Österreich-Konvent
Ausschuss 1
– Staatsaufgaben und Staatsziele
Arbeitsunterlage für die zweite Ausschusssitzung am Mittwoch, 08.
Oktober 2003, 14:30 Uhr, Parlament, Lokal IV.
1.
Ich danke für die Positionspapiere von Lichtenberger, Öhlinger,
Raschauer und Voith; sie wurden den Ausschussmitgliedern bereits zugemittelt.
2.
Auf Grund der Diskussion in der konstituierenden Sitzung am 26.
September 2003 und nach den Auffassungen, die in den unter 1. genannten
Positionspapieren geändert werden, scheint sich folgende Richtung abzuzeichnen:
- Neue Staatsaufgaben und
Staatsziele sollten nicht in Erwägung gezogen werden; eine scharfe Trennung
von Staatsaufgaben und Staatszielen besteht nicht.
- von der Aufnahme einer
Präambel in eine neue Verfassung sollte abgesehen werden;
- die bisher im
Verfassungsrecht vorgesehenen Staatsaufgaben und Staatsziele sollten eher nicht
gestrichen, aber allenfalls systematisiert werden;
- die bestehenden
Staatsaufgaben und Staatsziele sollen weiterhin als demonstrative Aufzählung
verstanden werden; auch in Zukunft soll dem politischen Prozess ein großer
Zeitraum gewährt werden;
- Ziele und
Werte, die nicht zur Disposition der jeweiligen politischen Mehrheit stehen
sollen, sollen möglichst als durchsetzbare, verfassungsrechtlich gewährleistete
Rechte (Grundrechte) normativ verfestigt werden.
Soll eine gemeinsame Arbeitssitzung mit dem Ausschuss 4 in Aussicht
genommen
werden?
3. Die Problematik der
staatlichen Kernaufgaben wird meist im Zusammenhang mit der
Frage
der Ausgliederung gesehen und gehört insoweit zum Arbeitsbereich des
Ausschusses
7. Dessen ungeachtet sollte auch der vom Ausschuss 1 zu erstattende
Bericht
etwas zum Begriff der „genuine Staatsaufgaben“ („vorpositive Staatsaufgaben“
iS von Öhlinger) sagen.
Dazu
gehören etwa das Gewaltmonopol und der Zugang zu Rechtsschutzinstitutionen.
4. Was die Zulässigkeit
von Ausgliederungen betrifft sehe ich im Ausschuss 1 derzeit keine
klare
Tendenz, großzügige Auffassungen stehen eher kritischen gegenüber.
Soll
eine gemeinsame Arbeitssitzung mit dem Ausschuss 7 in Aussicht genommen
werden?
5. Die bestehenden
Bestimmungen, die Staatsaufgaben und Staatsziele festlegen, finden sich
im
österreichischen Verfassungsrecht verstreut; das Positionspapier Öhlinger
nennt unter
Pkt.
4 die relevanten Regeln. Eine Systematisierung könnte überlegt werden; dabei
wäre
in einigen Punkten eine
Neuformulierung zu versehen:
- das Gebot des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes (Art. 13 Abs. 2 B-VG) ist durch das
gemeinschaftsrechtliche Haushaltsrecht bedeutungslos geworden und könnte gestrichen
werden;
- dauernde
Neutralität und umfassende Landesverteidigung sind so nicht mehr zeitgemäß.
Hier könnte die Neuformulierung einer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik
unter Bezugnahme auf die Europäische Union und deren Sicherheitskonzept (insb.
Art. 17 EUV)versucht werden.