruppe hat ein unverletzliches Recht auf
Erhaltung
ihres Bestandes sowie auf Wahrung und Pflege ihrer Sprache und ihres Volkstums.
Die
Volksgruppen und ihre Angehörigen stehen unter dem besonderen Schutz der
Gesetze.
(2)
Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei. Niemandem darf durch die Ausübung
oder
Nichtausübung
der ihm als Volksgruppenangehörigen zustehenden Rechte ein Nachteil
erwachsen.
Niemand ist verpflichtet, seine Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer
Volksgruppe
nachzuweisen.
(3)
Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben Anspruch auf Kindergarten- und
Schulunterricht
in der jeweiligen Volksgruppensprache. Anzahl und Standorte der
Kindergärten
und Schulen, an welchen in den Volksgruppensprachen unterrichtet wird, sowie
das
Ausmaß dieses Unterrichts sind nach Maßgabe des Interesses an der Erhaltung des
Gebrauchs
der Volksgruppensprachen in den traditionellen Siedlungsgebieten, darüber
hinaus
nach dem örtlichen Bedarf festzulegen.
(4)
Die Volksgruppenangehörigen haben Anspruch auf Gebrauch der Volksgruppensprache
im
öffentlichen Leben und im Verkehr mit öffentlichen Stellen. Bei entsprechendem
Bedarf,
jedenfalls
aber im traditionellen Siedlungsgebiet ist die Volksgruppensprache als mit dem
Deutschen
gleichberechtigte amtliche Sprache zu verwenden. Ansonsten sind den
Volksgruppenangehörigen
angemessene Erleichterungen für den Gebrauch der
Volksgruppensprache
zu gewähren. Die Volksgruppen haben das Recht, dass in ihren
traditionellen
Siedlungsgebieten topographische Bezeichnungen und Aufschriften auch in der
Volksgruppensprache
abgefasst sind.
(5)
Organisationen oder Vertretungskörper, die ihrem rechtlichen Zweck nach
Volksgruppeninteressen
vertreten und für eine Volksgruppe repräsentativ sind, haben das
Recht,
die auf diesen Artikel gegründeten Rechte und rechtlichen Interessen der
betreffenden
Volksgruppe vor staatlichen Behörden geltend zu machen. Die Rechte der
Angehörigen
der Volksgruppen bleiben davon unberührt."
Artikel
II
Art. 7
des Staatsvertrags betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und
demokratischen
Österreich, BGBl Nr. 152/1955, bleibt unberührt.
Artikel
III
Mit
der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung
betraut.
Erläuterungen
A.
Allgemeiner Teil
Kern
des Grundrechtekatalogs der österreichischen Bundesverfassung ist nach wie vor
das
Staatsgrundgesetz
über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867 (siehe Art. 149
Abs. 1
B-VG). Das Staatsgrundgesetz enthält auch eine Bestimmung über den Schutz der
ethnischen
Minderheiten (Art. 19 StGG: "Volksstämme"), deren Geltung heute
allerdings
fraglich
ist. Sie entspricht, obwohl sie durchaus bemerkenswerte und auch in der
Gegenwart
noch
relevante Ansätze enthält, auch gewiss nicht mehr einem zeitgemäßen Schutz der
Volksgruppen.
Sie ist durch spätere Verfassungsbestimmungen völkerrechtlicher Herkunft
(Abschnitt
V des III. Teils des Staatsvertrags von St. Germain, Art. 7 Wiener
Staatsvertrag
vom
15. Mai 1955) überlagert und weitgehend ersetzt, nach verbreiteter Ansicht
sogar
vollständig
verdrängt worden. Verfassungsbestimmungen über den Minderheitenschutz
finden
sich ferner in den Minderheitenschulgesetzen für Kärnten und Burgenland.
Der
vorliegende Entwurf versucht, diese strittige und jedenfalls sehr zersplitterte
Verfassungsrechtslage
durch eine einheitliche Regelung zu ersetzen. Das entspricht zum
einen
den Bemühungen, die allgemeine Zersplitterung des Bundesverfassungsrechtes zu
bereinigen
(siehe dazu etwa Irresberger, Wege aus dem Verfassungsdschungel?,
JRP 1994,
239
ff). Zum anderen ist es ein berechtigtes Anliegen der österreichischen
Volksgruppen,
eine
für alle Volksgruppen einheitliche und eindeutige Verfassungslage herzustellen
und an
systematisch
passender Stelle im Bundesverfassungsrecht zu verankern.
Was
die systematische Stellung einer solchen Verankerung anlangt, so basiert der
vorliegende
Entwurf auf der Überlegung, dass das Staatsgrundgesetz nach wie vor die
eigentliche
Verfassungsurkunde in bezug auf Grundrechte ist. Da es sich bei den
verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten der Volksgruppen um Grundrechte der
Volksgruppenangehörigen,
aber auch der Volksgruppen als solcher handelt, ist eine
Regelung
im StGG derzeit einer solchen im B-VG selbst vorzuziehen. Es wird dadurch der
subjektive
Charakter dieser Rechte hervorgehoben. Art. 19 StGG bietet sich aber auch
deshalb
an, weil er schon bisher die einzige Bestimmung über den Schutz von
Minderheiten
mit
umfassendem Geltungsanspruch enthält.
Was
den Inhalt betrifft, so versucht der Entwurf den vorhandenen Bestand an
verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten der Volksgruppen und der Angehörigen von
Volksgruppen
zu vereinheitlichen. Die im Wiener Staatsvertrag der slowenischen und
kroatischen
Minderheit in Burgenland, Kärnten und Steiermark garantierten Rechte werden
auf
alle "autochthonen" Minderheiten ausgedehnt. Lücken im geltenden
Rechtsbestand
werden
insofern geschlossen, als etwa auch das Kindergartenwesen erfasst wird. Die
Judikatur
des VfGH wird berücksichtigt. Um die Konsensfähigkeit des Entwurfes zu
gewährleisten,
werden aber nicht prinzipiell neue, im geltenden Verfassungsrecht noch nicht
verankerte
Rechte vorgesehen. Der vorliegende Entwurf versucht vielmehr eine
Konsolidierung
des geltenden Bundesverfassungsrechts. Eine Weiterentwicklung dieses
Rechtsbestandes
ist eine verfassungspolitische Frage, über die ein entsprechender Konsens
hergestellt
werden müsste. Vorsichtig weiterentwickelt wird allerdings das bestehende
Rechtsschutzsystem
insofern, als den Volksgruppen als solchen die Möglichkeit der
Durchsetzung
ihrer kollektiven Rechte gewährleistet wird, doch kann dies an
die
Rechtsprechung des Reichsgerichts zu Art. 19 StGG anknüpfen.
Schon
aufgrund des Verfassungsrangs der vorgeschlagenen Regelung versteht sich von
selbst,
dass einzelne Bestimmungen einer Präzisierung durch einfache bundesgesetzliche
Regelungen
zugänglich sind. Allerdings dürfen die hier gewährleisteten Rechte durch den
einfachen
Gesetzgeber nicht eingeschränkt werden. Auf einen ausdrücklichen
Gesetzesvorbehalt
wird daher, um diesbezüglich keine Fehldeutungen zu verursachen,
verzichtet.
Vgl. im übrigen auch die Rechtsprechung des VfGH zu Art. 7 des Wiener
Staatsvertrages,
insbesondere VfSlg 11.585/1987.
B.
Besonderer Teil
Zu
Art. I:
Zu
Art. 19 Abs. 1 StGG:
An die
Spitze der vorgeschlagenen Neufassung des Art. 19 StGG soll eine
Staatszielbestimmung
gestellt werden, die zugleich eine grundsätzliche verfassungsrechtliche
Wertentscheidung
zugunsten des Volksgruppenschutzes im Sinne der Judikatur des VfGH
zum
Ausdruck bringt. Den Begriff der Volksgruppe in dieser Bestimmung näher zu
definieren
(vgl.
§ 1 Abs. 2 Volksgruppengesetz), wäre überflüssig. Die vorgeschlagene
Formulierung
stellt
klar, dass es um die "autochthonen" Volksgruppen Österreichs geht. In
Zweifelsfällen
wäre
im Sinne einer historischen Auslegung auf das Volksgruppengesetz in seiner
geltenden
Fassung
zurückzugreifen.
Zum
zweiten Satz vgl. die ursprüngliche Fassung des Art. 19 Abs. 1 StGG sowie § 1
Abs. 1
Volksgruppengesetz.
Schon Art. 19 StGG ging von einem kollektiven Volksgruppenschutz
aus,
das heißt: einer Anerkennung der Volksgruppen als Träger von (kollektiven)
Grundrechten,
soweit es um die Erhaltung ihres kulturellen Bestandes als
(gruppenspezifisches)
öffentliches Interesse geht.
Zum
dritten Satz vgl. § 1 Abs. 1 Volksgruppengesetz. Es erfolgt hier eine
grundsätzliche
Festlegung
positiver staatlicher Schutz- und Leistungspflichten, wie sie in der Judikatur
anerkannt
sind, und zwar sowohl im Hinblick auf den kollektiven wie auf den individuellen
Minderheitenschutz.
Die Formulierung ist ausreichend weit, sodass sie über die konkreten
Anwendungsfälle
in den folgenden Absätzen hinaus auch andere gesetzliche
Begünstigungen,
etwa Maßnahmen positiver Diskriminierung deckt, die andernfalls unter
dem
Aspekt des Gleichheitssatzes problematisch erscheinen könnten. Nach der
Rechtsprechung
des VfGH (siehe VfSlg 9224/1981) ergibt sich schon aus einer Gesamtschau
des
geltenden Verfassungsrechts "eine Wertentscheidung des
Verfassungsgesetzgebers
zugunsten
des Minderheitenschutzes", der eine "mehr oder minder schematische
Gleichstellung
von Angehörigen der Minderheiten mit Angehörigen anderer gesellschaftlicher
Gruppen
... nicht immer genügen" könne. Dieser Rechtsprechung wird mit dem zweiten
Satz
im
Abs. 1 des Entwurfs eine eindeutige verfassungsgesetzliche Grundlage
"nachgereicht".
Zu
Art. 19 Abs. 2 StGG:
In
diesem Absatz geht es um die Frage der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, die
im Sinne
des
schon dem geltenden Verfassungsrecht in seiner Auslegung durch den VfGH
zugrundeliegenden
"anonymen Bekenntnisprinzips" verfassungsrechtlich geklärt werden
soll.
Vgl.
dazu auch § 1 Abs. 3 Volksgruppengesetz.
Der
erste Satz stellt die Unabhängigkeit der Volksgruppenzugehörigkeit im
rechtlichen Sinn
von
objektiven Merkmalen klar. Der zweite Satz enthält ein Diskriminierungsverbot.
Die
gegenüber
dem VolksgruppenG veränderte Formulierung soll eine Deutung ausschließen,
wonach
dem Bekenntnis zur Volksgruppe eine "objektive" Gruppenzugehörigkeit
gegenübersteht.
Der
dritte Satz ist Ausfluss aus der Subjektivität der Volksgruppenzugehörigkeit.
Weiters wird
ein
Verständnis der Volksgruppenzugehörigkeit als Statusbegriff ausgeschlossen: Die
jeweilige
Inanspruchnahme von einzelnen Minderheitenrechten ist stets frei und unabhängig
von
einer generell deklarierten Zugehörigkeit zur Volksgruppe. Umgekehrt schränkt
auch
eine
einmal deklarierte Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe nicht die Möglichkeit
ein, von
Minderheitenrechten
keinen Gebrauch zu machen. (Nicht ausgeschlossen ist damit die
Bindung
der Ausübung bestimmter Rechte an ein zugleich mit deren Inanspruchnahme zu
deklarierendes
Bekenntnis zur Volksgruppe.)
Zu
Art. 19 Abs. 3 StGG:
Abs. 3
beruht im wesentlichen auf der Z. 2 in Art. 7 des Wiener Staatsvertrages,
jedoch ohne
eine
Einschränkung auf die slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten,
Burgenland
und Steiermark. Vielmehr wird der persönliche Geltungsbereich auf alle
"autochthonen"
Volksgruppen ausgedehnt. Weiters wird dieses Recht auch auf Kindergärten
erstreckt.
Der
VfGH (Slg 12.245/1989) hat Art. 7 Z. 2 Staatsvertrag von Wien als unmittelbar
anwendbares
subjektives Recht auf Elementarunterricht in der Volksgruppensprache
interpretiert,
dessen Durchführung jedoch außerhalb des traditionellen Siedlungsgebietes von
einem
Bedarf abhängig gemacht werden darf. Im traditionellen Siedlungsgebiet besteht
der
Anspruch
dagegen - gemäß der geltenden Rechtslage in Kärnten und Burgenland - lösgelöst
von
einer allfälligen Bedarfsfrage. Von der beschriebenen Erweiterung des
persönlichen und
sachlichen
Anwendungsbereiches abgesehen, soll diese Rechtsprechung im Prinzip nicht
verändert,
vielmehr klarer zum Ausdruck gebracht werden. Der Anspruch auf Unterricht in
den
Volksgruppensprachen enthält individualrechtliche und kollektivrechtliche
Komponenten
und
ist als positiver Leistungsanspruch unter die Anforderung der
Verhältnismäßigkeit
("Untermaßverbot")
gestellt.
Die
berechtigten Bedenken gegen die Umsetzung des Art. 7 Z. 2 Staatsvertrag von
Wien im
geltenden
Minderheitenschulgesetz für Kärnten, insbesondere gegen die Einschränkung des
zweisprachigen
Unterrichts auf die ersten drei Volksschulklassen - sie sind Gegenstand eines
anhängigen
Verfahrens vor dem VfGH -, werden durch die vorgeschlagene Fassung des Art.
19
Abs. 3 StGG nicht ausgeräumt; sie sollen vorerst der verfassungsgerichtlichen
Klärung
vorbehalten
bleiben.
Zu
Art. 19 Abs. 4 StGG:
Diese
Bestimmung knüpft an folgende Regelungen des geltenden Rechts an: Art. 19 Abs.
2
StGG,
Art. 66 Abs. 4 Staatsvertrag von St. Germain sowie Art. 7 Z. 3 Staatsvertrag
von Wien.
Grundsätzlich
handelt es sich um ein individuelles Minderheitenrecht, dem eine im Sinne der
Verhältnismäßigkeit
nach Maßgabe von Satz 2 und 3 abgestufte staatliche Leistungspflicht
entspricht.
Da der Gebrauch zweisprachiger topographischer Bezeichnungen im Interesse an
der
Erhaltung des territorialen Bezuges der Volksgruppen als solcher liegt, wird
die im 4. Satz
enthaltene
Verpflichtung als kollektives Volksgruppenrecht im subjektiven und damit
einklagbaren
Sinn verankert.
Zu
Art. 19 Abs. 5 StGG
Das
Recht von Volksgruppenangehörigen, Organisationen zur Vertretung von
volksgruppenspezifischen
Interessen zu gründen, besteht bereits aufgrund des allgemeinen
Vereins-
und Parteienrechts und muss daher nicht volksgruppenspezifisch verankert
werden.
Was
verfassungsrechtlich klargestellt werden soll, ist die Parteistellung solcher
Organisationen
zur Geltendmachung der den Volksgruppen eingeräumten kollektiven
Grundrechtspositionen.
Dies entspricht der ursprünglichen Auslegung des Art. 19 StGG durch
das
Reichsgericht.
Die
weite Umschreibung der von solchen Organisationen vor staatlichen Behörden
wahrzunehmenden
Rechte und rechtlichen Interessen soll sicherstellen, dass auch
unterverfassungsgesetzlich
verankerte Rechtspositionen, die als Ausführung oder
Konkretisierung
der in diesem Artikel festgelegten Garantien angesehen werden können,
durch
diese Organisationen geltend gemacht werden können.
Zu
Art. II:
Da der
in Art. 7 des Wiener Staatsvertrages normierte Minderheitenschutz eine - immer
noch
geltende
- völkerrechtliche Verpflichtung der Republik Österreich darstellt, empfiehlt
sich eine
Bestimmung
nach dem Vorbild des Art. 8 Abs. 3 des BVG über den Schutz der persönlichen
Freiheit.
Eine
entsprechende Erklärung hinsichtlich des Staatsvertrages von St. Germain
erübrigt sich,
da der
auf Minderheiten (im weiteren Sinn) bezogene V. Abschnitt seines III. Teils
seine
völkerrechtliche
Verbindlichkeit verloren hat. Eine Aufhebung der auf Art. 149 B-VG
beruhenden
innerstaatlichen Geltung dieser Bestimmungen als Bundesverfassungsrecht wäre
jedoch
einer allgemeinen Kodifikation des Bundesverfassungsrechts vorzubehalten, zumal
sich
diese Bestimmungen über ethnische Minderheiten hinaus auch auf religiöse
Gruppen
erstrecken,
auf die sich der vorliegende Entwurf nicht bezieht.
Um
einer allgemeinen Rechtsbereinigung des Bundesverfassungsrechts nicht
vorzugreifen,
wird
auch davon abgesehen, die Verfassungsbestimmungen der Minderheitenschulgesetze
für
Burgenland und Kärnten, des Verfassungsrangs zu entkleiden, zumal deren
kompetenzrechtlicher
und sonstiger organisationsrechtlicher Gehalt durch diesen Entwurf
nicht
berührt wird.
Oberwart/
Felsõõr/Erba/Borta, am
31. Oktober 2003