Sehr geehrter Herr Vorsitzender !
Nachstehend versuche ich einige Themata, die mit persönlich besonders
wichtig erscheinen, nicht nur aufzulisten, sondern auch mit Anmerkungen zu
versehen, worin – meines Erachtens nach - das Problem besteht und in welche
Richtung ich Lösungsansätze zu suchen vorschlage.
Sparsamkeit/Größe parlamentarischer Gremien: Es muss wohl von Anfang an
klargestellt werden, dass der von vielen immer wieder betonte Aspekt der
„Einsparungen“ hinsichtlich parlamentarischer Gremien ein höchst
problematischer, wenn nicht sogar populistischer Ansatz ist. Deren
Funktionsfähigkeit hinsichtlich Spezialisierung, zunehmender internationaler
Aufgaben und nicht zuletzt „Ansprechbarkeit“ für BürgerInnen erscheint mir
wesentlich bedeutsamer als die mögliche Einsparung durch die Reduzierung der
Mitgliederzahlen.
Bundesrat: Dass ich hier auch Interessen vertrete, ist offenkundig. Im
Sinne einer ökonomischen Arbeitsweise plädiere ich dafür, dass an diese Frage
einvernehmlich mit der Arbeitsgruppe 5 herangegangen wird; eine Klärung der
Vorgangsweise durch die beiden Ausschussvorsitzenden erschiene mir sinnvoll.
Von der Logik her, hätte aber wohl die Arbeitsgruppe 5 einen gewissen Vorrang,
da erst nach Herstellung des Einvernehmens über den künftigen
Gesetzgebungsprozess eine Debatte über Bestellung und Organisation des
Bundesrates zielführend sein kann.
Wahlsystem: Ich erachte das derzeitige System, dass die Zurechnung von
Mandaten an Bundesländer und Wahlkreise nach der „Bürgerzahl“ vornimmt
(übrigens auch bei der derzeitigen Bestellungsweise des Bundesrates) für extrem
problematisch. Die einzige annehmbare Grundlage – wie auch alle internationalen
Beispiele zeigen – ist die Wählerzahl.
Ausgehend von den berechtigten Wünschen nach einer stärkeren Bindung
zwischen Wählern und Gewählten wäre ein Nationalratswahlsystem, das auf
Einer-Wahlkreisen aufbaut und – nicht in den Bundesländern, aber
bundeseinheitlich – für einen extremen Proporzausgleich sorgt, sowohl diesen
Bedürfnissen entsprechend wie auch der österreichischen Tradition der extremen
Repräsentativität entsprechend.
Wahlformen: Alle Möglichkeiten, die Stimmabgabe zu erleichtern, wären
wohlwollend zu überprüfen. Das gilt für die – auch verfassungsrechtlich
abgesicherte – vorzeitige Stimmabgabe, eventuell Briefwahl, Ausbau des Systems
der Wahlkarten (Wahllokale ev. auch außerhalb des jeweiligen „Wahlgebietes“ bei
Regionalwahlen), während e-voting wohl noch nicht hinlänglich ausgereift ist.
Wahlberechtigung: Die generelle Senkung des Wahlalters (auf 16 Jahre), die
aktive Wahlberechtigung für EU-Bürger auch bei Landes- und Bundeswahlen, die
Wahlberechtigung auf allen Ebenen für lange ansässige Nicht-Staatsbürger sind
zumindest sachlich zu debattieren. Sonderprobleme wirft das Melderecht und die
sich daraus ergebende Praxis auf: Inwieweit es mit dem Gleichheitsgrundsatz zu
vereinbaren ist, dass Personen mit „mehreren Lebensmittelpunkten“ zu mehreren
Gemeinderäten und Landtagen wahlberechtigt sind ist zumindest
diskussionsbedürftig (zumindest in der gegenwärtigen Kreationsform des
Bundesrates ergibt sich das Sonderproblem, dass Personen mit „mehreren
Lebensmittelpunkten“ mehrfach – via Stimmabgabe für den Landtag – über dessen
Zusamensetzung entscgheiden.
Gebietsgemeinden: Sicherlich nicht allein
Thema dieser Arbeitsgruppe ist die Frage, inwieweit nicht freiwillige, wenn
auch bundeseinheitlich normierten logischen Kriterien entsprechende
Gemeindeverbände (Gebietsgemeinden) jene Aufgaben übernehmen könnten und
sollten, die derzeit im Wesentlichen von den Bezirksverwaltungsbehörden
ausgeübt werden, und zudem übertragene Aufgaben der Einzelgemeinden
ökonomischer bearbeiten könnten.
In diesem Zusammenhang – wenn auch wiederum möglicherweise nicht nur in
Arbeitsgruppe 3 zu beraten – erscheint mir eine Verfassungsnorm überlegenswert,
die Bund und Länder verpflichtet, bei der „Aufteilung“ des Staatsgebietes
(Bezirksgerichte, Dienststellen der Sicherheitsexekutive, Finanzämter etc.) auf
solche Einheiten (Bezirke, Gebietsgemeinden) verpflichtend Rücksicht zu
nehmen.
Ich hoffe, dass diese Aufzählung in etwa dem entspricht, was Sie sich als
„Initialzündung“ seitens der Mitglieder der Arbeitsgruppe erwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht K. Konečny