Basisinformation 1

zu den Themen Legislative und Exekutive des Bundes

 

1. Bund

1.1. Legislative

1.1.1. Nationalrat

1.1.1.1. Zahl der Mitglieder

Fragestellung: Soll die Zahl der Mitglieder des Nationalrates im B‑VG geregelt werden (welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen)?

Soll die Zahl der Mitglieder des Nationalrates reduziert werden (welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen)?

Rechtslage: Die Zahl der Abgeordneten zum Nationalrat ist nicht auf verfassungsrechtlicher, sondern nur auf einfachgesetzlicher Ebene normiert, und zwar in § 1 Abs. 1 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO), BGBl. Nr. 471, zuletzt idF BGBl. I Nr. 54/2003.

§ 1. (1) Der Nationalrat besteht aus 183 Mitgliedern, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewählt werden.“

 

Rechtsvergleich: Die Regelung der Anzahl der Mitglieder zur gesetzgebenden Körperschaft stellt sich in den anderen Mitgliedstaaten der EU (bzw. in der Schweiz) wie folgt dar:

In Belgien, Finnland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und der Schweiz ist die Anzahl der Mitglieder auf verfassungsrechtlicher Ebene festgelegt. In Dänemark, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien (sowie im Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa) finden sich dahingehende verfassungsrechtliche Vorgaben, dass entweder eine Mindest- und Höchstzahl normiert wird oder es wird festgelegt, auf wie viele Einwohner ein Abgeordneter kommt. In Deutschland und in Frankreich finden sich hinsichtlich der Zahl der Abgeordneten – wie in Österreich –auf verfassungsrechtlicher Ebene keine Vorgaben.

Zu den konkreten Abgeordnetenzahlen siehe die Zusammenstellung des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.1./A. Dieser Auflistung, die auch die Zahl der Einwohner bzw. der Wahlberechtigten beinhaltet, lässt sich auch entnehmen, wie viele Abgeordnete in den Staaten, die einwohnermäßig mit Österreich vergleichbar sind, gewählt werden.

Reformvorschläge: Vorschläge, die Anzahl der Mitglieder nicht auf einfachgesetzlicher, sondern auf verfassungsrechtlicher Ebene zu normieren, wurden – soweit ersichtlich – bislang noch nicht erstattet.

Die Festlegung auf 183 Abgeordnete erfolgte durch die Nationalrats-Wahlordnung 1970, BGBl. Nr. 391. Davor hatte der Nationalrat seit der Nationalrats-Wahlordnung 1923, BGBl. Nr. 367, stets 165 Mitglieder gehabt. Als Begründung für die Erhöhung wurde angeführt, dass auch zu Beginn der ersten Republik gemäß der Wahlordnung für die Nationalversammlung vom 20. Juni 1920, StGBl. Nr. 316 (nach der Eingliederung des Burgenlandes) die Nationalversammlung aus 183 Abgeordneten bestehen sollte. Hinzu komme, dass die Zahl der Wahlberechtigten seit 1920 um über eine Million gestiegen sei. (Siehe dazu den AB 238 BlgNR 12. GP sowie den IA 95/A BlgNR 10. GP, mit dem bereits im Jahr 1964 eine Erhöhung der Anzahl der Abgeordneten auf 180 gefordert worden war – beide elektronisch verfügbar.)

Vorschläge zur Abänderung der derzeitigen Anzahl der Nationalratsabgeordneten gab es insbesondere nach dem Beitritt zur Europäischen Union, und zwar im Hinblick auf eine Reduzierung der Anzahl der Abgeordneten. (Siehe etwa Schilcher, Österreichs dorniger Weg zur politischen Normalität, in Payrleitner (Hrsg.), Aufbruch aus der Erstarrung (1999) 68 ff; Univ.Prof. Dr. Rack in der Generaldebatte)

 

1.1.1.2. Wahlen:

Eine aktuelle Zusammenfassung der Entwicklung des Wahlrechts in der Zweiten Republik findet sich bei Poier, Minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht (2001) S. 176 ff –Dokument 1.1.1.2./A.

Weitere Zusammenstellungen finden sich bei Fischer, Zur Entwicklung des Österreichischen Wahlrechts, in Machacek ua (Hrsg.), FS Rosenzweig (1988) 107; Neisser, Die Wahlrechtsentwicklung im geschichtlichen Ablauf, in Neisser/Handstanger/Schick, Bundeswahlrecht2 (1994) 23 ff; Ucakar, Demokratie und Wahlrecht in Österreich (1985) 457 ff.

1.1.1.2.1. Wahlsystem:

Fragestellung: Sollen einzelne Wahlrechtsgrundsätze geändert werden, im Besonderen der der Verhältnismäßigkeit (welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen)?

Rechtslage: Die grundlegenden Bestimmungen finden sich in Art. 26 Abs. 1 und 2 B‑VG (bzw. hinsichtlich der Landtags- und Gemeinderatswahlen in den Art. 95 und 117 B‑VG). (Anlage ./A)

Die näheren einfachgesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Nationalratswahl finden sich in den §§ 2 bis 5 sowie 92 bis 113 NRWO.

Die Nationalratsabgeordneten werden seit Beginn der Ersten Republik nach einem Verhältniswahlsystem gewählt. Die konkrete Ausgestaltung des gegenwärtigen Verhältniswahlsystems erfolgte im wesentlichen durch die Wahlrechtsnovellen 1970 (BGBl. Nr. 391, siehe dazu den AB 238 BlgNR 12. GP – elektronisch verfügbar) bzw. 1992 (BGBl. Nr. 471; siehe dazu die RV 180 BlgNR 18. GP sowie AB 601 BlgNR 18. GP – elektronisch verfügbar).

Rechtsvergleich: Auch in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird nach einem Verhältniswahlsystem gewählt (siehe wiederum die Zusammenstellung des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.1./A).

Art. 19 Abs. 2 des Entwurfes eines Vertrages über eine Verfassung für Europa bestimmt hinsichtlich der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments folgendes:

Art. 19 (1) ...

(2) Das Europäische Parlament wird von den europäischen Bürgerinnen und Bürgern für eine Amtszeit von fünf Jahren in allgemeinen, freien und geheimen Wahlen direkt gewählt. Die Anzahl seiner Mitglieder darf 736 nicht überschreiten. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit vier Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten.

...“

 

Reformvorschläge: Vorschläge zur Einführung eines Mehrheitswahlsystems gab es Anfang der 70er Jahre (siehe insbesondere Neisser/Diem, Zeit zur Reform [1969] 54 ff; Neisser/Pelinka [Hrsg.], Für ein mehrheitsförderndes Wahlrecht in Österreich [1971]). Ein alternativer Wahlrechtsvorschlag sah – in Anlehnung an das bundesdeutsche Wahlrecht – ein Einerwahlrecht mit Proporzausgleich vor (siehe dazu Broda/Gratz, Für ein besseres Parlament – für eine funktionierende Demokratie [1970] 24 ff). Ende der 90er Jahre kam es erneut zu Diskussionen um Änderungen im Wahlsystem. (siehe die Wahlrechtsvorschläge bei Poier, Aktuelle Wahlrechtsvorschläge, Österreichisches Jahrbuch für Politik 1999, 255 [273 ff] – Dokument 1.1.1.2.1./A; Keller, Ein neues Wahlrecht zur Belebung unserer Demokratie, in Payrleitner (Hrsg.), Aufbruch aus der Erstarrung (1999) 36 ff – Dokument 1.1.1.2.1./B).

Die Wahlrechtsvorschläge befassen sich zumeist auch mit einer möglichen stärkeren Personalisierung des Wahlrechts.

Weiters wird verschiedentlich gefordert, die Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise nicht auf Grund der Zahl der Staatsbürger vorzunehmen, sondern auf Grund der Zahl der Wahlberechtigten (siehe dazu Art. 26 Abs. 2 zweiter Satz B‑VG – Anlage ./A).

1.1.1.2.2. Kreis der Wahlberechtigten:

Fragestellung: Sollen die Regelungen über den Kreis der (aktiv/passiv) Wahlberechtigten geändert werden (welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen – im Besonderen hinsichtlich EU-Staatsangehöriger, sonstiger Ausländer bzw. einer Senkung der Altersgrenzen)?

Wahlalter:

Rechtslage: Gemäß Art. 26 Abs. 1 B‑VG in der Fassung des AB 163 BlgNR 22. GP (In-Kraft-Treten 1.1.2004) sind alle Männer und Frauen, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, zur Wahl des Nationalrates wahlberechtigt.

Rechtsvergleich: International gesehen liegt das aktive Wahlalter zumeist bei 18 Jahren (dies ist etwa in allen Mitgliedstaaten der EU der Fall). Ebenso knüpft das passive Wahlrecht in den meisten Mitgliedstaaten an die Vollendung des 18. Lebensjahres an. Lediglich in Griechenland (25 Jahre), in Italien (25 Jahre), in Irland (21 Jahre), in Luxemburg (21 Jahre) und im Vereinigten Königreich (21 Jahre) ist für das passive Wahlrecht ein höheres Alter gefordert. (siehe die Zusammenstellung des Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A, sowie die Zusammenstellung des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.2.2./B)

Reformvorschläge: Vorschläge im Zusammenhang mit dem Wahlalter zielen insbesondere auf eine Absenkung des aktiven Wahlalters auf das vollendete 16. Lebensjahr ab. (siehe dazu IA 96/A BlgNR 22. GP, IA 118/A BlgNR 21. GP).

Der Landesgesetzgebung steht es frei, ein niedrigeres Wahlalter zu normieren, was vereinzelt auch schon geschehen ist. So ist gemäß § 16 Bgld. Gemeindewahlordnung 1992, LGBl. Nr. 54 idF LGBl. Nr. 64/2002) wahlberechtigt, wer am Stichtag das 16. Lebensjahr vollendet hat.

Ausländerwahlrecht:

Rechtslage: Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft sind derzeit nur auf kommunaler Ebene wahlberechtigt, wenn es sich um Staatbürger anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union handelt (siehe dazu Art. 117 Abs. 2 B‑VG; gemeinschaftsrechtliche Grundlage dafür ist Art. 19 EGV bzw. die Richtlinie des Rates 94/80/EG).

Artikel 19. (1) Jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, hat in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europaeischen Parlaments festgelegt werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.

(2) Unbeschadet des Artikels 190 Absatz 4 und der Bestimmungen zu dessen Durchführung besitzt jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europaeischen Parlament, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europaeischen Parlaments festgelegt werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.“

 

Rechtsvergleich: Zur Rechtslage in Europa: siehe die Zusammenstellung des Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A.

Reformvorschläge: Vorschläge zur Ausweitung des Wahlrechts auf andere Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft zielen darauf ab, auf kommunaler Ebene auch Staatsangehörigen von Nicht-Mitgliedstaaten der EU das Wahlrecht einzuräumen (IA 112/A BlgNR 22. GP)

1.1.1.2.3 Ausgestaltung des Wahlrechts:

Fragestellung: Sollen die bundesverfassungsrechtlichen Regelungen betreffend die Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde geändert werden (welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen – im Besonderen betreffend Briefwahl sowie e-voting)?

Rechtslage: Nach der geltenden Rechtslage (Art. 26 Abs. 6 B‑VG) ist die Stimmabgabe auch im Ausland möglich (diese muss nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen). (Anlage ./A)

Die näheren Vorschriften über die Stimmabgabe durch Wahlberechtigte im Ausland enthält § 60 NRWO.

§ 60. (1) Wähler, die sich voraussichtlich am Wahltag im Ausland aufhalten werden, können dort ihr Wahlrecht, wenn sie im Besitz einer Wahlkarte sind, in der Form ausüben, daß sie die Wahlkarte unter Beachtung der Bestimmungen der Abs. 2 bis 6 rechtzeitig an die zuständige Landeswahlbehörde, deren Anschrift auf der Wahlkarte angegeben ist, übermitteln.

(2) Für den Fall, daß der Wähler von der im Abs. 1 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, bedarf es auf der Wahlkarte der Bestätigung durch eine einem österreichischen Notar vergleichbare Person beziehungsweise nach dem Recht des Aufenthaltsstaates zur amtlichen Beglaubigung berechtigte Einrichtung oder durch den Leiter einer österreichischen Vertretungsbehörde, allenfalls eines von ihm hierzu bestimmten Beamten. Aus der Bestätigung haben die Identität des Wählers sowie der Ort und der Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) hervorzugehen, in welchem er das Wahlkuvert verschlossen in die Wahlkarte zurückgelegt hat. Die Bestätigung muß vor Schließung des letzten Wahllokals in Österreich ausgestellt worden sein.

(3) Handelt es sich um wahlberechtigte Mitglieder einer auf Ersuchen einer internationalen Organisation um Hilfeleistung in das Ausland entsendeten Einheit, so ist diese Bestätigung vom Vorgesetzten der Einheit oder einem von diesem hierzu bestimmten Mitglied der Einheit auszustellen.

(4) Weiters kann die Bestätigung durch einen volljährigen Zeugen mit österreichischer Staatsbürgerschaft erfolgen, der über einen gültigen österreichischen Reisepaß verfügt, dessen Ausstellungsdaten bei sonstiger Nichtigkeit der Stimmabgabe auf der Wahlkarte einzutragen sind.

(5) Jene Arten der Ausübung des Wahlrechts, die der betreffende Staat nicht zuläßt, haben zu unterbleiben.

(6) Die Wahlkarte samt dem darin enthaltenen ungeöffneten Wahlkuvert muß bis spätestens am achten Tag nach dem Wahltag, 12 Uhr, bei der zuständigen Landeswahlbehörde einlangen. Verspätet einlangende Wahlkuverts sind bei der Ermittlung des Wahlergebnisses nicht zu berücksichtigen.“

 

Rechtsvergleich: In den anderen Mitgliedstaaten der EU stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Grundsätzlich vorgesehen ist die Briefwahl in Dänemark, in Deutschland, in Irland, in Luxemburg, in den Niederlanden, in Schweden, in Spanien und im Vereinigten Königreich, wobei im einzelnen unterschiedliche Regelungen betreffend die von der Regelung erfassten Personen, die Antragstellung, die einzuhaltenden Formalerfordernisse sowie die zu wahrenden Fristen bestehen. In Belgien und in Frankreich ist zwar nicht die Möglichkeit der Briefwahl, dafür aber die Möglichkeit der Stimmabgabe durch Vollmacht vorgesehen. Dabei kann unter bestimmten Voraussetzungen ein anderer Wahlberechtigter zur Abgabe der Stimme für den Vollmachtgeber bevollmächtigt werden. In Griechenland ist das Instrument der Briefwahl prinzipiell bekannt, es bestehen aber keine gesetzlichen Durchführungsregelungen. In Finnland besteht die Möglichkeit der Stimmabgabe im Voraus. Im Ausland hat eine derartige Stimmabgabe aber bei den Vertretungsbehörden zu erfolgen. In Italien und Portugal ist die Möglichkeit einer Briefwahl nicht vorgesehen. (Siehe dazu auch die Zusammenstellung des Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A)

Reformvorschläge: Vorschläge zur Einführung einer echten Briefwahl – bei der keine Bestätigung durch einen Dritten erforderlich ist – gab es immer wieder (siehe zuletzt etwa IA 457/A BlgNR 21. GP, IA 98/A BlgNR 21. GP, Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss und Genossen 5 BlgNR 21. GP; weiters Glantschnig, Briefwahl – eine demokratische Notwendigkeit, in ÖGZ 8/2003, 24 – Dokument 1.1.1.2.3./A; Dujmovits, Auslandsösterreicherwahlrecht und Briefwahl [2000] 85 ff).

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die Judikatur des VfGH. Danach steht die Briefwahl im Widerspruch zu den Grundsätzen der geheimen sowie persönlichen Wahl (siehe VfSlg. 10.412/1985 – elektronisch verfügbar). Anderseits steht die Beschränkung des Wahlrechts auf Staatsbürger mit ordentlichem Wohnsitz im Inland in Widerspruch zu Art. 26 Abs. 1 B‑VG (VfSlg. 12.023/1989 – elektronisch verfügbar).

Von den Ländern wurde darüber hinaus die Forderung erhoben, auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass bei Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene die Möglichkeit der Stimmabgabe im gesamten Bundesgebiet vorgesehen werden kann (siehe zuletzt den Beschluss der Landeshauptmännerkonferenz vom 30. April 2003 sowie den Beschluss der Landtagspräsidentenkonferenz vom 21. Oktober 2002 – Dokument 1.1.1.2.3./B).

Mitunter wird auch die Ermöglichung zukünftiger Formen des Wählens (e-voting) gefordert. (Siehe dazu auch die von Bundesrat Prof. Hösele zur Verfügung gestellte Zusammenstellung des BMaA – Dokument 1.1.1.2.3./C.)

 

1.1.1.3. Organisation des Nationalrates:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Organisation des Nationalrates?

Rechtslage: Die Regelungen hinsichtlich der Organisation des Nationalrates finden sich in den Art. 27 bis 33 B‑VG. (Anlage ./A)

 

1.1.2. Bundesrat:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich des „Zwei-Kammern“-Systems der Bundesgesetzgebung als solchem?

Rechtslage: Nach Art. 24 B‑VG wird die Gesetzgebung des Bundes vom Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat ausgeübt. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Bestellung der Mitglieder und der Organisation des Bundesrates finden sich in den Art. 34 bis 37 B‑VG. Die Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung ist in den Art. 42 und 44 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)

Reformvorschläge: Allgemein zu Änderungsvorschlägen im Zusammenhang mit dem Bundesrat: Arbeitspapier des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zur Reform des Bundesrates – Dokument 1.1.2./A. Zu den Positionen der Parlamentsparteien (Stand 1995) siehe Strutzenberger/Pointner, Zur Reformdiskussion des Bundesrates, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg.), 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 687 – Dokument 1.1.2./B. Weiters siehe Zögernitz, Reformen der Geschäftsordnung des Bundesrates, in Schambeck (Hrsg.), Bundesstaat und Bundesrat (1997) 429 – Dokument 1.1.2./C.

1.1.2.1. Bestellung/Organisation

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen über die Organisation des Bundesrates, insbesondere betreffend Bestellung (Wahl) der Mitglieder, Zusammensetzung, Willensbildung udgl.?

Rechtslage: Gemäß Art. 35 Abs. 1 B‑VG werden die Mitglieder des Bundesrates von den Landtagen für die Dauer ihrer Gesetzgebungsperiode nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewählt.

Reformvorschläge: Als Alternativen dazu wurden insbesondere folgende Formen der Bestellung vorgeschlagen:

·        Unmittelbare Wahl durch das Landesvolk

·        Entsendung von Vertretern der Landesregierung, des Landeshauptmannes bzw. von Mitgliedern des Landtages

Um eine stärkere Vertretung von Länderinteressen im Bundesrat zu erreichen, wurden folgende Vorschläge vorgebracht:

·        Bindung der Mitglieder an ein imperatives Mandat (der entsendenden Stelle)

·        Die Vertreter eines Landes können nur länderweise einheitlich abstimmen.

·        Die Länder sollen paritätisch oder zumindest weniger stark differenzierend im Bundesrat vertreten sein.

Daneben gab es auch Vorschläge zur Einbeziehung von Gemeindevertretern oder zur Umgestaltung des Bundesrates zu einem Verbänderat.

Rechtsvergleich: Gemäß Art. 51 des Bonner Grundgesetzes besteht der deutsche Bundesrat aus Mitgliedern der Regierungen der Länder. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich abgegeben werden. Die einzelnen Länder haben zwischen drei und sechs Stimmen.

Art. 51. (1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.

(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.“

 

Zur möglichen Angleichung an die deutsche Rechtslage siehe auch Walter, Der Bundesrat zwischen Bewährung und Neugestaltung, in Schäffer/Stolzlechner (Hrsg.), Reformbestrebungen im Österreichischen Bundesstaatssystem (1993) 41 ff – Dokument 1.1.2./D.

In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft finden sich die Regelungen über den Ständerat (entspricht dem Bundesrat) in Art. 150.

Art. 150. Zusammensetzung und Wahl des Ständerates (1) Der Ständerat besteht aus 46 Abgeordneten der Kantone.

(2) Die Kantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden wählen je eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten; die übrigen Kantone wählen je zwei Abgeordnete.

(3) Die Wahl in den Ständerat wird vom Kanton geregelt.“

 

1.1.2.2. Aufgaben:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen über die Aufgaben des Bundesrates, im Besonderen in der Bundesgesetzgebung?

Reformvorschläge: Hinsichtlich der Zuständigkeiten und Befugnisse des Bundesrates wurden insbesondere die folgenden Forderungen erhoben:

·        Frühere Einbindung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren. (siehe dazu den Gesetzesantrag des Bundesrates 58 BlgNR 22. GP; danach sollen Gesetzesvorschläge gleichzeitig an die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates übermittelt werden, der zuständige Ausschuss des Bundesrates kann dem Ausschuss des Nationalrates eine Stellungnahme übermitteln.

·        Möglichkeit der Teilnahme von Mitgliedern des Bundesrates an den Ausschusssitzungen des Nationalrates.

·        Ausweitung des Zustimmungsrechtes des Bundesrates (Art. 44 Abs. 2 B‑VG) – allenfalls Einsetzung eines Vermittlungsausschusses.

·        Stärkung des Einspruchsrechts (wenn der Bundesrat mit einem erhöhten Quorum Einspruch erhebt, erfordert auch der Beharrungsbeschluss im Nationalrat ein entsprechend erhöhtes Quorum).

·        Erweiterung der Befugnisse des Bundesrates bei der Bestellung oberster Organe (etwa hinsichtlich Rechnungshof, Volksanwälte).

Rechtsvergleich: In Deutschland ist in Art. 76 Abs. 2 des Grundgesetzes vorgesehen, dass Vorlagen der Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zuzuleiten sind, der innerhalb von sechs Wochen Stellung nehmen kann. In Art. 77 GG ist die Einsetzung eines Vermittlungsausschusses sowie die Möglichkeit des Einspruchs durch den Bundesrat und des Beharrungsbeschlusses durch den Bundestag normiert.

Art. 76. (1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.

(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.

(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.

Art. 77. (1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.

(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen wird. Die Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen. Schlägt der Ausschuß eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut Beschluß zu fassen.

(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen.

(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit dem Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, daß das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.

(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.

Art. 78. Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.“

 

In der Schweiz ist gemäß Art. 156 Abs. 2 der Bundesverfassung für einen Beschluss der – für die Gesetzgebung zuständigen – Bundesversammlung die Übereinstimmung beider Räte (Nationalrat und Ständerat) erforderlich.

Art. 156. Getrennte Verhandlung (1) Nationalrat und Ständerat verhandeln getrennt.

(2) Für Beschlüsse der Bundesversammlung ist die Übereinstimmung beider Räte erforderlich.“

 

 

1.1.3. Weg der Bundesgesetzgebung:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen über den Weg der Bundesgesetzgebung?

Rechtslage: Der Weg der Bundesgesetzgebung ist in den Art. 41 bis 49b B‑VG geregelt. (Anlage ./A)

Reformvorschläge: Vorschläge im Zusammenhang mit dem Weg der Bundesgesetzgebung betreffen insbesondere eine ausdrückliche Regelung des Begutachtungsverfahrens, etwa der einzubeziehenden Institutionen oder der einzuhaltenden Fristen. (Siehe etwa Reiger, Die Bundesgesetzgebung und die Interessenvertretungen, in Schambeck (Hrsg.), Österreichs Parlamentarismus [1986] 583 ff)

Daneben bestehen noch Vorschläge im Zusammenhang mit der Rolle des Bundesrates im Gesetzgebungsprozess (siehe schon Punkt 2.2.)

[Fragen im Zusammenhang mit der direkten Demokratie werden im Ausschuss 8 behandelt.]

 

1.1.4. Mitwirkung an der Vollziehung:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen über die Mitwirkung des Nationalrates an der Vollziehung?

Rechtslage: Die Mitwirkung des Nationalrates an der Vollziehung ist – soweit sie im Ausschuss 3 behandelt werden soll (Fragen im Zusammenhang mit dem Bundesfinanzgesetz sollten der Behandlung im Ausschuss 10 vorbehalten bleiben) – in den Art. 50 (Genehmigung von Staatverträgen) und 55 B‑VG (Einrichtung des Hauptausschusses bzw. des ständigen Unterausschusses des Nationalrates) normiert. (Anlage ./A)

Reformvorschläge: Konkrete Änderungsvorschläge zu diesen Punkten liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Auch in den Stellungnahmen der Ausschussmitglieder wurde dieser Themenbereich nicht ausdrücklich angesprochen.

 

1.2. Exekutive

1.2.1. Bundespräsident:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich des Organes als solchem?

Rechtslage: Der Bundespräsident ist in den Art. 60 bis 68 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)

Aufgeworfene Fragen im Zusammenhang mit dem Bundespräsidenten beziehen sich zum einen auf seine Bestellung (Wahl) sowie zum anderen auf die von ihm wahrgenommenen Aufgaben.

1.2.1.1. Wahl/Organisation:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen der Bestellung des Organes?

Rechtslage: Gemäß Art. 60 Abs. 1 B‑VG wird der Bundespräsident unmittelbar von der Gesamtheit der Staatsbürger gewählt. Diese Rechtslage wurde durch die B‑VG-Novelle 1929, BGBl. Nr. 392, geschaffen. Ziel dieser Novelle war eine Stärkung des Bundespräsidenten gegenüber dem Nationalrat (RV 382 BlgNR 3. GP, AB 405 BlgNR, 3. GP – elektronisch verfügbar). Vor dieser Novellierung wurde der Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung gewählt (Art. 60 Abs. 1 B‑VG idF BGBl. Nr. 1/1920 – elektronisch verfügbar).

Rechtsvergleich: In Deutschland wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt (Art. 54 Abs. 1 GG).

Art. 54. (1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.

(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig.

(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden.

(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger Beendigung spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen. Sie wird von dem Präsidenten des Bundestages einberufen.

(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.

(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.

(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

 

In der Schweiz wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern des Bundesrates (entspricht der Bundesregierung in Österreich) auf die Dauer eines Jahres gewählt (Art. 176 Abs. 2 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft).

Art. 176. Vorsitz (1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident führt den Vorsitz im Bundesrat.

(2) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Bundesrates werden von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern des Bundesrates auf die Dauer eines Jahres gewählt.

(3) Die Wiederwahl für das folgende Jahr ist ausgeschlossen. Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann nicht zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten des folgenden Jahres gewählt werden.“

 

Reformvorschläge: Zu den bestehenden Reformvorschlägen siehe insbesondere Welan, Reform der Bundespräsidentschaft? JRP 1998, 19 (Dokument 1.2.1./A), wobei die Reformvorschläge im wesentlichen auf eine Rückkehr zum System der Wahl durch die Bundesversammlung abzielen.

 

1.2.1.2. Aufgaben:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen der Aufgaben des Bundespräsidenten?

Rechtslage: Die Aufgaben des Bundespräsidenten sind im wesentlichen in der Bundesverfassung selbst geregelt (siehe dazu die von der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei zusammengestellte Auflistung – Dokument 1.2.1./B).

Reformvorschläge: Zu den Reformvorschlägen im Zusammenhang mit den Kompetenzen des Bundespräsidenten siehe ebenfalls Welan (Dokument 1.2.1./A). Genannt wurde etwa die Abschaffung der Befugnis des Bundespräsidenten, die Bundesregierung zu ernennen oder abzuberufen sowie von Befugnissen in bezug auf den Nationalrat und die Landtage (siehe dazu auch Punkt 6.1.). Wiederholt angesprochen wurden auch Fragen im Zusammenhang mit der Vertretung des Bundespräsidenten im Fall seiner Verhinderung sowie mit der Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens von Bundesgesetzen gemäß Art. 47 Abs. 1 B‑VG.

 

1.2.2. Bundesregierung:

Rechtslage: Die Bundesregierung ist in den Art. 69 bis 78 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)

1.2.2.1. Bestellung:

Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach Änderung der Regelung der Organisation der Bundesregierung, im Besonderen der Bestellung ihrer Mitglieder?

Rechtslage: Gemäß § 70 Abs. 1 werden der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung vom Bundespräsidenten ernannt. Auch diese Rechtslage wurde durch die B‑VG-Novelle 1929, BGBl. Nr. 392, geschaffen (siehe wiederum RV 382 BlgNR 3. GP, AB 405 BlgNR, 3. GP). Vor dieser Novelle ist die Bundesregierung – gemäß Art. 70 Abs. 1 B‑VG idF BGBl. Nr. 1/1920 – vom Nationalrat auf einen vom Hauptausschuss zu erstattenden Gesamtvorschlag gewählt worden.

Rechtsvergleich: In Deutschland wird der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt. (Gemäß Art. 67 GG kann der Bundestag dem Bundeskanzler das Misstrauen aussprechen.). Die Bundesminister hingegen werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen (Art. 63 und 64 GG).

Art. 63. (1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.

(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.

(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.

(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.

Art. 64. (1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.

(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.

...

Art. 67. (1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muß dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.

(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig Stunden liegen.

Art. 68. (1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.

(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen.“

 

In der Schweiz werden die Mitglieder des Bundesrates (entspricht der Bundesregierung) von der Bundesversammlung gewählt. (Art. 175 Abs. 2 der Bundesverfassung).

Art. 175. Zusammensetzung und Wahl (1) Der Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern.

(2) Die Mitglieder des Bundesrates werden von der Bundesversammlung nach jeder Gesamterneuerung des Nationalrates gewählt.

(3) Sie werden aus allen Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürgern, welche als Mitglieder des Nationalrates wählbar sind, auf die Dauer von vier Jahren gewählt.

(4) Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.“

 

Reformvorschläge: Vorschläge zielen insbesondere darauf ab, zum System der Wahl durch den Nationalrat (wie vor der B‑VG-Novelle 1929) zurückzukehren (siehe dazu auch WelanDokument 1.2.1./A).

 

1.2.2.2. Willensbildung – Geschäftsordnung – Verantwortung:

Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen der Willensbildung (Geschäftsordnung) der Bundesregierung?

Besteht ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere der einstweiligen Bundesregierung?

Rechtslage: Gemäß Art. 69 Abs. 3 B‑VG ist die Bundesregierung beschlussfähig, wenn die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Bundesverfassung enthält keine Regelungen über das Konsensquorum. Herrschende Lehre und Judikatur nehmen dazu an, dass ein Beschluss der Bundesregierung nur mit Stimmeneinhelligkeit der anwesenden Mitglieder erfolgen kann (siehe Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 [2000] Rz. 676).

Die Bundesverfassung enthält auch keine Regelungen über eine allfällige Geschäftsordnung der Bundesregierung.

Die Verantwortlichkeit der Bundesregierung ist in den Art. 74 bis 76 geregelt.

[Die Frage der Verantwortlichkeit wird voraussichtlich auch Gegenstand der Beratungen im Ausschuss 8 sein.]

Rechtsvergleich: In Deutschland ist vorgesehen, dass sich die Bundesregierung eine vom Bundespräsidenten zu genehmigende Geschäftsordnung gibt (Art. 65 letzter Satz GG).

Art. 65. Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.“