o univ prof ddr
heinz mayer
Herrn Sektionschef
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger
Vorsitzender des Ausschusses 3
des Österreich-Konvents
per e-mail:
clemens.mayr@konvent.gv.at
Wien, am 18. September 2003
Betr: Ausschussmandat
„Staatliche Institutionen“; Themenvorschläge
Sehr geehrter Herr Sektionschef,
lieber Gerhart!
In der konstituierenden Sitzung des
Ausschusses 3 hast Du die Ausschussmitglieder ersucht, einige Vorschläge
zum Ausschussmandat zu erstatten. Dazu erlaube ich mir auszuführen:
1. Zu Punkt I.1.:
–
Eine geringfügige Verringerung der
Zahl der Mitglieder des Nationalrats wäre denkbar; eine breite Repräsentanz der
Wählerschaft muss aber dennoch gesichert bleiben.
–
Die Allgemeinheit des Wahlrechtes
sollte verstärkt werden. Eine Reform sollte in die Richtung gehen, dass alle
Personen, die längere Zeit ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, auch
wahlberechtigt sind. Ein erster Schritt könnte ein Wahlrecht für alle EU-Bürger
sein, die seit drei Jahren in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben.
–
Eine Absenkung des Wahlalters auf
16 Jahre könnte erwogen werden.
–
Eine Änderung der Zusammensetzung des
Bundesrates kann nicht losgelöst von dessen Kompetenzen diskutiert werden.
Wertet man den Bundesrat etwa durch die Entsendung der Landeshauptleute auf, so
müssten dem Bundesrat gewichtigere Befugnisse als bisher eingeräumt werden. Das
allgemeine suspensive Vetorecht könnte man abschaffen, dafür könnte man in
bestimmten Fällen ein stärkeres Mitwirkungsrecht des Bundesrates
(Zustimmungsrecht) verankern.
–
Eine Reform des Bundesrates könnte
auch in eine ganz andere Richtung gehen: Ich denke etwa an ein echtes „Oberhaus“,
in dem Vertreter der Sozialpartner, der Universitäten und sonstiger wichtiger
Einrichtungen des öffentlichen Lebens vertreten sind.
2. Zu Punkt I.2.:
Das
Verhältnis Bundespräsident - Bundesregierung
sollte unverändert bestehen bleiben.
3. Zu Punkt II.:
Die
bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften über die Wahl der Landtage sollten
beibehalten werden. Das Einspruchsrecht der Bundesregierung nach Art 98 B‑VG
könnte beseitigt werden, das Zustimmungsrecht nach Art 97 B‑VG müsste
jedenfalls erhalten bleiben.
Das
BVG über die Ämter der Landesregierungen 1925 könnte meines Erachtens
aufgehoben werden. Es wäre ausreichend wenn das B‑VG die Institution Amt der
Landesregierung unter der Leitung des Landeshauptmanns und des diesem unterstehenden
Landesamtsdirektors fest schreibt. Nähere Regelungen könnte die
Landesverfassung treffen.
Die
immer wieder diskutierte Verländerung der Verwaltung würde die Stellung der
Landesregierung gegenüber dem Landeshauptmann stark aufwerten. Der derzeit
bestehende Einfluss des Landeshauptmanns im Bereich der mittelbaren
Bundesverwaltung wäre beseitigt.
Eine
Direktwahl der obersten Organe des Landes sollte in keinem Fall vorgesehen
werden.
4. Zu Punkt III.:
–
Die Kompetenz der Gemeinden in
Bausachen sollte auf die staatlichen Behörden übertragen werden.
–
Zu überlegen wäre ob man
länderübergreifende Gemeindeverbände zulässt.
5. Zu Punkt VI.:
–
Eine Aufweichung des
Legalitätsprinzips sollte unterbleiben. Vorstellbar wäre allenfalls eine
Ermächtigung des Bundesgesetzgebers vorzusehen, die Umsetzung von bestimmten
EU-Richtlinien im Einzelfall durch Verordnung zu ermöglichen.
Ich hoffe gedient zu haben und
verbleibe
mit den besten Grüßen