Basisinformation
1
zu
den Themen Legislative und Exekutive des Bundes
1.
Bund
1.1.
Legislative
1.1.1.
Nationalrat
1.1.1.1.
Zahl der Mitglieder
Fragestellung: Soll die Zahl der Mitglieder
des Nationalrates im B‑VG geregelt werden (welche Argumente sprechen dafür,
welche dagegen)?
Soll die
Zahl der Mitglieder des Nationalrates reduziert werden (welche Argumente
sprechen dafür, welche dagegen)?
Rechtslage: Die Zahl der Abgeordneten zum
Nationalrat ist nicht auf verfassungsrechtlicher, sondern nur auf
einfachgesetzlicher Ebene normiert, und zwar in § 1 Abs. 1 der
Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO), BGBl. Nr. 471, zuletzt idF
BGBl. I Nr. 54/2003.
„§ 1. (1) Der Nationalrat besteht aus
183 Mitgliedern, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewählt
werden.“
Rechtsvergleich: Die Regelung der Anzahl der
Mitglieder zur gesetzgebenden Körperschaft stellt sich in den anderen
Mitgliedstaaten der EU (bzw. in der Schweiz) wie folgt dar:
In
Belgien, Finnland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und der
Schweiz ist die Anzahl der Mitglieder auf verfassungsrechtlicher Ebene festgelegt.
In Dänemark, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien (sowie im Entwurf eines
Vertrages über eine Verfassung für Europa) finden sich dahingehende
verfassungsrechtliche Vorgaben, dass entweder eine Mindest- und Höchstzahl
normiert wird oder es wird festgelegt, auf wie viele Einwohner ein Abgeordneter
kommt. In Deutschland und in Frankreich finden sich hinsichtlich der Zahl der
Abgeordneten – wie in Österreich –auf verfassungsrechtlicher Ebene keine
Vorgaben.
Zu den
konkreten Abgeordnetenzahlen siehe die Zusammenstellung des wissenschaftlichen
Dienstes des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.1./A. Dieser
Auflistung, die auch die Zahl der Einwohner bzw. der Wahlberechtigten
beinhaltet, lässt sich auch entnehmen, wie viele Abgeordnete in den Staaten, die
einwohnermäßig mit Österreich vergleichbar sind, gewählt werden.
Reformvorschläge: Vorschläge, die Anzahl der
Mitglieder nicht auf einfachgesetzlicher, sondern auf verfassungsrechtlicher
Ebene zu normieren, wurden – soweit ersichtlich – bislang noch nicht erstattet.
Die
Festlegung auf 183 Abgeordnete erfolgte durch die Nationalrats-Wahlordnung
1970, BGBl. Nr. 391. Davor hatte der Nationalrat seit der
Nationalrats-Wahlordnung 1923, BGBl. Nr. 367, stets 165 Mitglieder gehabt.
Als Begründung für die Erhöhung wurde angeführt, dass auch zu Beginn der ersten
Republik gemäß der Wahlordnung für die Nationalversammlung vom 20. Juni
1920, StGBl. Nr. 316 (nach der Eingliederung des Burgenlandes) die
Nationalversammlung aus 183 Abgeordneten bestehen sollte. Hinzu komme, dass die
Zahl der Wahlberechtigten seit 1920 um über eine Million gestiegen sei. (Siehe
dazu den AB 238 BlgNR 12. GP sowie den IA 95/A BlgNR 10. GP, mit dem
bereits im Jahr 1964 eine Erhöhung der Anzahl der Abgeordneten auf 180
gefordert worden war – beide elektronisch verfügbar.)
Vorschläge
zur Abänderung der derzeitigen Anzahl der Nationalratsabgeordneten gab es
insbesondere nach dem Beitritt zur Europäischen Union, und zwar im Hinblick auf
eine Reduzierung der Anzahl der Abgeordneten. (Siehe etwa Schilcher,
Österreichs dorniger Weg zur politischen Normalität, in Payrleitner (Hrsg.),
Aufbruch aus der Erstarrung (1999) 68 ff; Univ.Prof. Dr. Rack in
der Generaldebatte)
1.1.1.2.
Wahlen:
Eine
aktuelle Zusammenfassung der Entwicklung des Wahlrechts in der Zweiten Republik
findet sich bei Poier, Minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht
(2001) S. 176 ff –Dokument 1.1.1.2./A.
Weitere
Zusammenstellungen finden sich bei Fischer, Zur Entwicklung des
Österreichischen Wahlrechts, in Machacek ua (Hrsg.), FS Rosenzweig
(1988) 107; Neisser, Die Wahlrechtsentwicklung im geschichtlichen
Ablauf, in Neisser/Handstanger/Schick, Bundeswahlrecht2
(1994) 23 ff; Ucakar, Demokratie und Wahlrecht in Österreich (1985)
457 ff.
1.1.1.2.1.
Wahlsystem:
Fragestellung: Sollen einzelne
Wahlrechtsgrundsätze geändert werden, im Besonderen der der Verhältnismäßigkeit
(welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen)?
Rechtslage: Die grundlegenden
Bestimmungen finden sich in Art. 26 Abs. 1 und 2 B‑VG (bzw.
hinsichtlich der Landtags- und Gemeinderatswahlen in den Art. 95 und 117 B‑VG).
(Anlage ./A)
Die
näheren einfachgesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Nationalratswahl
finden sich in den §§ 2 bis 5 sowie 92 bis 113 NRWO.
Die
Nationalratsabgeordneten werden seit Beginn der Ersten Republik nach einem
Verhältniswahlsystem gewählt. Die konkrete Ausgestaltung des gegenwärtigen
Verhältniswahlsystems erfolgte im wesentlichen durch die Wahlrechtsnovellen
1970 (BGBl. Nr. 391, siehe dazu den AB 238 BlgNR 12. GP –
elektronisch verfügbar) bzw. 1992 (BGBl. Nr. 471; siehe dazu die RV 180
BlgNR 18. GP sowie AB 601 BlgNR 18. GP – elektronisch verfügbar).
Rechtsvergleich: Auch in den meisten
Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird nach einem Verhältniswahlsystem
gewählt (siehe wiederum die Zusammenstellung des wissenschaftlichen Dienstes
des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.1./A).
Art. 19
Abs. 2 des Entwurfes eines Vertrages über eine Verfassung für Europa
bestimmt hinsichtlich der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments
folgendes:
Art. 19 (1) ...
(2) Das Europäische Parlament wird von den
europäischen Bürgerinnen und Bürgern für eine Amtszeit von fünf Jahren in
allgemeinen, freien und geheimen Wahlen direkt gewählt. Die Anzahl seiner
Mitglieder darf 736 nicht überschreiten. Die europäischen Bürgerinnen und
Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch
mit vier Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten.
...“
Reformvorschläge: Vorschläge zur Einführung
eines Mehrheitswahlsystems gab es Anfang der 70er Jahre (siehe insbesondere Neisser/Diem,
Zeit zur Reform [1969] 54 ff; Neisser/Pelinka [Hrsg.], Für ein
mehrheitsförderndes Wahlrecht in Österreich [1971]). Ein alternativer
Wahlrechtsvorschlag sah – in Anlehnung an das bundesdeutsche Wahlrecht – ein
Einerwahlrecht mit Proporzausgleich vor (siehe dazu Broda/Gratz, Für ein
besseres Parlament – für eine funktionierende Demokratie [1970] 24 ff).
Ende der 90er Jahre kam es erneut zu Diskussionen um Änderungen im Wahlsystem.
(siehe die Wahlrechtsvorschläge bei Poier, Aktuelle
Wahlrechtsvorschläge, Österreichisches Jahrbuch für Politik 1999, 255
[273 ff] – Dokument 1.1.1.2.1./A; Keller, Ein neues
Wahlrecht zur Belebung unserer Demokratie, in Payrleitner (Hrsg.),
Aufbruch aus der Erstarrung (1999) 36 ff – Dokument 1.1.1.2.1./B).
Die
Wahlrechtsvorschläge befassen sich zumeist auch mit einer möglichen stärkeren
Personalisierung des Wahlrechts.
Weiters
wird verschiedentlich gefordert, die Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise
nicht auf Grund der Zahl der Staatsbürger vorzunehmen, sondern auf Grund der
Zahl der Wahlberechtigten (siehe dazu Art. 26 Abs. 2 zweiter Satz B‑VG
– Anlage ./A).
1.1.1.2.2.
Kreis der Wahlberechtigten:
Fragestellung: Sollen die Regelungen über
den Kreis der (aktiv/passiv) Wahlberechtigten geändert werden (welche Argumente
sprechen dafür, welche dagegen – im Besonderen hinsichtlich
EU-Staatsangehöriger, sonstiger Ausländer bzw. einer Senkung der
Altersgrenzen)?
Wahlalter:
Rechtslage: Gemäß Art. 26
Abs. 1 B‑VG in der Fassung des AB 163 BlgNR 22. GP (In-Kraft-Treten
1.1.2004) sind alle Männer und Frauen, die spätestens mit Ablauf des Tages der
Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, zur Wahl des Nationalrates
wahlberechtigt.
Rechtsvergleich: International gesehen liegt
das aktive Wahlalter zumeist bei 18 Jahren (dies ist etwa in allen
Mitgliedstaaten der EU der Fall). Ebenso knüpft das passive Wahlrecht in den
meisten Mitgliedstaaten an die Vollendung des 18. Lebensjahres an. Lediglich in
Griechenland (25 Jahre), in Italien (25 Jahre), in Irland (21 Jahre), in
Luxemburg (21 Jahre) und im Vereinigten Königreich (21 Jahre) ist für das
passive Wahlrecht ein höheres Alter gefordert. (siehe die Zusammenstellung des
Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A, sowie die
Zusammenstellung des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages – Dokument 1.1.1.2.2./B)
Reformvorschläge: Vorschläge im Zusammenhang
mit dem Wahlalter zielen insbesondere auf eine Absenkung des aktiven Wahlalters
auf das vollendete 16. Lebensjahr ab. (siehe dazu IA 96/A BlgNR
22. GP, IA 118/A BlgNR 21. GP).
Der
Landesgesetzgebung steht es frei, ein niedrigeres Wahlalter zu normieren, was
vereinzelt auch schon geschehen ist. So ist gemäß § 16 Bgld.
Gemeindewahlordnung 1992, LGBl. Nr. 54 idF LGBl. Nr. 64/2002)
wahlberechtigt, wer am Stichtag das 16. Lebensjahr vollendet hat.
Ausländerwahlrecht:
Rechtslage: Personen ohne österreichische
Staatsbürgerschaft sind derzeit nur auf kommunaler Ebene wahlberechtigt, wenn
es sich um Staatbürger anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union handelt
(siehe dazu Art. 117 Abs. 2 B‑VG; gemeinschaftsrechtliche Grundlage
dafür ist Art. 19 EGV bzw. die Richtlinie des Rates 94/80/EG).
„Artikel 19. (1) Jeder Unionsbürger mit
Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt,
hat in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive
Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie
für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird
vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag
der Kommission und nach Anhörung des Europaeischen Parlaments festgelegt
werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies
aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.
(2) Unbeschadet des Artikels 190 Absatz 4 und
der Bestimmungen zu dessen Durchführung besitzt jeder Unionsbürger mit Wohnsitz
in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem
Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht
bei den Wahlen zum Europaeischen Parlament, wobei für ihn dieselben Bedingungen
gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird
vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag
der Kommission und nach Anhörung des Europaeischen Parlaments festgelegt
werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies
aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.“
Rechtsvergleich: Zur Rechtslage in Europa:
siehe die Zusammenstellung des Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A.
Reformvorschläge: Vorschläge zur Ausweitung des
Wahlrechts auf andere Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft zielen
darauf ab, auf kommunaler Ebene auch Staatsangehörigen von
Nicht-Mitgliedstaaten der EU das Wahlrecht einzuräumen (IA 112/A BlgNR
22. GP)
1.1.1.2.3
Ausgestaltung des Wahlrechts:
Fragestellung: Sollen die bundesverfassungsrechtlichen
Regelungen betreffend die Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde geändert werden
(welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen – im Besonderen betreffend
Briefwahl sowie e-voting)?
Rechtslage: Nach der geltenden Rechtslage
(Art. 26 Abs. 6 B‑VG) ist die Stimmabgabe auch im Ausland möglich
(diese muss nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen). (Anlage ./A)
Die
näheren Vorschriften über die Stimmabgabe durch Wahlberechtigte im Ausland
enthält § 60 NRWO.
„§ 60. (1) Wähler, die sich
voraussichtlich am Wahltag im Ausland aufhalten werden, können dort ihr
Wahlrecht, wenn sie im Besitz einer Wahlkarte sind, in der Form ausüben, daß
sie die Wahlkarte unter Beachtung der Bestimmungen der Abs. 2 bis 6 rechtzeitig
an die zuständige Landeswahlbehörde, deren Anschrift auf der Wahlkarte
angegeben ist, übermitteln.
(2) Für den Fall, daß der Wähler von der im
Abs. 1 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, bedarf es auf der Wahlkarte der
Bestätigung durch eine einem österreichischen Notar vergleichbare Person
beziehungsweise nach dem Recht des Aufenthaltsstaates zur amtlichen
Beglaubigung berechtigte Einrichtung oder durch den Leiter einer
österreichischen Vertretungsbehörde, allenfalls eines von ihm hierzu bestimmten
Beamten. Aus der Bestätigung haben die Identität des Wählers sowie der Ort und
der Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) hervorzugehen, in welchem er das Wahlkuvert
verschlossen in die Wahlkarte zurückgelegt hat. Die Bestätigung muß vor
Schließung des letzten Wahllokals in Österreich ausgestellt worden sein.
(3) Handelt es sich um wahlberechtigte
Mitglieder einer auf Ersuchen einer internationalen Organisation um
Hilfeleistung in das Ausland entsendeten Einheit, so ist diese Bestätigung vom
Vorgesetzten der Einheit oder einem von diesem hierzu bestimmten Mitglied der
Einheit auszustellen.
(4) Weiters kann die Bestätigung durch einen
volljährigen Zeugen mit österreichischer Staatsbürgerschaft erfolgen, der über
einen gültigen österreichischen Reisepaß verfügt, dessen Ausstellungsdaten bei
sonstiger Nichtigkeit der Stimmabgabe auf der Wahlkarte einzutragen sind.
(5) Jene Arten der Ausübung des Wahlrechts, die
der betreffende Staat nicht zuläßt, haben zu unterbleiben.
(6) Die Wahlkarte samt dem darin enthaltenen
ungeöffneten Wahlkuvert muß bis spätestens am achten Tag nach dem Wahltag, 12
Uhr, bei der zuständigen Landeswahlbehörde einlangen. Verspätet einlangende
Wahlkuverts sind bei der Ermittlung des Wahlergebnisses nicht zu
berücksichtigen.“
Rechtsvergleich: In den anderen
Mitgliedstaaten der EU stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Grundsätzlich
vorgesehen ist die Briefwahl in Dänemark, in Deutschland, in Irland, in
Luxemburg, in den Niederlanden, in Schweden, in Spanien und im Vereinigten
Königreich, wobei im einzelnen unterschiedliche Regelungen betreffend die von
der Regelung erfassten Personen, die Antragstellung, die einzuhaltenden
Formalerfordernisse sowie die zu wahrenden Fristen bestehen. In Belgien und in
Frankreich ist zwar nicht die Möglichkeit der Briefwahl, dafür aber die
Möglichkeit der Stimmabgabe durch Vollmacht vorgesehen. Dabei kann unter
bestimmten Voraussetzungen ein anderer Wahlberechtigter zur Abgabe der Stimme
für den Vollmachtgeber bevollmächtigt werden. In Griechenland ist das
Instrument der Briefwahl prinzipiell bekannt, es bestehen aber keine
gesetzlichen Durchführungsregelungen. In Finnland besteht die Möglichkeit der
Stimmabgabe im Voraus. Im Ausland hat eine derartige Stimmabgabe aber bei den
Vertretungsbehörden zu erfolgen. In Italien und Portugal ist die Möglichkeit einer
Briefwahl nicht vorgesehen. (Siehe dazu auch die Zusammenstellung des
Völkerrechtsbüros im BMaA – Dokument 1.1.1.2.2./A)
Reformvorschläge: Vorschläge zur Einführung
einer echten Briefwahl – bei der keine Bestätigung durch einen Dritten
erforderlich ist – gab es immer wieder (siehe zuletzt etwa IA 457/A BlgNR
21. GP, IA 98/A BlgNR 21. GP, Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss und
Genossen 5 BlgNR 21. GP; weiters Glantschnig, Briefwahl – eine
demokratische Notwendigkeit, in ÖGZ 8/2003, 24 – Dokument 1.1.1.2.3./A;
Dujmovits, Auslandsösterreicherwahlrecht und Briefwahl [2000] 85 ff).
Zu
beachten ist in diesem Zusammenhang auch die Judikatur des VfGH. Danach steht
die Briefwahl im Widerspruch zu den Grundsätzen der geheimen sowie persönlichen
Wahl (siehe VfSlg. 10.412/1985 – elektronisch verfügbar). Anderseits steht die
Beschränkung des Wahlrechts auf Staatsbürger mit ordentlichem Wohnsitz im
Inland in Widerspruch zu Art. 26 Abs. 1 B‑VG (VfSlg. 12.023/1989 –
elektronisch verfügbar).
Von den
Ländern wurde darüber hinaus die Forderung erhoben, auf
bundesverfassungsrechtlicher Ebene die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass
bei Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene die Möglichkeit der Stimmabgabe im
gesamten Bundesgebiet vorgesehen werden kann (siehe zuletzt den Beschluss der
Landeshauptmännerkonferenz vom 30. April 2003 sowie den Beschluss der
Landtagspräsidentenkonferenz vom 21. Oktober 2002 – Dokument 1.1.1.2.3./B).
Mitunter
wird auch die Ermöglichung zukünftiger Formen des Wählens (e-voting) gefordert.
(Siehe dazu auch die von Bundesrat Prof. Hösele zur Verfügung gestellte
Zusammenstellung des BMaA – Dokument 1.1.1.2.3./C.)
1.1.1.3. Organisation des Nationalrates:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Organisation des Nationalrates?
Rechtslage: Die Regelungen hinsichtlich
der Organisation des Nationalrates finden sich in den Art. 27 bis 33 B‑VG.
(Anlage ./A)
1.1.2.
Bundesrat:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich des „Zwei-Kammern“-Systems der Bundesgesetzgebung als solchem?
Rechtslage: Nach Art. 24 B‑VG wird
die Gesetzgebung des Bundes vom Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat
ausgeübt. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Bestellung der
Mitglieder und der Organisation des Bundesrates finden sich in den Art. 34
bis 37 B‑VG. Die Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung ist in den
Art. 42 und 44 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)
Reformvorschläge: Allgemein zu
Änderungsvorschlägen im Zusammenhang mit dem Bundesrat: Arbeitspapier des
Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zur Reform des Bundesrates – Dokument 1.1.2./A.
Zu den Positionen der Parlamentsparteien (Stand 1995) siehe Strutzenberger/Pointner,
Zur Reformdiskussion des Bundesrates, in Österreichische Parlamentarische
Gesellschaft (Hrsg.), 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 687 – Dokument 1.1.2./B.
Weiters siehe Zögernitz, Reformen der Geschäftsordnung des Bundesrates,
in Schambeck (Hrsg.), Bundesstaat und Bundesrat (1997) 429 – Dokument
1.1.2./C.
1.1.2.1.
Bestellung/Organisation
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen über die Organisation des Bundesrates, insbesondere
betreffend Bestellung (Wahl) der Mitglieder, Zusammensetzung, Willensbildung
udgl.?
Rechtslage: Gemäß Art. 35
Abs. 1 B‑VG werden die Mitglieder des Bundesrates von den Landtagen für
die Dauer ihrer Gesetzgebungsperiode nach dem Grundsatz der Verhältniswahl
gewählt.
Reformvorschläge: Als Alternativen dazu wurden
insbesondere folgende Formen der Bestellung vorgeschlagen:
·
Unmittelbare
Wahl durch das Landesvolk
·
Entsendung
von Vertretern der Landesregierung, des Landeshauptmannes bzw. von Mitgliedern
des Landtages
Um eine
stärkere Vertretung von Länderinteressen im Bundesrat zu erreichen, wurden folgende
Vorschläge vorgebracht:
·
Bindung
der Mitglieder an ein imperatives Mandat (der entsendenden Stelle)
·
Die
Vertreter eines Landes können nur länderweise einheitlich abstimmen.
·
Die
Länder sollen paritätisch oder zumindest weniger stark differenzierend im
Bundesrat vertreten sein.
Daneben
gab es auch Vorschläge zur Einbeziehung von Gemeindevertretern oder zur
Umgestaltung des Bundesrates zu einem Verbänderat.
Rechtsvergleich: Gemäß Art. 51 des Bonner
Grundgesetzes besteht der deutsche Bundesrat aus Mitgliedern der Regierungen
der Länder. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich abgegeben werden.
Die einzelnen Länder haben zwischen drei und sechs Stimmen.
„Art. 51. (1) Der Bundesrat besteht aus
Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie
können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen,
Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als
sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen
Einwohnern sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder
entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich
und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.“
Zur
möglichen Angleichung an die deutsche Rechtslage siehe auch Walter, Der
Bundesrat zwischen Bewährung und Neugestaltung, in Schäffer/Stolzlechner
(Hrsg.), Reformbestrebungen im Österreichischen Bundesstaatssystem (1993) 41 ff
– Dokument 1.1.2./D.
In der
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft finden sich die
Regelungen über den Ständerat (entspricht dem Bundesrat) in Art. 150.
„Art. 150. Zusammensetzung und Wahl des
Ständerates (1) Der Ständerat besteht aus 46 Abgeordneten der Kantone.
(2) Die Kantone Obwalden, Nidwalden,
Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden
wählen je eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten; die übrigen Kantone wählen
je zwei Abgeordnete.
(3) Die Wahl in den Ständerat wird vom Kanton
geregelt.“
1.1.2.2.
Aufgaben:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen über die Aufgaben des Bundesrates, im Besonderen in
der Bundesgesetzgebung?
Reformvorschläge: Hinsichtlich der Zuständigkeiten
und Befugnisse des Bundesrates wurden insbesondere die folgenden Forderungen
erhoben:
·
Frühere
Einbindung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren. (siehe dazu den
Gesetzesantrag des Bundesrates 58 BlgNR 22. GP; danach sollen
Gesetzesvorschläge gleichzeitig an die Mitglieder des Nationalrates und des
Bundesrates übermittelt werden, der zuständige Ausschuss des Bundesrates kann
dem Ausschuss des Nationalrates eine Stellungnahme übermitteln.
·
Möglichkeit
der Teilnahme von Mitgliedern des Bundesrates an den Ausschusssitzungen des
Nationalrates.
·
Ausweitung
des Zustimmungsrechtes des Bundesrates (Art. 44 Abs. 2 B‑VG) –
allenfalls Einsetzung eines Vermittlungsausschusses.
·
Stärkung
des Einspruchsrechts (wenn der Bundesrat mit einem erhöhten Quorum Einspruch
erhebt, erfordert auch der Beharrungsbeschluss im Nationalrat ein entsprechend
erhöhtes Quorum).
·
Erweiterung
der Befugnisse des Bundesrates bei der Bestellung oberster Organe (etwa
hinsichtlich Rechnungshof, Volksanwälte).
Rechtsvergleich: In Deutschland ist in
Art. 76 Abs. 2 des Grundgesetzes vorgesehen, dass Vorlagen der
Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zuzuleiten sind, der innerhalb von sechs
Wochen Stellung nehmen kann. In Art. 77 GG ist die Einsetzung eines
Vermittlungsausschusses sowie die Möglichkeit des Einspruchs durch den
Bundesrat und des Beharrungsbeschlusses durch den Bundestag normiert.
„Art. 76. (1) Gesetzesvorlagen werden
beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder
durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der
Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist
berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen.
Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang
einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die
Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat
ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder,
wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen
dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht
bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich
nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses
Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder
Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine
Anwendung.
(3) Vorlagen des
Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs
Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus
wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine
Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine
Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die
Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3
geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und
zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die
Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die
Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.
Art. 77. (1) Die
Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme
durch den Präsidenten des Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.
(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen
nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, daß ein aus Mitgliedern des
Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen
gebildeter Ausschuß einberufen wird. Die Zusammensetzung und das Verfahren
dieses Ausschusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen
wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß
entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. Ist zu
einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch der
Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen. Schlägt der
Ausschuß eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut
Beschluß zu fassen.
(2a) Soweit zu einem
Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn
ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das
Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses
beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen.
(3) Soweit zu einem
Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann der
Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom
Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Die
Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit dem Eingange
der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, daß
das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der
Stimmen des Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluß der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den
Einspruch mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen
beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Mehrheit von
zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Art. 78. Ein vom
Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat zustimmt,
den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des
Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der
Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.“
In der
Schweiz ist gemäß Art. 156 Abs. 2 der Bundesverfassung für einen
Beschluss der – für die Gesetzgebung zuständigen – Bundesversammlung die
Übereinstimmung beider Räte (Nationalrat und Ständerat) erforderlich.
„Art. 156. Getrennte Verhandlung (1)
Nationalrat und Ständerat verhandeln getrennt.
(2) Für Beschlüsse der Bundesversammlung ist
die Übereinstimmung beider Räte erforderlich.“
1.1.3.
Weg der Bundesgesetzgebung:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen über den Weg der Bundesgesetzgebung?
Rechtslage: Der Weg der
Bundesgesetzgebung ist in den Art. 41 bis 49b B‑VG geregelt. (Anlage ./A)
Reformvorschläge: Vorschläge im Zusammenhang
mit dem Weg der Bundesgesetzgebung betreffen insbesondere eine ausdrückliche
Regelung des Begutachtungsverfahrens, etwa der einzubeziehenden Institutionen
oder der einzuhaltenden Fristen. (Siehe etwa Reiger, Die
Bundesgesetzgebung und die Interessenvertretungen, in Schambeck (Hrsg.),
Österreichs Parlamentarismus [1986] 583 ff)
Daneben
bestehen noch Vorschläge im Zusammenhang mit der Rolle des Bundesrates im
Gesetzgebungsprozess (siehe schon Punkt 2.2.)
[Fragen
im Zusammenhang mit der direkten Demokratie werden im Ausschuss 8
behandelt.]
1.1.4.
Mitwirkung an der Vollziehung:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen über die Mitwirkung des Nationalrates an der
Vollziehung?
Rechtslage: Die Mitwirkung des
Nationalrates an der Vollziehung ist – soweit sie im Ausschuss 3 behandelt
werden soll (Fragen im Zusammenhang mit dem Bundesfinanzgesetz sollten der
Behandlung im Ausschuss 10 vorbehalten bleiben) – in den Art. 50
(Genehmigung von Staatverträgen) und 55 B‑VG (Einrichtung des Hauptausschusses
bzw. des ständigen Unterausschusses des Nationalrates) normiert. (Anlage ./A)
Reformvorschläge: Konkrete Änderungsvorschläge
zu diesen Punkten liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Auch in den
Stellungnahmen der Ausschussmitglieder wurde dieser Themenbereich nicht
ausdrücklich angesprochen.
1.2.
Exekutive
1.2.1.
Bundespräsident:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich des Organes als solchem?
Rechtslage: Der Bundespräsident ist in den
Art. 60 bis 68 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)
Aufgeworfene
Fragen im Zusammenhang mit dem Bundespräsidenten beziehen sich zum einen auf
seine Bestellung (Wahl) sowie zum anderen auf die von ihm wahrgenommenen
Aufgaben.
1.2.1.1.
Wahl/Organisation:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen der Bestellung des Organes?
Rechtslage: Gemäß Art. 60
Abs. 1 B‑VG wird der Bundespräsident unmittelbar von der Gesamtheit der
Staatsbürger gewählt. Diese Rechtslage wurde durch die B‑VG-Novelle 1929, BGBl.
Nr. 392, geschaffen. Ziel dieser Novelle war eine Stärkung des
Bundespräsidenten gegenüber dem Nationalrat (RV 382 BlgNR 3. GP, AB 405
BlgNR, 3. GP – elektronisch verfügbar). Vor dieser Novellierung wurde der
Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung gewählt (Art. 60 Abs. 1
B‑VG idF BGBl. Nr. 1/1920 – elektronisch verfügbar).
Rechtsvergleich: In Deutschland wird der
Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt (Art. 54 Abs. 1
GG).
„Art. 54. (1) Der Bundespräsident wird
ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche,
der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr
vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf
Jahre. Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den
Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von
den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl
gewählt werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens
dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger
Beendigung spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen. Sie wird von
dem Präsidenten des Bundestages einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die
Frist des Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.
(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit
der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei
Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren
Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“
In der
Schweiz wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern
des Bundesrates (entspricht der Bundesregierung in Österreich) auf die Dauer
eines Jahres gewählt (Art. 176 Abs. 2 Bundesverfassung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft).
„Art. 176. Vorsitz (1) Die
Bundespräsidentin oder der Bundespräsident führt den Vorsitz im Bundesrat.
(2) Die Bundespräsidentin oder der
Bundespräsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Bundesrates
werden von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern des Bundesrates auf die
Dauer eines Jahres gewählt.
(3) Die Wiederwahl für das folgende Jahr ist
ausgeschlossen. Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann nicht zur
Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten des folgenden Jahres gewählt werden.“
Reformvorschläge: Zu den bestehenden
Reformvorschlägen siehe insbesondere Welan, Reform der
Bundespräsidentschaft? JRP 1998, 19 (Dokument 1.2.1./A), wobei die
Reformvorschläge im wesentlichen auf eine Rückkehr zum System der Wahl durch
die Bundesversammlung abzielen.
1.2.1.2.
Aufgaben:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen der Aufgaben des Bundespräsidenten?
Rechtslage: Die Aufgaben des Bundespräsidenten
sind im wesentlichen in der Bundesverfassung selbst geregelt (siehe dazu die
von der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei zusammengestellte Auflistung –
Dokument 1.2.1./B).
Reformvorschläge: Zu den Reformvorschlägen im
Zusammenhang mit den Kompetenzen des Bundespräsidenten siehe ebenfalls Welan
(Dokument 1.2.1./A). Genannt wurde etwa die Abschaffung der
Befugnis des Bundespräsidenten, die Bundesregierung zu ernennen oder
abzuberufen sowie von Befugnissen in bezug auf den Nationalrat und die Landtage
(siehe dazu auch Punkt 6.1.). Wiederholt angesprochen wurden auch Fragen im
Zusammenhang mit der Vertretung des Bundespräsidenten im Fall seiner
Verhinderung sowie mit der Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens
von Bundesgesetzen gemäß Art. 47 Abs. 1 B‑VG.
1.2.2.
Bundesregierung:
Rechtslage: Die Bundesregierung ist in
den Art. 69 bis 78 B‑VG geregelt. (Anlage ./A)
1.2.2.1.
Bestellung:
Fragestellung: Besteht ein Bedarf nach
Änderung der Regelung der Organisation der Bundesregierung, im Besonderen der
Bestellung ihrer Mitglieder?
Rechtslage: Gemäß § 70 Abs. 1
werden der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der
Bundesregierung vom Bundespräsidenten ernannt. Auch diese Rechtslage wurde
durch die B‑VG-Novelle 1929, BGBl. Nr. 392, geschaffen (siehe wiederum RV
382 BlgNR 3. GP, AB 405 BlgNR, 3. GP). Vor dieser Novelle ist die
Bundesregierung – gemäß Art. 70 Abs. 1 B‑VG idF BGBl. Nr. 1/1920
– vom Nationalrat auf einen vom Hauptausschuss zu erstattenden Gesamtvorschlag
gewählt worden.
Rechtsvergleich: In Deutschland wird der
Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt. (Gemäß
Art. 67 GG kann der Bundestag dem Bundeskanzler das Misstrauen
aussprechen.). Die Bundesminister hingegen werden auf Vorschlag des
Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen (Art. 63 und 64
GG).
„Art. 63. (1) Der Bundeskanzler wird auf
Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom
Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so
kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der
Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist
nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt
ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident
ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese
Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu
ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Art. 64. (1) Die
Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten
ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister
leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen
Eid.
...
Art. 67. (1) Der
Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er
mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den
Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muß
dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen
achtundvierzig Stunden liegen.
Art. 68. (1)
Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht
die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der
Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den
Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit
der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung
müssen achtundvierzig Stunden liegen.“
In der
Schweiz werden die Mitglieder des Bundesrates (entspricht der Bundesregierung)
von der Bundesversammlung gewählt. (Art. 175 Abs. 2 der
Bundesverfassung).
„Art. 175. Zusammensetzung und Wahl (1)
Der Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates werden von
der Bundesversammlung nach jeder Gesamterneuerung des Nationalrates gewählt.
(3) Sie werden aus allen Schweizerbürgerinnen
und Schweizerbürgern, welche als Mitglieder des Nationalrates wählbar sind, auf
die Dauer von vier Jahren gewählt.
(4) Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass
die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.“
Reformvorschläge: Vorschläge zielen
insbesondere darauf ab, zum System der Wahl durch den Nationalrat (wie vor der
B‑VG-Novelle 1929) zurückzukehren (siehe dazu auch Welan – Dokument 1.2.1./A).
1.2.2.2.
Willensbildung – Geschäftsordnung – Verantwortung:
Fragestellung: Besteht ein Änderungsbedarf
hinsichtlich der Regelungen der Willensbildung (Geschäftsordnung) der
Bundesregierung?
Besteht
ein Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelung der politischen
Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere der einstweiligen
Bundesregierung?
Rechtslage: Gemäß Art. 69
Abs. 3 B‑VG ist die Bundesregierung beschlussfähig, wenn die Hälfte ihrer
Mitglieder anwesend ist. Die Bundesverfassung enthält keine Regelungen über das
Konsensquorum. Herrschende Lehre und Judikatur nehmen dazu an, dass ein Beschluss
der Bundesregierung nur mit Stimmeneinhelligkeit der anwesenden Mitglieder
erfolgen kann (siehe Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9
[2000] Rz. 676).
Die
Bundesverfassung enthält auch keine Regelungen über eine allfällige
Geschäftsordnung der Bundesregierung.
Die
Verantwortlichkeit der Bundesregierung ist in den Art. 74 bis 76 geregelt.
[Die
Frage der Verantwortlichkeit wird voraussichtlich auch Gegenstand der
Beratungen im Ausschuss 8 sein.]
Rechtsvergleich: In Deutschland ist
vorgesehen, dass sich die Bundesregierung eine vom Bundespräsidenten zu
genehmigende Geschäftsordnung gibt (Art. 65 letzter Satz GG).
„Art. 65. Der Bundeskanzler bestimmt die
Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser
Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und
unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre
Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom
Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.“