26.
September 2003
Sektionschef Ballhausplatz
2, 1014 Wien
Dr. Manfred MATZKA Telefon:
++43-1-53115/2396
Telefax:
++43-1-53115/2508
An das
Mitglied
des Verfassungsgerichtshofes
Herrn SC aD
UnivProf. Dr. Gerhart HOLZINGER
Judenplatz
11
1014 Wien
Sehr
geehrter Herr Vorsitzender,
lieber
Freund!
In
Beantwortung Deines Schreibens vom 17. September 2003 darf ich Dir nachstehend
zum Mandat für den Ausschuss 3 des Österreich-Konvents folgende inhaltliche
Stellungnahme übermitteln:
Ich rate
davon ab, zu viel Aufwand auf die Beschäftigung mit der Zahl der Mitglieder des
Nationalrates und ähnlichen Organisationsfragen zu richten. Hier sind die
Reformen optischer Natur, bringen aber in Wirklichkeit für das gesamte
Staatsgefüge keinen Gewinn. In ähnlicher Weise sehe ich die Frage nach dem
Kreis der Wahlberechtigten: Auch hier ist das Thema zwar für die Medien
interessant, in Wirklichkeit aber eine von der Staatsbürgerschaft abweichende
Festlegung so wenig konsensfähig, dass man sich damit nicht auseinander setzen
sollte.
Ich halte
es aber für sehr notwendig und zweckmäßig, sich mit dem Bundesrat zu befassen:
Die Kritik an der derzeitigen Organisationsform dieser Einrichtung ist allseits
bekannt. Ich würde mich dafür einsetzen, jene Vorschläge aufzugreifen, die den
Bundesrat zu einer realistischen Repräsentanz der Machtträger in den Ländern
umorganisieren wollen. Um es auf einen einfachen Punkt zu bringen: Die derzeitige
Mitwirkung des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung ist weitestgehend obsolet
und braucht nicht weiter aufrecht erhalten zu werden. Für eine vernünftige
Bund-Länder-Koordinierung wäre es aber sehr nützlich, wenn der Bundesrat die
Funktion der Landeshauptleutekonferenz, der Landesfinanzreferentenkonferenz,
... übernehmen könnte. Dies würde bedeuten, dass die Landesregierungsmitglieder
das
Recht
erhalten müssten, die dem Land zustehenden Sitze im Bundesrat mit Stimmrecht
wahrzunehmen, was insbesondere für die Ausschüsse gelten könnte: Damit würde
der „Hautpausschuss des Bundesrates“ mit der Landeshauptleutekonferenz ident
sei, der „Finanz- und Budgetausschuss“ mit der Landesfinanzreferentenkonferenz,
.... Wenn man dann noch den Schritt machte, festzulegen, dass ausschließlich
Landeregierungsmitglieder und Landtagsabgeordnete Bundesräte sein dürfen, könne
man sogar noch zu einem beträchtlichen Einsparungseffekt und reichert auch die
Tätigkeit der Landtagsabgeordneten an, was wohl auch nicht ganz unsinnig ist.
In der
Diskussion über die Exekutive des Bundes möchte ich mich dafür einsetzen, in
keine eingehende Debatte über Kompetenzen und die Institution des
Bundespräsidenten einzutreten und auch bei der Bundesregierung sich
ausschließlich auf einige wenige Detailfragen im Kontext der Geschäftsordnung
zu konzentrieren, wo Reformen, die nahe liegen, rasch und einhellig
verabschiedet werden können.
Ich werde
mich dafür einsetzen, hier in eine intensive Diskussion über die Aufgaben der
Landtage einzutreten. Es ist ja doch evident, dass die Landtage derzeit, wo sie
sich im wesentlichen auf die Landesgesetzgebung zu konzentrieren haben, wenig
ausgelastet sind und damit in den Augen der Allgemeinheit ihre Funktion nur
sehr unbefriedigend erfüllen. Hier wäre doch wohl im Zusammenhang mit einer
Gesamtstaatsreform darüber nachzudenken, welche Rechte die Landtage etwa im
Rahmen der Vollziehung von Bundesgesetzen erhalten können: Wenn das
Gesamtkonzept dahin geht, die Gesetzgebung beim Bund zu konzentrieren, dann
sollte dies zur Konsequenz haben, dass den Ländern breitere Verordnungsspielräume
eingeräumt werden. Diese könnten dann von den Landtagen ausgefüllt werden, die
somit bei der generell-abstrakten Normsetzung eine wichtige zusätzliche Rolle
erhalten sollten.
Im
Zusammenhang mit der Landesexekutive wird ebenfalls die Konsequenz einer
Gesamtstaatsreform zu beachten sein, die insbesondere sich dahin auswirken
wird, auf Landesebene das System der Ministerverantwortlichkeit, also das
Ressortprinzip festzulegen. Wenn die mittelbare Bundesverwaltung in ihrer
derzeitigen Ausprägungsform beseitigt werden soll – und vieles spricht dafür -,
dann ist damit auch die Rolle des Landeshauptmannes als alleinige Drehscheibe
der mittelbaren Bundesverwaltung obsolet. Das Ressortprinzip und die jeweilige
Ministerverantwortlichkeit könnte sich dann vom Ressortminister auf
Bundesebene über das zuständige Landesregierungsmitglied erstrecken.
Das
wichtigste Kapitel in diesem Zusammenhang scheint mir die Frage zu sein, welche
Relation zwischen Gemeindeverwaltung und Bezirksverwaltung bestehen soll. Hier
geht die Tendenz doch wohl in die Richtung, Verdoppelungen von Zuständigkeiten
zu vermeiden, Kompetenz dort anzulagern, wo sie auch sachgerecht wahrgenommen
werden können und Gemeinden nicht mit Fragen zu überfordern, die auf
Gemeindeebene schwer lösbar sind. Ganz konkret möchte ich mich dafür
aussprechen, die Bevölkerungsgrenzen für Staturstädte abzusenken
(beispielsweise auf 10.0000) und die Möglichkeiten der Gemeinden auszubauen,
sich im Rahmen eines politischen Bezirks zu Gemeindeverbänden zusammen zu
schließen, die insbesondere verwaltungsbehördliche Aufgaben wahrnehmen, wo
rechtskundliche Beamte erforderlich sind.
Zu den
übrigen Kapiteln der Themenliste des Ausschusses habe ich nur ganz wenige
Bemerkungen:
Aus meiner
ganzen bisherigen beruflichen Erfahrung stehe ich dem Instrument der
15a-Vereinbarung sehr skeptisch gegenüber und halte nichts von einem Ausbau
dieses Instruments.
Ich erwarte
mir auch keine besonderen Fortschritte aus einer Diskussion über die
Neuformulierung des Art. 18 B-VG, außer in einem einzigen Zusammenhang: Der
Spielraum des Verordnungsgebers bei der Vollziehung von Gesetzen kann und soll
dann ausgeweitet werden, wenn der Verordnungsgeber ein demokratisch
legitimiertes Organ ist.
Bei diesen
Bemerkungen will ich es für heute bewenden lassen und bleibe
mit den besten Grüßen
Dr. Matzka